Hamburg. Ein Mann stürzt, Shiwam Chanra springt hinterher – kurz bevor die S-Bahn einfährt. Bundespolizei bedankt sich auf besondere Weise.
Polizeioberrat Jan Müller, zweiter Mann der Bundespolizei in Hamburg, wäre kein Fuchs, wenn er nicht Gelegenheiten erkennen würde. Jetzt ergab sich so eine. Shiwam Chanra ist ein Mann, den er gern in den Reihen der Bundespolizei sehen würde. „Er hat den Impuls zu helfen, den Impuls, intuitiv das Richtige zu tun“, sagt Müller.
Reeperbahn: Torkelnder Mann stürzt ins Gleisbett
Das Richtige machte der 18-Jährige am 12. September. „Wir hatten Party gemacht“, erzählt Shiwam. Gegen 2.30 Uhr sollte es vom Kiez per S-Bahn in Richtung Heimat nach Bergedorf gehen.
Was dann passierte, hat eine Überwachungskamera auf dem Bahnsteig der Station Reeperbahn aufgezeichnet: Ein Mann torkelt durch das Bild, kommt immer näher an die Bahnsteigkante heran und stürzt ins Gleisbett. Dutzende Menschen schauen zu. Einer springt ohne zu zögern hinterher. Es ist der 18-Jährige.
Nur 14 Sekunden später fährt die S-Bahn ein
Er wuchtet den Gestürzten hoch. Helfende Hände ziehen den jammernden Mann aus den Gleisen. Dann klettert auch Shiwam zurück auf den Bahnsteig. Was dem Betrachter nicht entgeht: Die Lichter einer einfahrenden S-Bahn werden immer größer. 14 Sekunden danach ist der Zug an der Stelle, an der eben noch der 18-Jährige im Gleis war.
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Auch danach handelt Shiwam richtig. Auch das zeigen die Bilder: Er greift als einziger zum Handy und alarmiert Hilfe. „Ich habe 112 angerufen“, berichtet der 18-Jährige. Und auch das sagt der junge Mann mit indischen Wurzeln: „Ich habe nicht lange nachgedacht, als der Mann ins Gleis fiel. Ich habe einfach instinktiv gehandelt.“
Hauptbahnhof: Retter hat schon einmal ähnlichen Vorfall erlebt
Müller erfuhr am folgenden Tag bei der Lagebesprechung der Polizei von dem Vorfall und ließ den 18-Jährigen anrufen, um ihn zu treffen und sich zu bedanken. Das Treffen fand bei der Bundespolizei am Hauptbahnhof statt – dort, wo die Fahnder der Bundespolizei ihr Büro haben.
„Ich bin schon nervös“, bekennt der Retter, der aktuell bei einer Zeitarbeitsfirma angestellt ist – obwohl er schon einmal einen ähnlichen Vorfall erlebte und ebenfalls half. Doch diesmal wird er dafür geehrt. Seine Eltern, sagt Shiwam, seien „total stolz“ auf ihn.
Müller ist begeistert. So gibt es für den 18-Jährigen neben ein paar kleinen Präsenten aus dem Merchandising-Shop der Bundespolizei auch die Nummer des Einstellungsberaters.