Hamburg. Nach zwei Corona-Jahren ohne große Feierlichkeiten war in der Stadt viel los. Polizei und Feuerwehr wurden angegriffen.
Am Neujahrsmorgen kehrte bei der Polizei Hamburg wieder ein wenig Ruhe ein. An Arbeit hatte es den Einsatzkräften zu Silvester und in der Nacht wahrlich nicht gemangelt. „Insgesamt war es im Vergleich zu der Zeit vor der Pandemie eine ruhige Nacht. Wir hatten weniger Einsätze als beispielsweise zum Jahreswechsel 2019/20. Es wurde ausgiebig gefeiert, aber auch friedlich", sagte Sandra Levgrün, Pressesprecherin der Polizei am Sonntagmittag. Die Bundespolizei war indes an den Bahnhöfen im Einsatz und hatte vor allem an der Haltestelle Landungbrücken viel zu tun.
Insgesamt rückte die Polizei zu 1200 Einsätzen aus. Zum Vergleich: Silvester 2019/20 war mit 1353 Einsätzen deutlich ereignisreicher für die Beamten. Selbst während des ersten Pandemie-Jahreswechsels 2020/21 war mehr los. Damals mussten die Einsatzkräfte 1318-mal ausrücken. Im vergangenen Jahr war es mit 1025 Einsätzen hingegen ruhiger.
Große Menschenmassen am Bahnhof Landungsbrücken
Vor allem rund um die Landungsbrücken kam es immer wieder zu Vorfällen, bei denen die Beamten einschreiten mussten. In der Spitze hielten sich dort bis zu 15.000 Menschen auf. Rund um den Jahreswechsel konnten die Bahnen der U3 aufgrund des hohen Besucheraufkommens am Bahnhof nicht anhalten, sie fuhren ohne Halt durch. „Die milden Temperaturen sorgten dafür, dass gerade an den Landungsbrücken mehr Besucher als in den vergangenen Jahren waren“, sagte Levgrün.
Dort musste auch die Bundespolizei kurz vor Mitternacht eingreifen, weil extrem viele Menschen zeitgleich ankamen, um das Feuerwerk am Hafen anzusehen. „In Absprache mit der Landespolizei wurde der Ausgangsbereich des Bahnhofs über die Brücke zu den Landungsbrücken geräumt, um potenzielle Gefahren durch Überfüllung des Bahnhofes abzuwehren“, so Bundespolizeisprecher Thomas Hippler. Auch kurz nach Mitternacht mussten wieder Bereiche des Bahnhofes wegen Überfüllung gesperrt werden. Aufgrund eines Brandalarms im Bahnhof Altona waren 20 Minuten keine Bahnen im Citytunnel gefahren, so dass sich mehr und mehr Passagiere im Bahnhof drängten.
Silvester 2022: Mann stürzt an den Landungsbrücken in die Elbe
Einigen Menschen sind die milden Temperaturen und der Alkoholpegel aber wohl ein wenig zu Kopf gestiegen. Gegen 22.45 Uhr wurden am U-und S-Bahnhof Landungsbrücken / Ausgang Hafentor aus einer Personengruppe heraus Silvesterraketen in Richtung einer Personengruppe auf der anderen Straßenseite geschossen. Wenig später wurde ein mutmaßlicher Taschendieb vorläufig festgenommen, der verdächtig wird, einer jungen Frau das Mobiltelefon entwendet zu haben, indem er es ihr aus der Jackentasche zog und an einen Mittäter übergab.
Doch vor allem, dass mit Feuerwerk auf Menschen gezielt wurde, sorgte dafür, dass die Beamten immer wieder eingreifen mussten. Zumal auch Polizisten Zielscheibe waren. Um 0.40 Uhr schoss eine Person Feuerwerkskörper von der Fußgängerbrücke der Landungsbrücken in Richtung der Einsatzfahrzeuge der Polizei. Der oder die Verdächtige wurde in Gewahrsam genommen.
