Hamburg. Der Tarifstreit der Piloten geht am Montag in die nächste Runde – mit massiven Auswirkungen auch für die Hansestadt.

Jede Absage eines Fluges sei eine zu viel, sagte Jens Bischof, Chef der Lufthansa-Billigtochter Eurowings, vor einigen Wochen in einem Interview. Er bezog sich damit auf das Chaos an den Flughäfen. Doch nun sorgen seine eigenen Piloten mit ihrem Streik für eine Vielzahl von Absagen. Am heutigen Montag wird die Anzeigetafel über die Ankünfte und Abflüge am Hamburger Flughafen mit zahlreichen roten Markierungen übersät sein – verbunden mit dem bei Reisenden unliebsamen Wort „gestrichen“.

Wie aus der Internetseite des Airports Helmut Schmidt hervorgeht, fallen zum Wochenstart 58 der 94 geplanten Eurowings-Flüge aus. Abgesagt wurden jeweils 29 Ankünfte und Abflüge, wobei geschätzt fast 10.000 Passagiere betroffen sein dürften – und das mitten in den etwa Hamburger Herbstferien.

Flughafen Hamburg: 170 Flüge gestrichen

Grund für die Ausfälle ist der Streik bei der Lufthansa-Tochter, zu dem die Pilotenvereinigung Cockpit (VC) aufgerufen hat. Immerhin: Jeweils 18 Ankünfte und Abflüge mit Eurowings sollen nach jetzigem Stand in Fuhlsbüttel stattfinden. Nicht berührt von der Arbeitsniederlegung sind unter anderem Abflüge nach Palma de Mallorca, Ibiza, und Barcelona.

Insgesamt können nach Angaben von Eurowings am Montag von 400 geplanten Flügen 170 nicht stattfinden. Hamburg ist von dem Streik überdurchschnittlich stark betroffen, denn Eurowings ist hier mit einem Passagieranteil von rund 30 Prozent der Marktführer. Etwa 50 Ziele werden von der Airline in diesem Herbst direkt angeflogen.

Konflikt dreht sich um "Reduzierung der Arbeitsbelastung“

Am Freitagabend hatte die VC die Eurowings-Piloten aufgerufen, von Montag 0 Uhr bis einschließlich Mittwoch um 23.59 Uhr ihre Arbeit niederzulegen. Grund sei das unzureichende Angebot der Arbeitgeberseite zum Manteltarifvertrag, wie die Gewerkschaft in Frankfurt erklärt hatte. Die Flugpläne für Dienstag und Mittwoch würden veröffentlicht, sobald klar sei, wie viele Piloten sich trotz des Streikaufrufs zum Flugdienst meldeten, so Eurowings. Bereits am 6. Oktober waren wegen eines Eurowings-Pilotenstreiks in Hamburg 72 Flüge ausgefallen.

Im Unterschied zu vielen anderen Arbeitskämpfen der jüngsten Zeit geht es in der aktuellen Auseinandersetzung bei der Lufthansa-Tochter nicht um die Gehälter. Der Konflikt drehe sich „ausschließlich um die Reduzierung der Arbeitsbelastung“, hatte die VC mitgeteilt. Dies solle unter anderem durch die Begrenzung der maximalen Flugdienst­zeiten und eine Verlängerung der Ruhezeiten erreicht werden.

"Arbeitgeber betreibt Augenwischerei"

Die Praxis des Unternehmens, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelmäßig bis an die gesetzlichen Grenzwerte zu verplanen, führe zu einer erheblichen Belastung, die abgemildert werden muss, hieß es. „Spitzenbelastungen bis ans Limit“ seien als Ausnahmen zwar akzeptabel, dürften aber nicht die Regel sein. „Dieser Streik wäre nicht notwendig, wenn Eurowings mit uns auf Augenhöhe verhandeln würde“, sagte VC-Vorstandsmitglied Matthias­ Baier. „Leider betreibt der Arbeitgeber Augenwischerei und scheint auf Zeit spielen zu wollen.“ Man bedauere die „erheblichen Einschränkungen und Auswirkungen für die Fluggäste“.

Kai Duve, Finanz- und Personal­geschäftsführer, sagte dazu am Wochenende, die Fluggesellschaft habe ein Entlastungspaket angeboten, das immerhin zehn der von VC geforderten 14 zusätzlichen freien Tage pro Jahr vorsehe. Außerdem sei das Unternehmen bereit, die Wochenarbeitszeit um zwei Stunden zu verringern. „Wer in diesem Entgegenkommen kein verhandlungsfähiges Angebot sehen will, hat jedes Maß und jede Mitte verloren“, kritisierte Duve.

Eurowings Europe nicht betroffen

Er kündigte an, das Unternehmen werde versuchen, die Streikauswirkungen etwa durch Umbuchungen auf Lufthansa-Flüge so gering wie möglich zu halten. Mittelfristig drohten durch die Gewerkschaftsforderungen aber eine Verringerung des Flugbetriebs sowie der Wegfall von Arbeitsplätzen.

Bestreikt wird die Kerngesellschaft Eurowings Deutschland. Dass die Airline trotz des Streiks davon ausgeht, insgesamt noch mehr als die Hälfte der geplanten Flüge durchführen zu können, liegt nicht zuletzt daran, dass die Maschinen der österreichischen Tochter Eurowings Europe nicht vom Arbeitskampf betroffen sind. Sie fliege „unter Volllast“, hieß es. Auch die Tochter Eurowings Discover, die von Frankfurt und München operiert und überwiegend touristische Langstrecken im Programm hat, ist nicht vom aktuellen Streikaufruf der VC betroffen. Außerdem setze die Lufthansa-Tochter Flugzeuge von Partnergesellschaften ein, die auch sonst einen Teil der Flüge ausführen.

Flughafen Hamburg: Passagiere sollen sich informieren

Mit dem Streik zwinge die Gewerkschaft die Eurowings-Gruppe unausweichlich in eine Schrumpfung des deutschen Flugbetriebs, sagte Duve: „Die VC gefährdet mit der neuerlichen Streikdrohung mutwillig die Zukunft der Eurowings Deutschland.“ Das bringe Arbeitsplätze in Gefahr – nicht nur im Cockpit.

Die Fluggesellschaft habe am Wochenende in internen Meetings sehr deutlich gemacht, dass das bis zum Streik angebotene Entlastungspaket mit zehn zusätzlichen freien Tagen im Jahr bei drei Stunden verringerter Wochenarbeitszeit die Grenze des wirtschaftlich Vertretbaren erreiche, teilte Eurowings mit. Die VC werde kein noch besseres Angebot erstreiken können, sondern mit ihrem Kurs nur zu erneuter Kundenenttäuschung und weiteren Millionenschäden beitragen, warnte die Lufthansa-Tochter.

Die Passagiere wurden gebeten, sich über die Webseite oder die Eurowings-Kunden-App fortlaufend über den Status ihres Fluges zu informieren – sowie, wenn nötig, auch über Beförderungsalternativen. Aufgrund der Anpassung des Flugplans könne es zu Problemen beim Online-Check-in kommen.