Hamburg. Die Stadt Hamburg hat weiterhin große Probleme, die Geflüchteten unterzubringen – einige müssen in Zelten schlafen.
Zwei Doppelstockbetten aus Metall, dazwischen ein Spind mit vier Fächern, gegenüber ein Tisch und ein Stuhl, abgetrennt durch aufgespannte Plastikplanen – aufgrund der weiterhin täglich in Hamburg ankommenden Geflüchteten aus der Ukraine hat die Stadt am Sonntag eine der Messehallen zur Notunterkunft umgebaut. In den einzelnen Kompartimenten ist jeweils Platz für vier Personen. Zusätzlich zu der bestehenden Infrastruktur wurden weitere Sanitärbereiche errichtet. Bis zu 400 Geflüchtete sollen in der Messehalle untergebracht werden können.
Innenbehörde: Circa 150 Geflüchtete kommen täglich in Hamburg an
„Die Lage ist weiter extrem herausfordernd, weil es unverändert so ist, dass täglich Menschen nach Hamburg kommen“, sagte Martin Helfrich, Sprecher der Sozialbehörde, dem Abendblatt. „Neue Unterkünfte schaffen aufgrund des stetigen Zustroms kaum Entlastung. Wir schaffen zwar ständig neue Plätze, es kommen aber auch ständig neue Schutzsuchende, deswegen ist der Bedarf anhaltend hoch.“
Laut Innenbehörde kommen in Hamburg aktuell täglich durchschnittlich bis zu 150 Geflüchtete an, der Großteil von ihnen kommt aus der Ukraine. Von den rund 50 Asylsuchenden aus anderen Staaten kommen die meisten nach wie vor aus Afghanistan und Syrien. „Von den rund 100 Menschen aus der Ukraine, die hier täglich ankommen, müssen im Durchschnitt 60 öffentlich untergebracht werden. Ein anderer Teil kommt auch privat unter“, sagt Innenbehördensprecher Daniel Schaefer. Insgesamt befinden sich aktuell rund 45.000 Geflüchtete in öffentlicher Unterbringung, darunter knapp 20.000 aus der Ukraine. „Wir sind nah am Limit und müssen daher laufend neue Unterkünfte schaffen.“
Schaefer: "Unsere Unterkünfte sind momentan nahezu alle voll belegt"
Zwar sind die aktuellen Ankunftszahlen deutlich geringer als im Februar und März dieses Jahres, doch die Herausforderung liege in der Kontinuität. „Tag für Tag kommen Schutzsuchende nach Hamburg – und das schon seit Monaten. Das ist ein Kraftakt für alle Beteiligten“, sagt Schaefer. Offiziell registriert sind in Hamburg gut 36.000 Ukrainerinnen und Ukrainer. Die Innenbehörde geht davon aus, dass aktuell rund 34.000 von ihnen noch in Hamburg leben, da manche in andere Bundesländer verteilt worden sind.
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs hat die Stadt 15.000 zusätzliche Plätze in öffentlichen Unterkünften und Interimsstandorten geschaffen. So sind derzeit beispielsweise auch vier Sporthallen der Berufsschulen belegt. „Wir hätten das, wenn möglich, gerne vermieden, da sie normalerweise von Vereinen genutzt werden“, so Schaefer. „Doch unsere Unterkünfte sind momentan nahezu alle voll belegt.“ So auch die Fegro-Halle in Harburg, vor der jetzt zusätzlich Zelte aufgestellt wurden, um insgesamt etwas mehr als 1000 Menschen unterzubringen.
Weitere Unterkünfte in Hamburg sind in Planung
Die Unterkunft in den Messehallen, die von „Fördern und Wohnen“ betrieben wird, ist nur als vorübergehende Unterbringung geplant. Die Halle stehe bis Anfang kommenden Jahres zur Verfügung. Optimal sei die Unterbringung in den Messehallen nicht, „aber besser als Zelte, auf die man in den kommenden Tagen sonst alternativ hätte zurückgreifen müssen“, sagt Helfrich.
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Aufgrund des anhaltend hohen Bedarfs sind zahlreiche weitere Unterkünfte geplant, darunter einige Standorte, an denen mehrere Hundert Menschen untergebracht werden können. Dazu zählen laut Helfrich auch der Huckepackbahnhof unweit der HafenCity und ein leer stehendes Objekt in der City Nord, „was wir hoffen, in den kommenden Wochen herrichten zu können“.
Belegung in Messehallen beginnt im Laufe der nächsten Woche
Auch die Möglichkeit, Geflüchtete in Folgeunterkünften unterzubringen, sei fast unmöglich. „Hätten wir mehr freie Plätze in Folgeunterkünften, würden wir die Messehallen gar nicht benötigen“, so Helfrich. Die Belegung soll dort im Laufe dieser Woche beginnen. Weitere Unterbringungsmöglichkeiten würden laufend geprüft. Auch in zahlreichen Hotels sind nach wie vor Geflüchtete untergebracht. Zudem wurden Gewerbeobjekte angemietet und umgebaut. Für die Unterbringung geflüchteter Menschen hat die Sozialbehörde bis 2025 Mehrkosten in Höhe von mindestens 271 Millionen Euro eingeplant.
Angesichts des anhaltenden Zustroms von ukrainischen Kriegsflüchtlingen und Asylbewerbern aus anderen Staaten hatten Hamburgs Innen- und Sozialbehörde bereits Mitte September vor einer Überlastung des Aufnahmesystems gewarnt. „Die Lage ist sehr, sehr viel angespannter, als sie sich über den Sommer anfühlte“, hatte Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) gesagt. Über die Unterbringung von Geflüchteten und die Flüchtlingspolitik des Senats ist vergangene Woche auch in der Bürgerschaft heftig gestritten worden.