Hamburg. Klima-Aktivisten kleben sich vor einem Konzert im Großen Saal an das Dirigentenpult und sorgen für Polizeieinsatz.
Die Klimaaktivisten, die in der Elbphilharmonie für Aufregung gesorgt haben, waren offenbar gut vorbereitet. Die 34 Jahre alte Frau und ihr männlicher Begleiter (21) hatten mit Eintrittskarten das Konzerthaus am Mittwochabend betreten, ihre Jacken an der Garderobe abgegeben und zunächst – wie alle anderen Besucher – im Großen Saal Platz genommen.
Vor Beginn des Beethoven-Konzerts der Sächsischen Staatskapelle stürmten die beiden Aktivisten der Gruppe „Letzte Generation“ dann zum Dirigentenpult und klebten sich dort fest.
Aktivisten droht laut Polizei wohl kein Strafverfahren
Wie die Polizei mitteilte, wurde das Geländer daraufhin mit Mitarbeitern der Elbphilharmonie demontiert und die Aktivisten davon gelöst. Die Beamten nahmen die Personalien auf und erteilten einen Platzverweis.
Ein Strafverfahren droht den Aktivisten nach Einschätzung der Polizei nicht. „Beide hatten Tickets für das Konzert und hielten sich somit regulär im Großen Saal auf“, sagte Sprecher Sören Zimbal; allerdings wurde ein Bericht an den Staatsschutz gesendet. Das Konzert konnte dann nach einigen Minuten gestartet werden.
Hamburger Politiker äußern Verständnis, andere herbe Kritik
Während Hamburgs AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann mit Blick auf den Aktionen in der Elbphilharmonie von „apokalyptischen und wohlstandsverwahrlosten Klima-Extremisten“ sprach, lobte der umweltpolitische Sprecher der Linksfraktion, Stephan Jersch, den Protest als „angemessenen Akt des zivilen Ungehorsams“.
Ganz anders CDU-Fraktionschef Dennis Thering, der vom rot-grünen Senat „klare Kante und ein entschiedenes Vorgehen gegen diese Unruhestifter“ fordert. Die Klimaaktivisten griffen zu immer drastischeren Mitteln. Im Umgang mit ihnen zeige „Bayern, wie es geht. Hier drohen den Aktivisten bis zu 30 Tage Polizeigewahrsam“, so Thering und weiter: „Von den Chaoten der ,Letzten Generation’ darf sich der Rechtsstaat nicht länger auf der Nase herumtanzen lassen.“
Elbphilharmonie-Verantwortliche mit Verständnis für Aktion
Die Verantwortlichen des weltberühmten Konzerthauses sehen die Aktion ebenfalls mit gemischten Gefühlen. „Natürlich sind wir gegenüber Publikum und Künstlern verpflichtet, einen möglichst ungestörten Konzertablauf sicherzustellen. Im Kern respektieren wir aber das Anliegen der jungen Protestierenden, zumal es respektvoll vorgetragen wurde", hieß es vonseiten der Elbpilharmonie. Das Publikum habe zum Teil mit Unmut reagiert. Die Stimmung habe sich aber schnell entspannt, als klar wurde, dass das Konzert mit minimaler Verzögerung starten kann.
"Letzte Generation": Emotionale Rede im Großen Saal
Die beiden Aktivisten hatten sich während der Aktion in einer emotionalen Rede an die Konzertbesucher gewendet: „Ich stehe heute hier, weil wir die Klimakatastrophe kollektiv verdrängen und damit unseren Kindern ein Leben in Sicherheit und Frieden wegnehmen! Genau wie es nur ein Geigenkonzert von Beethoven gibt, haben wir nur diesen einen Planeten, dessen Grenzen wir so sehr missachten, dass klimabedingte Katastrophen häufiger und tödlicher werden.”
Die Rede schloss mit einem Appell: „Wir müssen jetzt alle aktiv werden und Widerstand leisten gegen das verbrecherische Weiter-So unserer Regierenden! Es wird keine Elbphilharmonie mehr geben, um Beethoven zu genießen, wenn Hamburg unter Wasser steht. Die Krise eskaliert jetzt gerade, vor unseren Augen!”
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In den vergangenen Wochen hatten Klimaaktivisten europaweit mit verschiedenen Aktionen für Aufsehen gesorgt. Sie blockierten Straßen und attackierten Gemälde unter anderem von Vincent van Gogh, Claude Monet und Francisco Goya. In Hamburg hatten Mitglieder im Februar unter anderem die Köhlbrandbrücke im Hafen blockiert. Damit wollen die Aktivisten ein stärkeres Engagement gegen die Erderhitzung einfordern.