Cuxhaven. Catherine André betreibt einen Hof im Norden. Über Käse-Spezialitäten, ein ganz besonderes Rezept und ihre Liebe zu den Tieren.
Catherine André liebt ihre Ziegen. Aufgewachsen im Jura, kam sie 1986 über die Stationen Paris und Berlin nach Neubachenbruch im Landkreis Cuxhaven. Sie träumte von einem Leben auf dem Land – und managt heute zusammen mit ihrem Partner Daniel Denieau den Ziegenhof Bachenbruch. „Wenn Daniel morgens in die Käserei geht, höre ich ihn sagen: ,Na, was erzählt ihr denn heute Morgen, ihr kleinen Käse?‘ Dann ist für mich die Welt in Ordnung“, sagt die sympathische Französin im Abendblatt-Podcast „Schmeckt’s?“
Wie viele Ziegen in ihrem Hof rumspringen, kann André nicht so genau sagen: „Wir melken um die 90 Tiere. Mit den Lämmern und den Böcken sind es vielleicht 400. Es sieht bei uns sehr französisch aus, nicht so geleckt, mit sehr viel Natur. Die Ziegen dürfen im Stall raus- und reingehen, wie sie möchten. Wir versuchen, sie sehr naturgemäß zu halten. Man könnte auch sagen: mit Familienanschluss.“ Das heißt, dass nicht jede Ziege geschlachtet wird, wenn es ökonomisch geboten wäre. „Wir müssen schlachten, aber es gibt Ziegen, von denen wir uns überhaupt nicht trennen können“, sagt sie. Dann wird der Ziegen- zum Gnadenhof.
Käse aus der Manufaktur und das Leben auf dem Hof
Die Nähe von Tier und Mensch mache das Leben auf dem Hof wunderschön. Als sie zunächst allein mit ihrer Katze auf den Hof lebte, hatten Bekannte ihr das Ziegenlamm Joséphine geschenkt. „Zu dritt haben wir einen Winter verbracht. Es entwickelte sich eine Liebe zwischen der Ziege und mir, wir waren unzertrennlich. Sie kam zu mir auf die Couch abends, und wir sind zusammen eingeschlafen. Ich habe immer Tiere sehr geliebt und ich habe – als Französin – immer gern und gut gegessen. Aber die Idee, einen Ziegenhof zu gründen und Käse herzustellen, hatte ich damals noch nicht.“
Dann trat 1999 Daniel Denieau in ihr Leben. Der Koch und Konditor arbeitete damals in einem französischen Restaurant in Hamburg. „Uns ist dann die Idee gekommen.“ Eigentlich passen Ziegen überhaupt nicht nach Norddeutschland, sagt André. Hier fehle die Tradition, Ziegenfleisch und -käse zu essen. „Wir haben diesen Teil meiner französischen Kultur nach Norddeutschland gebracht und ihn den Leuten schmackhaft gemacht.“ Als sie das erste Mal auf dem Landfrauenmarkt in Ihlienworth bei Otterndorf stand, hätten die Kunden einen Käse, in dem ein Strohhalm steckte, für eine Kerze gehalten. Der Strohhalm sei ein Rückgrat im Käse, erklärte sie den Unkundigen. Nach dem Dicklegen der Milch lasse sich die quarkige Masse noch ihrer Form herausholen, ohne zu brechen. Aber im Trockenschrank würde der Käse ohne Strohhalm brüchig.
Es gibt keine größeren Ziegenkäse als zwei Kilo im Tonnenformat
Vieles sei an ihrem Käse anders: „Die Milchmoleküle sind bei der Ziege sehr klein im Vergleich zur Kuhmilch. Deshalb gibt es keine größeren Ziegenkäse als zwei Kilo im Tonnenformat. Die Moleküle haften nicht, wenn man etwas Größeres macht. Auch die Reifung ist ganz anders: Nach einem Jahr ist ein Ziegenkäse am Limit. Er ist noch genießbar, wenn man ihn wie Parmesan reibt. Ein fünfjähriger Kuhschnittkäse ist dagegen herrlich.“
Ziegenmilch enthält keine Laktose, was gut für Allergiker ist, betont André. Sie können dadurch auch Frischkäse essen. Und sie ist frei von Histaminen. In Deutschland seien Ziegenmilch und -käse noch nicht, wie in Frankreich, industriell entwickelt, sagt André. „Sie stammen von kleinen Höfen und enthalten keine künstlichen Zusätze. Das macht sie besonders verträglich.“
Seit 30 Jahren ist die Produzentin Käse
Das Paar bewirtschaftet den Ziegenhof zu zweit und produziert zehn Sorten Käse: Frisch-, Weich- und Schnittkäse in Varianten. Darunter Weichkäse mit blauer Edelschimmelrinde. Oder mit Pottasche und Knoblauch. Die Crottins, die man gratiniert auf den Salat legt, dürfen nicht fehlen. Sie schrumpfen mit der Zeit, werden immer trockener und sehr pikant. Im Haushalt sollte Ziegenkäse kühl und feucht gelagert werden, rät die Fachfrau. „Im Kühlschrank ist die Umgebung zu trocken. Ein kühler Keller oder Speisekammer sind viel besser.“ Wer den oder die nicht hat, kann den Käse in das Gemüsefach des Kühlschranks legen. Ansonsten sollte er in ein geschlossenes Gefäß kommen. Das täglich kurz öffnen, denn der Käse müsse gelüftet werden.
Seit 30 Jahren esse sie ihren Käse und werde seiner nicht überdrüssig, sagt die Produzentin. Er schmecke nie gleich. „Das empfanden manche Kunden zu Beginn der Käserei als Nachteil. Wir haben ihnen erklärt, dass dies Ausdruck dafür ist, dass die Milch im Lauf der Jahreszeiten variiert. Die Weiden sind nicht gleich, das Gras ist nicht dasselbe, der Käse entwickelt sich immer anders. Das ist etwas Besonderes.“
Catherine André beliefert Restaurants in Hamburg
Catherine André beliefert häufig Restaurants in Hamburg. Dort komme vor allem der Frischkäse gut an: „Die Deutschen essen wenig Menüs und haben selten, wie in Frankreich, zum Abschluss Käse plus Dessert. Dadurch wird weniger gereifter Käse gebraucht.“ Frischer Ziegenkäse werde viel in Vorspeisen verarbeitet, ihn kenne mittlerweile jeder, sagt die Migrantin. „Er ist sehr mild und durch die kleinen Moleküle sehr bekömmlich.“ Der Käse eignet sich auch gut zum Kochen. Bei Catherine Andrés Lieblingsgericht landet er auf Fisch: Ein beliebiges Fischfilet in der Pfanne kurz anbraten, möglichst etwas Weißwein zugeben und dann den Fisch mit ein paar Frischkäse-Scheiben belegen. Dazu viele Kräuter geben. „Deckel drauf, und in ein paar Minuten ist alles fertig“, sagt Hofchefin.
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Der Bachenbrucher Hof produziert auch Ziegenfleisch. „Mit 90 Ziegen haben wir ungefähr 180 Lämmer im Jahr. Sie sind schwer großzuziehen – um die 130 bleiben übrig. Gut 100 müssen geschlachtet werden“, so André. Wer ihre Produkte probieren möchte, kann am 29. Mai zum Käsemarkt in die Hobenköök kommen (10 bis 17 Uhr im Oberhafenquartier, Stockmeyerstraße 43). Mehr als 30 Produzenten aus Norddeutschland präsentieren ihre Produkte. Dazu Verkostungen und Podiumsdiskussion rund um das Thema Käse. Eintritt: 5 Euro