Hamburg. Gruppe soll organisiert Metalle gestohlen haben. Kopf der Bande lebt in Saus und Braus. Polizei stürmt Haus – es fallen Schüsse.
Mitarbeiter haben offenbar über Jahre Edelmetalle beim Kupferproduzenten Aurubis gestohlen. Jetzt wurde die elfköpfige Bande von Polizei und Staatsanwaltschaft zerschlagen. Gleichzeitig sind 30 Objekte, darunter Wohnungen, Arbeitsplätze und andere Objekte in Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hessen von einem Großaufgebot der Polizei durchsucht worden. Sechs Männer wurden verhaftet. Darunter auch der mutmaßliche Kopf der Bande: ein 36 Jahre alter Mann aus Fredenbeck bei Stade.
Bei dem Diebesgut der Bande handelt sich um „Nebenprodukte“, die bei der Herstellung von Kupfer anfallen und von den Mitarbeitern „abgezweigt“ worden sein sollen. Mahmut C. (36) gilt als ihr Kopf und hatte als Mitarbeiter eines Subunternehmens Zugang zum Firmengelände von Aurubis. Er soll die Fäden gezogen haben. Am Donnerstagmorgen rückte das Spezialeinsatzkommando (SEK) bei ihm an.
Razzia bei Kopf der Bande: Gepanzerter Wagen durchbricht Tor
Schwer bewaffnete Beamte durchbrachen mit ihrem gepanzerten Fahrzeug das Tor zu dem „Anwesen“, auf dem der Mann mit Frau und Kindern lebt. Zwei Hunde, Kangals, die der Mann auf seinem Grundstück hält, stürmten auf die Beamten zu und mussten von ihnen erschossen werden. Mahmut C. wurde überwältigt und verhaftet. Nach den Erkenntnissen der Ermittler sollen zwischenzeitlich auch Teile der Beute auf dem großzügigen Gelände gelagert worden sein.
Ein Beamter formulierte es so: „Er lebte wie die Made im Speck.“ Zu seinem Lebensstil sollen ein Pferdegestüt, ein Teich mit wertvollen Koi-Karpfen und ein persönlicher Spielplatz für die Kinder gehört haben.
Razzia: Polizei findet 200.000 Euro Bargeld, Luxusautos und Waffen
Bei den Durchsuchungen von der Polizei sind zudem zehn Fahrzeuge sichergestellt worden, darunter ein Maybach, ein Porsche als Sonderedition und ein Audi Q8. Auch 20 Uhren und über 200.000 Euro Bargeld wurden mitgenommen. Auch ein Tresor wurde ungeöffnet konfisziert. Die Polizei entdeckte außerdem illegale Schusswaffen und Munition bei der Razzia.
Die Staatsanwaltschaft hatte Arrestbeschlüsse über 23,5 Millionen Euro erwirkt, um den kriminellen Gewinn einzuziehen. Für den Abtransport von Beweismitteln und sichergestellten Gegenständen musste die Polizei einen Lastwagen einsetzen.
Aurubis wurde trotz Sicherheitsmaßnahmen Opfer organisierter Bande
Bei der Herstellung von Kupfer fallen einige „Nebenprodukte“ an, darunter Gold und Silber. Daher ist der Bereich, in dem das Unternehmen Kupfer gewinnt, äußerst gesichert. „Als Unternehmen mit einer Edelmetallverarbeitung sehen wir uns grundsätzlich dem Risiko ausgesetzt, Opfer krimineller Handlungen zu werden“, sagte Heiko Arnold, COO Custom Smelting and Products der Aurubis AG. Das Unternehmen verfüge über hohe Präventions- und Sicherheitsstandards. Dennoch konnten die Täter tonnenweise „Nebenprodukte“ vom Gelände schaffen. Dies soll mithilfe von Behältern geschehen sein, die dem Unternehmen gehören.
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„Wir haben diesen Vorfall zum Anlass genommen, unsere Standards gründlich zu analysieren und anzupassen. Die Umsetzung erster bereits vorbereiteter Sofortmaßnahmen hat unmittelbar begonnen“, sagte Arnold.
Aurubis hat Ermittlungen selbst in Gang gebracht
Aurubis selbst soll die Ermittlungen in Gang gesetzt haben. Das LKA 63, zuständig für die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, übernahm den Fall bei der Polizei. Elf Tatbeteiligte konnten identifiziert werden, darunter einige Mitarbeiter, aber hauptsächlich Mitarbeiter von Subunternehmen im Alter von 28 bis 60 Jahren. Es wird jedoch vermutet, dass es weitere Beteiligte gibt.
Ein anonymer Tippgeber habe den Fall ins Rollen gebracht, hieß es aus Kreisen der Sicherheitsbehörden. Aber auch Chatverläufe aus dem als „Verbrecher-WhatsApp“ geltenden Chatsystem Encrochat hätten eine Rolle gespielt.
Razzia: Polizei durchsucht in mehreren Bundesländern Gebäude
Die Durchsuchungen fanden in Deinste, Drochtersen, Fredenbeck, Harsefeld, Neu Wulmstorf und Schneverdingen in Niedersachsen statt. In Mecklenburg-Vorpommern vollstreckte die Polizei Durchsuchungsbeschlüsse in Malchow und Nossentiner Hütte. In Schleswig-Holstein wurden Durchsuchungen in Pinneberg und Hassloch durchgeführt.
In Offenbach, Hessen, stand die Polizei vor der Tür eines Beschuldigten. In Hamburg wurden lediglich die Arbeitsplätze durchsucht. „Wir haben eine große Menge an Unterlagen und Datenträgern sichergestellt“, sagte ein Beamter. Die Auswertung soll nicht nur weitere Erkenntnisse liefern, sondern auch Hinweise auf weitere Tatbeteiligte geben.