Glimpflich lief derweil ein Sturz in die Elbe ab. Um kurz nach Mitternacht stürzte ein Mann ohne Fremdeinwirkung auf der Brücke 3 ins Wasser. Er konnte sich aber aus eigener Kraft wieder in Sicherheit bringen.
Zu unschönen Szenen kam es derweil im Bereich Stubbenhof im Stadtteil Hausbruch. Dort stoppten Randalierer mit Feuerwerk drei Linienbusse. Die Fahrer wurden bedroht, die Täter zeigten dabei eine Schreckschusswaffe. Außerdem wurden die Busfahrer mit Laserpointern geblendet. Anschließend wurde an den Bussen Scheiben zerschlagen. Die Fahrer flüchteten mit ihren Fahrzeugen zum Rehrstieg.
In Heimfeld zertrümmerten Krawallmacher am S-Bahnhof zwei Wartehäuschen an der Bushaltestelle. Auch eine Telefonzelle wurde komplett zerstört.
Silvester war in der City deutlich ruhiger
Etwas ruhiger ging es in der Silvesternacht im Innenstadtbereich zu. Rund um die Binnenalster hielten sich ungefähr 4000 Personen auf. Durch Erlass einer Allgemeinverfügung wurde das Mitführen und Abbrennen von Feuerwerkskörpern in der Zeit von 18 Uhr zu Silvester bis Neujahr, 1 Uhr, rund um die Binnenalster und auf dem Rathausmarkt untersagt.
Zum großen Teil hielten sich die Hamburgerinnen und Hamburger an die Regeln. Nur in wenigen Einzelfällen wurde der Gebrauch von Pyrotechnik festgestellt. Polizeibeamte haben die Besucherinnen und Besucher auf das Verbot hingewiesen. Die mitgebrachten Feuerwerkskörper wurden vor Ort entsorgt. Wie auch an den Landungsbrücken verlagerte sich das Partygeschehen zunehmend auf die Reeperbahn, wo das Epizentrum der Feierlichkeiten war.
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Bis zu 30.000 Menschen feierten das neue Jahr auf St. Pauli. Auch dort kam es immer wieder zu Zwischenfällen mit Böllern und Raketen. Gegen 22 Uhr wurde aus einer Personengruppe heraus von einem Balkon auf der Reeperbahn mit einer Schreckschusswaffe geschossen. Im Rahmen der Wohnungsüberprüfung wurde die Waffe sichergestellt und ein Strafverfahren eingeleitet.
Bis zu 30.000 Menschen feiern auf dem Kiez
Eine halbe Stunde vor Mitternacht hielt ein 22-jähriger Mann eine Batterie pyrotechnischer Gegenstände hoch und zielte damit auf den Streifenwagen Peter 15/3. Die Geschosse trafen zwar das Fahrzeug, verletzt wurde aber niemand. Der 22-Jährige wurde nach kurzer Flucht jedoch von den Beamten gestellt. „Die Menschen hatten offenbar durch die Corona-Jahre ein wenig Nachholbedarf, was Feuerwerk angeht", sagte Levgrün.
Feuerwehr meldet mehr Angriffe auf Einsatzkräfte
Das musste auch die Feuerwehr Hamburg erfahren. Zwar war es auch für die Berufs-und Freiwilligen Feuerwehren eine vergleichsweise ruhige Nacht, vor allem aber Böller und Raketen sorgten für Einsätze.
Besonders heftig erwischte es einen Mann im Jungborn im Stadtteil Schnelsen. Um 1.16 Uhr musste ein 36-jähriger Mann versorgt werden, der sich offenbar mit einem Böller den Zeige- und den Mittelfinger der rechten Hand weggesprengt hatte.
