Hamburg. 70 Freunde und Verwandte versammeln sich vor der Klinik in St. Georg. Es ist nicht der erste Fall dieser Art in Hamburg und Stade.

Nach dem Mordanschlag auf Hülisi B., dem am Mittwochabend auf der Slomannstraße im Stadtteil Veddel in den Kopf geschossen worden war, ist auch das Drogendezernat des Landeskriminalamtes in die Ermittlungen einbezogen worden. Der Täter hatte ihm aufgelauert, als er vom Fußballtraining kam. Das Opfer überlebte, schwebt aber weiterhin in Lebensgefahr.

Erst Ende Juli war in einer Shishabar in Hohenfelde einem 27-Jährigen in den Kopf geschossen worden. Diese Tat ist bis heute nicht aufgeklärt. Unter anderem wurde geprüft, ob Zusammenhänge mit der Tat, aber auch zu einer Schießerei in Stade, bei der am vergangenen Montag ein 23-Jähriger getötet wurde, bestehen.

Kopfschuss – Polizei Hamburg fahndet mit Großaufgebot

Es war gegen 21.40 Uhr, als am Mittwochabend Passanten an der Slomanstraße den Knall eines Schusses hörten. Wenig später entdeckten sie im Bereich zwischen Immanuelpark und dem dortigen Sportplatz den am Boden liegenden Mann. Schnell waren Rettungskräfte der nicht weit entfernten Feuerwache Veddel am Tatort. Auch ein Notarzt rückte an. Der 37-Jährige musste noch an Ort und Stelle stabilisiert werden, dann ging es ins Krankenhaus St. Georg, wo der Angeschossene unverzüglich operiert werden musste.

Die Polizei setzte ein Großaufgebot für die Fahndung in Bewegung. „Neben mehr als einem Dutzend Funkstreifenwagen, mehreren Diensthundeführern und Kräften der Bereitschaftspolizei war auch der Polizeihubschrauber ,Libelle 1‘ im Einsatz“, sagte Polizeisprecher Thilo Marxsen. Die umfangreichen Maßnahmen blieben allerdings erfolglos.

Unbekannter schießt Mann in Kopf – Hinweislage auf Täter "dünn"

Noch in der Nacht übernahm die Mordkommission den Fall. Kriminaltechniker sicherten am abgesperrten Tatort Spuren. Auch am Donnerstag, so hieß es aus der Polizei, sei die Hinweislage auf den oder die möglichen Täter „dünn“. Vor der Klinik, in die der 37-Jährige eingeliefert worden war, versammelten sich noch in der Nacht rund 70 Menschen, vor allem Familienangehörige des im Bereich Bergedorf lebenden Mannes.

Polizisten beruhigten die aufgebrachten Menschen. Auch waren Mitarbeiter des Kriseninterventionsteams des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) im Einsatz, um Angehörige zu betreuen.

Mann durch Kopfschuss niedergestreckt: Opfer war noch beim Training

Nach bisherigen Erkenntnissen der Polizei war der 37-Jährige vor der Tat beim Training auf dem Sportplatz Slomanstraße gewesen. Hülisi B. spielt als Torwart beim Fußballclub Milonairs Club – der Club ist nach seinem Gründer benannt, dem Rapper Milonair. Der Täter muss ihm sodann gezielt aufgelauert haben – die Tat wurde blitzschnell und offenbar eiskalt ausgeführt. Es war ein einziger Schuss, abgegeben aus nächster Nähe, der den Mann am Kopf traf. Die Ermittler sind sich sicher, dass die Tat sehr gezielt durchgeführt wurde. Sie wirke wie der Versuch einer Hinrichtung.

Über das Motiv für die Bluttat weiß die Polizei bislang nicht viel. Allerdings soll der 37-Jährige bereits im Zusammenhang mit verschiedenen Straftaten, darunter auch Drogendelikten, in den Fokus der Ermittlungsbehörden geraten sein – die Taten. wegen derer ermittelt wurde, liegen jedoch allesamt länger zurück. Zuletzt war der 37-Jährige der Polizei nicht mehr im Zusammenhang mit Ermittlungsverfahren aufgefallen.

Schon im Juli wurde einem Mann in den Kopf geschossen

Ende Juli war in der Shishabar an der Lübecker Straße einem 27-Jährigen in den Kopf geschossen worden. Die beiden mit Corona-Masken vermummten Täter waren ganz gezielt auf den Mann zugegangen, hatten eine Waffe gezogen und mehrfach abgedrückt. Dann flüchteten sie unerkannt. Das von Kugeln in den Kopf und den Oberkörper getroffene Opfer kam noch unter Notarztbegleitung ins Krankenhaus. Dort wurde der Tod des Mannes festgestellt. Bis heute ist die Tat ungeklärt, das Motiv unbekannt. Auch der 27-Jährige, der in Billstedt lebte und aus Wilhelmsburg stammte, war im Zusammenhang mit Drogendelikten bekannt.

Alle Versuche der Polizei, konkrete Hinweise auf die Täter zu bekommen, verliefen aber bisher im Sand. Unter anderem war nach den beiden Männern mit eher schlechten Bildern aus einer Überwachungskamera gefahndet worden. Zuletzt hatte die Staatsanwaltschaft in dem Fall eine Belohnung über 5000 Euro für Hinweise, die zur Aufklärung der Tat führen, ausgelobt. Zudem stieg zwischenzeitlich auch die Abteilung gegen Organisierte Kriminalität, zu der auch das Drogendezernat gehört, in die Ermittlungen ein. Das Fachwissen der Beamten ist offenbar gefragt, um in diesem Fall weiterzukommen.

Waffe war mit einem Schalldämpfer bestückt

In Stade wurde erst in der Nacht vom vergangenen Montag auf Dienstag – eine halbe Stunde vor Mitternacht – ein 23-Jähriger in einem türkischen Restaurant am Stadthafen niedergeschossen. Er starb an seinen Verletzungen. Ein 39-Jähriger wurde durch Kugeln schwer verletzt. Den Schüssen war eine Auseinandersetzung zwischen mehreren Männern in dem Restaurant vorangegangen. Ein 28-Jähriger wurde festgenommen. Gegen ihn ist mittlerweile Haftbefehl erlassen worden.

Die Polizei hatte nach der Tat eine Pistole sichergestellt. Bemerkenswert: Die Waffe war mit einem Schalldämpfer bestückt, der den Knall durch die bei einer Schussabgabe explosionsartig aus dem Lauf der Waffe ausströmenden Gase reduziert. Schalldämpfer werden von Spezialeinheiten beim Militär und der Polizei eingesetzt. Auch Verbrecher nutzen diese Technik, um möglichst leise töten zu können. Allerdings, so sagt ein Ermittler, würden Schalldämpfer nur sehr selten bei der Sicherstellung illegaler Waffen gefunden.

Polizei Hamburg: Schalldämpfer bei Kriminellen beliebt

Durch geknackte EncroChat-Nachrichten, das „Verbrecher-WhatsApp“, wissen die Sicherheitsbehörden, dass Schalldämpfer durchaus Abnehmer in kriminellen Kreisen haben, weil sie über den verschlüsselten Messengerdienst gehandelt wurden. Auch bei der Tat in Stade soll es, so hieß es aus Polizeikreisen, Bezüge nach Hamburg – ganz konkret nach Wilhelmsburg – geben.

Jetzt versuchen die Ermittler zunächst das Umfeld des im Bereich Bergedorf wohnenden Opfers aufzuhellen. Am Freitag hieß es, dass es bislang keine konkreten Hinweise auf Täter und das genaue Motiv gebe.