Hamburg. Mädchen wird seit 1999 vermisst. Spezialisten von Universität und Polizei untersuchen Grundstück nahe dem Volkspark.

Auf der Suche nach den sterblichen Überresten der 1999 verschwundenen Hilal Ercan haben Archäologen der Universität Hamburg mit einem Bodenradar den Untergrund eines Areals in einem Kleingartenverein an der Nansenstraße „durchleuchtet“. Die Daten werden ausgewertet. Im Sommer hatte dort die Familie des Mädchens zusammen mit Unterstützern auf eigene Faust gesucht. Dabei soll ein eingesetzter Hund menschliche Überreste gewittert haben.

Gegen 10 Uhr waren die Experten der Uni Hamburg zusammen mit Ermittlern und Bereitschaftspolizei an dem Kleingarten angerückt. Bereits Ende September hatten Bereitschaftspolizisten des technischen Zuges das Areal, das gleich an einem Abhang zur A7 liegt, als Vorbereitung für den jetzigen Einsatz gerodet und von Gestrüpp befreit.

Hilal Ercan: Experten suchen mit Bodenradar nach menschlichen Überresten

Knapp zwei Stunden dauerten am Mittwochmorgen die Vorbereitungen der Uni-Mitarbeiter, die zunächst das auf ein Gestell mit Rädern montierte Bodenradar zusammen bauten. Gleichzeitig wurde die Fläche genau vermessen. Gegen 12 Uhr begann dann die eigentliche Arbeit. In Bahnen wurde die Fläche abgefahren. Dabei wurden elektromagnetische Wellen ausgestrahlt und reflektiert. Ein Gerät zeichnete alles auf. So sollen ungewöhnliche Bodenstrukturen – beispielsweise ein ausgehobenes Loch, das anschließend wieder zugeschüttet wurde – lokalisiert werden.

Gegen 15:30 Uhr endete der Einsatz. Das es am Mittwoch dabei bleiben würde, war den Beteiligten bereits vorher klar. Zunächst müssen die Daten ausgelesen und ausgewertet werden. Das wird, so hieß es von den Wissenschaftlern, einige Tage in Anspruch nehmen. Dann werden Staatsanwaltschaft und Polizei von dem Ergebnis in Kenntnis gesetzt. Anschließend entscheidet man dort, ob und wie weiter vorgegangen wird.

Hilal Ercan verschwand am 27. Januar

Die Suche in dem Kleingartenverein ist ein erneuter Versuch, das Schicksal der bei ihrem Verschwinden zehn Jahre alten Hilal zu klären. Sie war am 27. Januar 1999 in Lurup verschwunden. Die Schülerin hatte als Belohnung für ein gutes Zwischenzeugnis etwas Geld bekommen und sich Süßigkeiten im Einkaufszentrum an der Elbgaustraße gekauft.

Zeugen wollen Schreie gehört, einen Verdächtigen gesehen haben. Kurz danach, gegen 13.30 Uhr verlor sich die Spur des Kindes. Ermittler stellten noch fest, dass in einem Geschäft für eine Mark Huba-Buba Kaugummi mit Colageschmack gekauft worden war, das Hilal gern mochte. Ob sie die Käuferin war, konnte nicht geklärt werden. Die Verkäuferin erinnerte sich nicht mehr daran, wer das Kaugummi gekauft hatte.

Polizei Hamburg suchte jahrelang nach Hilal

Die Polizei suchte in den Jahren danach mit großem Aufwand nach Hilal. Es wurde die Soko „Morgenland“ gegründet. An der Spitze Reinhard Chedor, damals einer der Top-Ermittler der Hamburger Polizei und später LKA-Chef. Er baute ein Vertrauensverhältnis zur Familie des verschwundenen Mädchens auf und machte den Fall zu „seiner Sache“.

Bis zu 140 Beamte waren in Spitzenzeiten in die Ermittlungen eingebunden. Doch Hilal wurde nicht gefunden. Chedor musste in Pension gehen, ohne dass er das Schicksal von Hilal lösen konnte. Es ist der einzige ungelöst Langzeitvermisstenfall mit einem Kind in Hamburg.

Dirk H. gestand mehrmals, Hilal getötet und verscharrt zu haben

Mehrfach wurde in der Vergangenheit an konkreten Stellen gesucht. Ausschlaggebend war Dirk H. (48), ein in der geschlossenen Psychiatrie verwahrter Kinderschänder. Er hatte in der Vergangenheit mehrfach gestanden, Hilal entführt, getötet und verscharrt zu haben. Immer wieder zog er aber anschließend sein Geständnis zurück.

2005 suchte die Polizei erstmals entsprechend den Angaben des Mannes im Volkspark an einem ehemaligen Schießplatzbunker, ganz in der Nähe des Kleingartenvereins, in dem jetzt das Bodenradar eingesetzt wurde, nach Hilals Leiche. 2018 wurde das rund Gebiet noch einmal abgesucht. Auch wurde in einer Kieskuhle in Rissen gegraben.

Hilals Familie führte die Suche weiter

Auch in dem Fall hatte Dirk H. ausgesagt, dass er dort Hilal Leiche vergraben habe. Im Juli dieses Jahres wurde nach einem Hinweis ein 2,7 Hektar großes Waldstück an der Ohechaussee in Norderstedt durchkämmt. Dort waren auch Taucher in einem kleinen See und Mitarbeiter der Uni Hamburg mit im Einsatz. Allein diese Aktion dauerte 25 Tage. Alle Suchaktionen blieben ohne Ergebnis.

Hilals Familie fand sich nicht damit ab. Mit einigen Unterstützern sind sie ebenfalls auf der Suche nach der Tochter und Schwester. Dabei stießen sie auch auf das Kleingartenareal an der A7. Dort soll sich Dirk H. immer wieder rumgedrückt haben. Bei dieser Suche eingesetzt wurde auch ein Hund, der angeblich menschliche Leichen aufspüren kann. Das Tier, das mittlerweile verstorben ist, schlug an. Ein zweiter Hund, der ebenfalls zur Suche eingesetzt wurde, ebenfalls. In einer für das Fernsehen gedrehten Dokumentation sagte eine der Hundeführer: „Hier liegen zu 1000 Prozent menschliche Knochen“.

Hilal Ercan: Polizei geht neuen Hinweisen nach

Für die Polizei Grund genug, um erneut mit „großem Gedeck“ vor Ort zu suchen. Auch die Ermittler möchten den Fall endlich lösen und Hilals Schicksal klären – damit die Familie endlich Abschied nehmen kann. Schon deshalb ging und geht man jedem noch so kleinen Hinweis nach.