Hamburg. Bande hatte sich auf Modelle einer bestimmten Marke spezialisiert. Richter geht bei Strafe über Forderung der Anklage hinaus.

Sie verübten ihre Autodiebstähle überwiegend im Osten Hamburgs. Und sie hatten sich hauptsächlich auf die Marke Audi spezialisiert, am liebsten Modelle der Baureihe 2009 bis 2013. Für diese Taten soll eine Bande verantwortlich sein, gut organisiert und mit professionellem Vorgehen. Mindestens zwei Diebstähle sollen es gewesen sein – möglicherweise aber deutlich mehr. Denn immerhin registrierte die Polizei mehr als 50 Taten bis zu jener Nacht vom 14. auf den 15. März vergangenen Jahres, als erneut zwei Audis entwendet wurden.

Prozesse Hamburg – „Autodiebstahl ist ein verbrecherischer Beruf“

„Autodiebstahl ist ein verbrecherischer Beruf, wenn man es bandenmäßig macht“, betonte der Vorsitzende Richter im Prozess vor dem Landgericht an die Adresse jenes Mannes, der nach Überzeugung des Gerichts Mitglied einer Bande war. „Das Auskundschaften kann Tage dauern. Man fährt nicht mal eben los. Es bedarf der Vorbereitung und des Know-how, um das Auto ohne Beschädigung in Betrieb zu setzen und die Wegfahrsperren zu überwinden.“ Zudem sei ein „richtiges logistisches Unternehmen“ erforderlich, um die Fahrzeuge „im Doppelpack nach Polen zu versenden“.

Das soll der „Modus Operandi“ der Bande gewesen sein, die zwar keine neuen und ganz besonders hochwertigen Wagen gestohlen, aber doch mit älteren Autos lukrative Geschäfte gemacht habe, wie der Richter sagte. Auch für solche Wagen gebe es einen guten Absatzmarkt. „Man macht dort richtig viel Geld.“

Bei Urteilsverkündung zeigt der Angeklagte deutlich Wirkung

Drei Jahre und neun Monate Freiheitsstrafe verhängte die Kammer gegen den Angeklagten Adrian S. Die Staatsanwaltschaft hatte drei Jahre Haft für den 35-Jährigen gefordert, die Verteidigung Freispruch beantragt. Vor der Urteilsverkündung hatte S., ein Mann mit kantigem Gesicht und Vollbart, noch locker und entspannt gewirkt. Doch während der Vorsitzende die Entscheidung des Gerichts begründete, froren die Gesichtszüge von Adrian S. immer weiter ein.

Es mag daran gelegen haben, dass der Richter den Angeklagten daran erinnerte, dass gegen ihn bereits eine rechtskräftige Verurteilung zu fast drei Jahren Freiheitsstrafe wegen ähnlicher Delikte in seinem Heimatland vorliegt. Damit hätte der 35-Jährige insgesamt eine lange Zeit hinter Gittern vor sich. Seit rund einem Jahr sitzt er bereits in Untersuchungshaft. Aus Sicht des Gerichts sei Adrian S. mit den drei Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe „relativ milde“ beurteilt worden, meinte der Vorsitzende Richter. Die Kammer sei „fest überzeugt“, dass die angeklagten Diebstähle „keine Einzeltaten“ waren.

Daran, dass der 35-Jährige Mitglied einer Bande und in die Taten eng eingebunden war, hat das Gericht keinen Zweifel. Es sei „ausgeschlossen“, dass jemand zufällig zu der konspirativen Gruppe hinzugestoßen ist „und ihm zugerufen wird, ob er als Aushelfer einspringen will“, betonte der Richter.

Staatsanwaltschaft wirft fünf Männern schweren Bandendiebstahl vor

Ursprünglich waren in dem Verfahren fünf Männer im Alter zwischen 25 und 35 Jahren angeklagt. Die Staatsanwaltschaft warf ihnen schweren Bandendiebstahl in zwei Fällen vor. Im Einzelnen sollen sie die beiden Fahrzeuge der Marke Audi unter Einsatz technischer Mittel aufgebrochen, sie mit Kennzeichendubletten ausgestattet und Schlösser ausgetauscht haben. Darüber hinaus, so die Anklage, hätten sie die jeweiligen Fahrzeugidentifikationsnummern entfernt und die Pkw zum Verkauf ins Ausland vorbereitet.

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Auf diese Weise wurden laut Ermittlungen zwei Audi Q5 im Wert von rund 25.000 beziehungsweise rund 20.000 Euro gestohlen. Beide Fahrzeuge hätten die Angeklagten Hamburg-Billstedt zwischengeparkt und mit neuen Kennzeichen versehen. Zivilfahnder hatten seinerzeit fünf Männer beobachtet, die an den gestohlenen Autos hantierten, sich konspirativ verhielten und offenbar Interesse an einem weiteren Audi zeigten. Als die Verdächtigen zwei Fahrzeuge anderer Hersteller bestiegen und in unterschiedliche Richtungen davonfuhren, nahmen die Polizisten die Verfolgung auf.

Prozess Hamburg – Verfahren gegen vier Angeklagte geht weiter

Als die Männer festgenommen wurden, wurden bei ihnen zwei Paare Dubletten von Kennzeichen sichergestellt, die jeweils für einen schwarzen Audi Q5 von der Zulassungsstelle ausgegeben worden waren. Vermutlich hatten die Täter speziell diese Baujahre der Audi-Modelle im Visier, weil sie einen Trick zur Überwindung der Sicherheitssysteme kannten. Zuletzt hat das Gericht aus dem Prozess gegen die fünf Angeklagten das Verfahren gegen Adrian S. abgetrennt. Das Urteil gegen den 35-Jährigen erging am 16. Verhandlungstag. Der Prozess gegen die anderen Verdächtigen wird fortgesetzt.