Hamburg. Laut Nabu verschwinden in Hamburg seit Jahren mehr Bäume an Straßen als nachgepflanzt werden. Nur in einem Bezirk ist die Bilanz positiv.
Der Negativtrend hält an: Erneut sind in Hamburg mehr Straßenbäume gefällt worden, als nachgepflanzt werden sollen. In der am 28. Februar abgelaufenen Fällsaison 2022/23 wurden nach Angaben des Nabu Hamburg 816 Bäume an Straßen und Wegen umgelegt, von denen nach jetzigen Planungen lediglich 716 durch Neupflanzungen ersetzt werden sollen. Das entspricht 88 Prozent. Der Umweltverband hat dazu Angaben aus den sieben Bezirken ausgewertet.
Nur in einem Bezirk ist die Fällbilanz positiv: In Altona wurden 102 Bäume gefällt, aber es ist geplant, 150 Pflanzen nachzusetzen. Im Bezirk Hamburg-Nord ist das Ergebnis immerhin ausgeglichen: 87 Fällungen stehen 87 geplante Neupflanzungen gegenüber. Am schlechtesten schneidet Eimsbüttel ab: In dem Bezirk wurden in der abgelaufenen Saison 122 Bäume gefällt, und es ist vorgesehen, nur in 59 Fällen Ersatz zu schaffen. Das entspricht einer Quote von 48 Prozent. Negativ ist die Bilanz auch in den vier weiteren Bezirken: Bergedorf 110 Fällungen bei 104 geplanten Nachpflanzungen, Harburg 113 (98 Nachpflanzungen), Mitte 101 (88) und Wandsbek 181 (130).
816 Bäume gefällt: Nabu fordert Nachpflanzungen mindestens eins zu eins
„Der Nabu erwartet, dass Straßenbäume mindestens eins zu eins nachgepflanzt werden, damit die wichtigen Ökosystemfunktionen der gefällten Bäume wie zum Beispiel deren Kohlenstoffbindung zumindest langfristig ersetzt werden können“, sagte Nabu-Vorsitzender Malte Siegert. Sinnvoll wäre es zudem, so Siegert, den Verlust an Grünvolumen durch deutlich mehr Nachpflanzungen auszugleichen.
Dazu müsse der Senat mehr Geld zur Verfügung stellen und die Bezirksämter mit mehr Personal ausstatten. „Die Forderung wird vor allem dadurch bestärkt, dass die Fälllisten in einigen Bezirken mit erheblicher Verzögerung, teils überhaupt erst durch die Nachfrage des Nabu veröffentlicht wurden“, sagte Siegert.
816 Bäume in Hamburg gefällt: Gut ein Fünftel gilt als alt
Etwa jeder fünfte der gefällten Bäume gilt als alt: 22 Prozent oder 179 Bäume hatten einen Stammdurchmesser von mindestens 50 Zentimetern oder einen Stammumfang von 157 Zentimetern. Mit dem Verschwinden dieser Großpflanzen, die sich über längere Zeit im Straßenraum etabliert hatten, gehen wichtige Funktionen für das Ökosystem wie die Abmilderung des Stadtklimas und die Sauerstoffproduktion verloren. Zudem schwinden Lebensraum und Nahrung für zahlreiche Tierarten.
816 Bäume gefällt: Zuletzt lag die Ersatzquote zwischen 65 und 76 Prozent
In den zurückliegenden fünf Jahren lag die Quote der Nachpflanzungen auf das gesamte Stadtgebiet bezogen zwischen 65 und 75 Prozent. „Der Nabu begrüßt es, dass der Anteil der Ersatzpflanzungen erstmalig deutlich auf 88 Prozent ansteigt“, sagte Katharina Schmidt, Nabu-Referentin für Stadtnatur.
Da nach wie vor nicht alle gefällten Bäume ersetzt würden, werde jedoch „die dringende Notwendigkeit einer Anpassung an den Klimawandel und der Erhalt der städtischen Artenvielfalt noch immer nicht erkannt“.
Hamburg hat 3784 Straßenbäume seit 2015 verloren
Der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Sandro Kappe weist darauf hin, dass Hamburg seit 2015, als Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) ins Amt kam, 3784 Straßenbäume verloren hat. „SPD und Grüne kommen bei Hamburgs Bäumen auf keinen grünen Zweig. Gerade die ansteigenden Temperaturen zeigen, dass der rot-grüne Senat handeln und endlich jeden Baum eins zu eins nachpflanzen muss“, sagte der umweltpolitische Sprecher der CDU-Fraktion.
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Im Jahr 2022 habe der Senat mehr als 19 Millionen Euro, die für Klimaschutzmaßnahmen vorgesehen waren, nicht abgerufen. „Das Geld hätte man für die Nachpflanzung von annähernd 10.000 Bäumen nutzen können und müssen“, sagte Kappe. Es sei ein „Unding, dass ausgerechnet die Partei, die früher für Natur- und Umweltschutz stand, nunmehr dieses hohe Baumdefizit zu verantworten hat“.
In Hamburg stehen rund 227.000 Straßenbäume
Allerdings ist der Gesamtbestand des öffentlichen Grüns an Straßen und Wegen nach wie vor recht beeindruckend: Nach Angaben der Umweltbehörde gibt es in Hamburg rund 227.000 Straßenbäume. Die Behörde wies im Sommer vergangenen Jahres darauf hin, dass sich in drei Bezirken „vor allem pandemiebedingte Personalengpässe, auch bei den ausführenden Pflanzfirmen, negativ auf die Nachpflanzbemühungen“ ausgewirkt hätten.
„Baumfällungen sind für die Bevölkerung meist mit großen Emotionen verbunden und die Fällgründe wollen nachvollzogen werden“, heißt es beim Nabu. Der Umweltverband fordert daher, dass alle Bezirke bereits zu Beginn der Fällsaison ihre Fälllisten bekannt machen. Bislang veröffentlichen nur die Bezirke Wandsbek und Eimsbüttel die Listen geplanter Fällungen auf ihrer Website.