Wiesbaden/Hamburg. Mehr als die Hälfte aller Lehrkräfte arbeiten nicht in Vollzeit. Das hat erhebliche Folgen für die Schulen in Hamburg.

Der Trend setzt sich fort: Hamburg hat die bundesweit höchste Teilzeitquote unter Lehrerinnen und Lehrern. So ging im Schuljahr 2022/23 mehr als die Hälfte (54,4 Prozent) aller Lehrkräfte an den allgemeinbildenden Schulen einer Teilzeitbeschäftigung nach, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Donnerstag mitteilte. Danach folgte Bremen mit knapp der Hälfte aller Lehrerinnen und Lehrer (49,9 Prozent). Den geringsten Anteil an Teilzeitlehrkräften gibt es den Angaben zufolge in Thüringen und Sachsen-Anhalt mit 24,1 beziehungsweise 21,4 Prozent.

Nach eigenen Zahlen der Hamburger Schulbehörde ist die Teilzeitquote unter den Lehrerinnen und Lehrern inzwischen sogar noch höher. Demnach arbeiteten im August 2023 von den 21.058 Lehrkräften 11.811 in Teilzeit. Das entspricht einer Quote von 56,1 Prozent. Teilzeit wird dabei vor allem von Frauen (81,5 Prozent) und an Grundschulen (36 Prozent) genutzt.

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"Bei den Teilzeitkräften schlummert ein riesiges Reservoir, um die Lücke der fehlenden Lehrerinnen und Lehrer kleiner zu machen", sagte die Bundestagsabgeordnete und stellvertretende FDP-Landeschefin Ria Schröder. Es bedürfe einer schnellen Analyse, warum sich in Hamburg deutlich weniger Lehrkräfte für eine Vollzeitstelle entscheiden als in anderen Bundesländern. "Nur so kann konsequent daran gearbeitet werden, den Lehrerberuf attraktiver zu machen.

Wenn Lehrkräfte fehlen, bleibt die Bildung auf der Strecke", sagte Schröder. Dennoch leiste sich Hamburg den Luxus, zwei Drittel der Bewerber für ein Lehramtsstudium abzulehnen, während an anderen Hochschulen Studienplätze verwaisten. "Der Lehrermangel muss im Schulterschluss der Länder angegangen werden. Es reicht nicht, wenn jeder an sich denkt", so die Liberale.

"Die Anzahl der Studienplätze in Hamburg muss massiv ausgebaut und die Unterstützung der Studierenden verbessert werden, zum Beispiel mit Tutoring-Programmen. Praktische Unterrichtserfahrung muss von Anfang an zum Studium gehören, um den Praxisschock zu vermeiden", forderte Schröder.

Lehrermangel in Hamburg ließe sich beheben

Für Birgit Stöver, die bildungspolitische Sprecherin der CDU-Bürgerschaftsfraktion, sind qualifizierte Lehrkräfte der Schlüssel für Lernerfolge der Schülerinnen und Schüler. „Doch diese Lehrkräfte fehlen bundesweit schon jetzt, und der Lehrermangel wird perspektivisch in den nächsten Jahren weiter zu nehmen. In Hamburg kommt die enorm hohe Teilzeitquote hinzu, die zeigt, dass die Arbeitsbedingungen nicht passen"", sagte Stöver.

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Schulsenator Ties Rabe (SPD) müsse Schulen wieder zu attraktiven und modernen Arbeitsorten für Lehrerinnen und Lehrer machen, "denn nur gesunde und motivierte Lehrer kommen gerne zur Arbeit". Dazu zähle die Überarbeitung und Anpassung des Lehrerarbeitszeitmodells, die Entlastung der Lehrkräfte von Verwaltungsaufgaben und die Umsetzung eines modernen und digital vernetzten Arbeitsplatzes. Die CDU-Fraktion habe zudem vorgeschlagen, die Weiterbeschäftigung von Lehrkräften im Ruhestand zu fördern und die Erprobung einer dualen Lehrerausbildung auf den Weg zu bringen.

Bundesweit stieg der Anteil der Teilzeitkräfte im vergangenen Schuljahr unter den rund 724.800 Lehrerinnen und Lehrern auf 42,3 Prozent und damit auf ein Zehn-Jahres-Hoch. Im Schuljahr zuvor lag die Quote noch bei 40,6 Prozent und war ebenfalls der höchste Wert der vorherigen zehn Jahre, wie Destatis mitteilte.

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Im vergangenen Schuljahr war den Angaben zufolge in ganz Deutschland mehr als ein Drittel aller Lehrkräfte (36,2 Prozent) älter als 50 Jahre. Der Anteil der unter 35 Jahre alten Berufsanfängerinnen und -anfänger an den allgemeinbildenden Schulen lag dagegen bei nur 21,1 Prozent.

Die größten Nachwuchsprobleme rollen den Daten zufolge auf Sachsen-Anhalt und Thüringen zu. Dort waren im vergangenen Schuljahr 57,1 beziehungsweise 53,5 Prozent der Lehrkräfte 50 Jahre oder älter, wie Destatis mitteilte. In Hamburg lag der Anteil der älteren Lehrkräfte bei 32,7 Prozent. Den geringsten Anteil älterer Lehrerinnen und Lehrer verzeichneten das Saarland und Bremen mit 28,2 und 30,4 Prozent. (pum/dpa)