Böllerverletzungen bei Kindern häufiger als bisher
Auch auf der Uhlenhorst mussten die Einsatzkräfte ausrücken. Um 20.48 Uhr wurde aus dem Hofweg über den Notruf 112 „Kind mit Handverbrennung nach Raketenstart“ gemeldet. Ein dreijähriges Mädchen wurde mit Verbrennungen im Brustbereich nach einer Versorgung durch Notfallsanitäter in ein Kinderkrankenhaus zur weiteren Behandlung befördert.
Im Schiffbeker Weg in Billstedt waren einem elf- und einem 13-jährigen Jungen offenbar Böller in der Hand explodiert. Dabei zogen sie sich eine Platzwunde an der Stirn, am Augenlied und eine mögliche schwerere Augenverletzung zu. „Böllerverletzungen bei Kindern kamen dieses Jahr häufiger vor als in der Vergangenheit. Ansonsten haben wir uns als Feuerwehr auf ein ähnliches Einsatzgeschehen wie im Jahr 2019/20 vorbereitet. Das trat aber nicht ein", sagte Feuerwehr-Sprecher Jan-Ole Unger dem Abendblatt.
Feuerwehr löscht mehrere Brände
Doch nicht nur Verletzte musste die Feuerwehr im gesamten Hamburger Stadtgebiet versorgen. Auch mehrere Brände – teilweise ausgelöst durch Feuerwerk – wurden in der Nacht zum Sonntag gelöscht. In den allermeisten Fällen brannten Mülltonnen oder Altpapiercontainer.
Im Poggfreedweg in Rahlstedt brannte es auf dem Balkon im zweiten Obergeschoss eines Mehrfamilienhauses. Das Feuer war bei Eintreffen der ersten Kräfte bereits auf die Wohnung übergegangen und musste mit zwei C-Rohren bekämpft werden. Eine Frau wurde mit dem Verdacht auf eine Rauchgasinhalation in ein Krankenhaus befördert, die Wohnung ist unbewohnbar.
Feuerwehr mit Feuerwerkskörpern beworfen
Bei ihren Einsätzen in Hamburg wurden die Einsatzkräfte der Feuerwehr – ähnlich wie die der Polizei – Opfer von tätlichen Angriffen. Immer wieder wurden sie aggressiv angegriffen und mit Böllern beschossen. Um 22.20 Uhr wurde an Silvester die Freiwillige Feuerwehr Schnelsen, die in der Straße Vörn Brook bei der Brandbekämpfung mehrerer brennender Mülleimer halfen, mit Feuerwerkskörpern angegriffen. Ein Vogelschreck-Böller drang dabei durch die dicke Brandschutzkleidung eines Feuerwehrmannes und verursachte Verbrennungen am Oberschenkel.
Auch die Freiwillige Feuerwehr Eidelstedt wurde beim Löschen brennender Müllcontainer im Astweg gezielt unter Beschuss mit Feuerwerkskörpern genommen. Ein Mann wurde dabei am Auge verletzt und in einem Krankenhaus behandelt.
Silvester 22: Feuerwehr in einen Hinterhalt gelockt
In der Straße Bei St. Ansgar in Niendorf wurden kurz nach Mitternacht ein Notarzt und ein Notfallsanitäter im Einsatz körperlich angegriffen. Der Angreifer wurde fixiert und der Polizei übergeben.
Um 0.44 Uhr wurden am Sonntagmorgen die Freiwillige Feuerwehr Hausbruch in die Straße Stubbenhof praktisch in einen Hinterhalt gelockt. Dort sollte ein brennender Müllcontainer gelöscht werden. Als das Löschfahrzeug in die Straße einbog, wurde es von etwa 50 Leuten mit Böllern beworfen und mit Raketen beschossen. Die Einsatzkräfte zogen sich daraufhin sofort zurück. „Dass man an Silvester mal einen Böller abbekommt oder es einen Querschläger gibt, das passiert. Aber dass man so gezielt angegriffen wird, haben wir so noch nicht erlebt. Die Übergriffe auf Einsatzkräfte waren extrem“, bilanzierte Feuerwehr-Sprecher Unger.