Hamburg. Gleich zwei Vorfälle im Hamburger Rathaus beschäftigen derzeit die Polizei. Bedarf es nun verschärfter Sicherheitsmaßnahmen?
Es sind gleich zwei mysteriöse Vorfälle, die sich in den vergangenen fünf Tagen im Rathaus ereignet haben: Erst versuchte am Freitag ein mutmaßlich mit einer Pistole bewaffneter Mann zu Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) vorzudringen. Dann, am Mittwochabend, zeigte ein mit Schutzweste bekleideter Mann im Foyer den Hitlergruß und filmte sich dabei selbst.
Zwar nahm die Polizei den zweiten Mann fest. Den ersten hingegen suchen die Beamten jetzt mithilfe eines Phantombildes. In Anbetracht dieser Vorfälle stellt sich nun die Frage: Bedarf es verschärfter Sicherheitsmaßnahmen für das Rathaus? Etwa durch Kontrollen am Eingang oder Videoüberwachung?
Mann mit Waffe im Hamburger Rathaus – Suche mit Phantombild
Bislang ist die Rathausdiele für jedermann frei zugänglich. Bei öffentlichen Bürgerschaftssitzungen mit Zutritt zum Plenarsaal, so besagt es die Hausordnung, ist eine Anmeldung über die Bürgerschaftskanzlei vonnöten. Jacken, Mäntel und auch größere Taschen müssen vor den Sitzungen an der Garderobe abgegeben werden.
Das gilt allerdings nicht für Handtaschen, wenn sie zuvor einer Kontrolle unterzogen worden sind. Auch müssen Besucher ihren Lichtbildausweis gegen einen Tagesausweis eintauschen. Kontrollen auf Waffen oder gefährliche Gegenstände, die Besucher am Körper tragen könnte, werden hingegen aber nicht vorgenommen.
Und so fragte am vergangenen Freitag gegen 20.15 Uhr ein mutmaßlich bewaffneter Mann im Rathaus nach dem Bürgermeister. Nach bisherigen Erkenntnissen hatte der Unbekannte eine Angestellte im Rathaus-Foyer angesprochen. Doch Peter Tschentscher war zu diesem Zeitpunkt nicht da.
Einen großen Schreck erlebte die Frau aber, als der seriös wirkende Mann etwas hervorholte. Sie meinte, eine Schusswaffe gesehen zu haben; es wurde aber auch nicht ausgeschlossen, dass es sich um einen Regenschirm gehandelt haben könnte. Nach Eingang des Notrufs leitete die Polizei sofort umfangreiche Fahndungsmaßnahmen ein – jedoch ohne Erfolg. Nun bittet die Polizei die Bevölkerung um Mithilfe bei der Suche.
Mann mit Waffe im Rathaus – so wird der Unbekannte beschrieben:
- 50 bis 55 Jahre alt
- westeuropäischer Hauttyp
- 1,80 bis 1,85 Meter groß
- breites Kreuz (trainiert, normalgewichtig)
- dunkelbraun bis braun-schwarzes Haar
- deutliche graue Strähnen an Front und Schläfen
- voluminös frisiert
- helle Augen, gepflegte Augenbrauen
- Furche zwischen den Augen
- prägnante Nasen-Mund-Falten
- auffällig schmaler Mund
- gepflegter "2-3-4 Tage Bart" (dunkelbraun bis braunschwarz) mit ausrasierten Wangen und Grauelementen vor allem im Kinnbereich
- eher blasse Haut
- gepflegtes äußeres Erscheinungsbild
- Zeugen, die Hinweise auf die gesuchte Person geben können oder verdächtige Beobachtungen gemacht haben, die im Zusammenhang mit diesem Sachverhalt stehen könnten, werden gebeten, sich unter der Rufnummer 040/4286-56789 beim Hinweistelefon der Polizei Hamburg oder bei einer Polizeidienststelle zu melden.
- Neben dem Phantombild des Unbekannten hat die Polizei auch das Bild eines mattschwarzen Daunen-Steppmantels veröffentlicht, den der Bewaffnete getragen haben soll.
Hitlgergruß gezeigt: Muss das Hamburger Rathaus sicherer werden?
Am Mittwoch, nur fünf Tage nach dem Anschlagsplan auf Hamburgs Bürgermeister, kam es dann zu einem weiteren Vorfall im Rathaus: Gegen 18.15 Uhr nahm die Polizei einen mit einer schusssicheren Weste bekleideten 32-Jährigen vorläufig fest, der zuvor im Rathaus-Foyer den Hitlergruß gezeigt und sich dabei gefilmt hatte. Der Staatsschutz stellte das Handy des Mannes sicher und ordnete die erkennungsdienstliche Behandlung an. Kurz darauf ließen die Beamten den Mann aber wieder frei, da keine Haftgründe vorlagen.
Auf die Frage hin, ob der Senat nun über ein verschärftes Sicherheitskonzept für das Rathaus nachdenkt, macht Senatssprecher Marcel Schweitzer keine Angaben. Es heißt lediglich: „Wir haben ein Sicherheitskonzept und passen dies auch situationsbedingt an.“ So etwa bei Veranstaltungen. Auch die Frage, ob die Kameras, die im Foyer angebracht sind, auch Bildmaterial aufzeichnen, ließ der Sprecher unbeantwortet.
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Dirk Kienscherf, Hamburger SPD-Fraktionschef, sieht das Rathaus als „Zuhause der Bürgerschaft“ und damit als offenen Ort der Demokratie, zu dem alle Bürger einen niedrigschwelligen Zugang haben sollten. „Es ist richtig, dass das Sicherheitskonzept des Rathauses darauf Rücksicht nimmt.“ Nicht ratsam sei es, alle Details der Sicherheitsvorkehrungen offenzulegen. Das Sicherheitskonzept werde in Absprache mit dem LKA laufend überprüft und optimiert. „Als SPD-Fraktion haben wir großes Vertrauen in die Arbeit der Polizei“, so Kienscherf.
Mann will mit Waffe zu Tschentscher
Auch Michael Gwosdz, Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen Fraktion, betont: „Wir fühlen uns bei unseren Sitzungen immer sicher und haben großes Vertrauen in die Arbeit des Rathaus-Personals sowie der Polizei.“ Deshalb, so der Abgeordnete, sollten auch keine Kontrollen am Eingang erfolgen.
Deniz Celik, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, plädiert hingegen dafür, „zunächst das Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen abzuwarten, um auf der Grundlage gesicherter Erkenntnisse über mögliche Sicherheitsdefizite zu diskutieren“. Einer Videoüberwachung stehe die Fraktion aufgrund des damit verbundenen Eingriffs in die Grundrechte der Rathausbesucher aber kritisch gegenüber.
Anders sehen das CDU- und AfD-Fraktion. Nachdem sich die CDU am Mittwoch für eine Überarbeitung des Sicherheitskonzepts ausgesprochen hatte, fordert auch die AfD angesichts des „Kontrollverlust der inneren Sicherheit“ Nachbesserungen. Die Verschärfung von Kontrollen und Videoüberwachung seien die „logische Konsequenz“, sagte AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann.