Hamburg. Für den Handball Sport Verein Hamburg beginnt mit dem Heimspiel gegen Leipzig die Bundesliga aufs Neue. Was der Trainer jetzt sagt.
Für einen Trainer, der nach drei Niederlagen zum Saisonauftakt seiner Mannschaft wieder Mut einhauchen, ihr altes Selbstvertrauen neu vermitteln, ihr verlorene Selbstsicherheit zurückgeben muss, klingt Torsten Jansen über die Freisprechanlage seines Autos erstaunlich entspannt, wie meist völlig unaufgeregt. Nun ist der Weltmeister von 2007 nicht gerade bekannt für extreme Gefühlsausbrüche, seine ruhige, sachliche Art, seine klare Ansprache dürften aber jetzt genau das richtige Kommunikationsmittel sein, um den Handball Sport Verein Hamburg (HSVH) erfolgreich neu auszurichten.
HSV Hamburg verlor die ersten drei Auswärtsspiele in der Saison
Nach drei Auswärtsspielen in Folge bei Meisterschaftskandidat SG Flensburg-Handewitt (32:37), beim aktuellen Tabellenführer MT Melsungen in Kassel (26:33) und beim Champions-League-Sieger SC Magdeburg (24:35), eine äußerst unglückliche Konstellation, startet der HSV Hamburg an diesem Sonnabend (19 Uhr) gegen den Sportclub der Deutschen Hochschule für Körperkultur (SC DHfK) Leipzig mit dem ersten Bundesligaheimspiel gefühlt ein zweites Mal in diese komplizierte Saison. Für die Begegnung in der renovierten Sporthalle Hamburg in Winterhude sind bisher 3000 der 3750 Karten verkauft worden. Die Abendkasse öffnet um 17.30 Uhr. Tickets gibt es in allen Kategorien.
„Bisher ist nichts Gravierendes passiert“, sagt Jansen (46), „die drei Niederlagen gegen diese Gegner können niemand ernsthaft überrascht haben.“ Dennoch zeichnet er ein differenziertes Bild über den bisherigen Saisonverlauf. Sein Zwischenfazit: Drei der sechs Halbzeiten waren akzeptabel.
Nur die erste Halbzeit bei der MT Melsungen war „katastrophal“
„In Flensburg haben wir von Beginn an ein sehr ordentliches Spiel abgeliefert, mussten früh eine höchst zweifelhafte Rote Karte gegen unseren Spielmacher Dani Baijens verkraften, sind trotzdem bis zum Ende drangeblieben“, sagt der Cheftrainer.
„In Melsungen, nach 14 Tagen Spielpause, in denen wir offensichtlich unseren Rhythmus verloren haben, war die erste Halbzeit katastrophal, unerklärlich, die wohl schlechteste in den vergangenen sechs Jahren, in der zweiten Hälfte haben wir uns aber wieder voll wettbewerbsfähig präsentiert. In Magdeburg wiederum fehlten unsere beiden etatmäßigen Kreisläufer, da fiel es der Mannschaft offenbar mental schwer, von vornherein an ihre Chance zu glauben.“
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Die Abwesenheit ihrer beiden Abwehrkanten, des Dänen Andreas Maagard (25/Rippenbruch), er fiel in Spiel zwei und drei aus, und ihres Kapitäns Niklas Weller (30/Schulterprobleme), der in Magdeburg aussetzte, traf das Team an entscheidender Stelle in Abwehr – und Angriff. Die Hamburger kassierten mehr Tore als gewöhnlich, warfen weit weniger als sonst. Besonders die Torhüter Johannes Bitter (41) und Jens Vortmann (36) litten unter der defensiven Instabilität, sahen sich oft freien Würfen der Gegner ausgesetzt.
Kreisläufer Niklas Weller will gegen Leipzig unbedingt spielen
Oberligaspieler Tobias Pachmann (19) konnte in seinen ersten beiden Bundesligaspielen Maagard und Weller nur ansatzweise ersetzen, traf jedoch in Melsungen und Magdeburg jeweils einmal. Gegen Leipzig wird er erneut im Kader stehen – wie vermutlich auch Weller, der am Freitagmittag in dieser Woche das erste Mal mit der Mannschaft trainierte.
Die Entscheidung über seinen Einsatz wird Jansen in Rücksprache mit Mannschaftsarzt Prof. Michael Hoffmann (Asklepios St. Georg) erst kurz vor dem Anwurf treffen. Weller will spielen, Jansen kein Risiko eingehen, „denn nach Leipzig haben wir noch 30 weitere Bundesligaspiele“.
Die nächsten beiden könnten dabei richtungweisend für den weiteren Saisonverlauf werden: am kommenden Donnerstag (19 Uhr) bei Frisch Auf Göppingen und am übernächsten Sonntag (15 Uhr/beide Dyn) zu Hause gegen den momentanen Tabellenletzten HSG Wetzlar. Magaard, hofft Jansen, könnte vielleicht in der nächsten Woche ins Teamtraining zurückkehren, wieder spielfähig dürfte er frühestens in 14 Tagen sein.
Cheftrainer Torsten Jansen fordert momentan keine Verstärkungen
Bei aller Gelassenheit, die Jansen bewusst ausstrahlt, die aktuelle Situation stuft er „schon als herausfordernd ein, als vielleicht eine der schwierigsten der bisherigen sechseinhalb Jahre meiner Amtszeit, weil Personalsorgen dazukommen“. Man könne sich zwar einreden, dass die Niederlagen zu erwarten waren, „was sie auch waren“, aber Niederlagen blieben Niederlagen, „und Niederlagen ziehen gewöhnlich nun mal Zweifel nach sich“.
Bei aller notwendigen Analyse, „jetzt alle möglichen Abläufe grundsätzlich infrage zu stellen, wäre der falsche Ansatz, weil wir uns dann zu lange mit Negativem beschäftigen müssten. Wir blicken nach vorn, geben Vollgas, vertrauen unseren Stärken, unseren Systemen – und verfallen nicht in Hektik“, sagt Jansen.
Kurzfristige Neuverpflichtungen fordert er nicht, er weiß um die begrenzte finanzielle Handlungsfähigkeit des Vereins, und er vertraut doch darauf, Verstärkungen zu erhalten, wenn sie dann irgendwann notwendig sein sollten. „Momentan sollten wir in der Lage sein, unsere Probleme selbst zu lösen. Unser Kader ist dafür stark genug“, sagt Jansen.
HSVH-Gegner Leipzig gewann nach zwei Niederlagen sein drittes Spiel
Leipzig, das sich mit zwei Niederlagen gegen die Füchse Berlin (29:31) und in Melsungen (27:28) in die Saison warf, dann Wetzlar 36:30 besiegte, ist für die Leistungsfähigkeit des HSV Hamburg in dieser Saison ein guter Prüfstein. In den beiden Spielzeiten nach dem Bundesliga-Aufstieg 2021 verlor der HSVH seine zwei Heimspiele gegen die Leipziger. „Wir wissen, was wir zu tun haben“, sagt Jansen.