Hamburg. Durch die Energiekrise sind kleinere Clubs und Fitnessstudios existenziell bedroht. Der Hamburger Senat verspricht Förderprogramme.

Abgestelltes warmes Wasser in den öffentlichen Bezirkssportanlagen, kalte Turnhallen, Hallensperrungen und Flutlichtverbote – das sind aus anderen Bundesländern die ersten Vorboten, welche Auswirkungen auf den Berufs- und Breitensport in den nächsten Monaten zukommen können. In Hamburg hat der Senat bisher keine dieser drastischen Maßnahmen geplant. Allein die Ansage, „der Letzte macht das Licht aus“, soll bislang der unnötigen Energieverschwendung vorbeugen, war doch das Bewusstsein zum Sparen in der Vergangenheit nicht gerade ausgeprägt.

Oft blieben Turnhallen stundenlang hell erleuchtet, obwohl niemand mehr Sport trieb. Mit dem Hamburger Fußball-Verband und deren Präsidenten Christian Okun laufen derzeit aber Gespräche, auf Flutlichtspiele zu verzichten, sie in den Nachmittag zu verschieben und Trainingsbeleuchtungen zu reduzieren. Anordnungen dafür gibt es noch nicht.

Sport in Hamburg durch hohe Energiepreise bedroht

Die dramatisch steigenden Kosten für Strom, Gas, Benzin und Heizöl drohen vor allem Vereine mit eigenen Anlagen in existenzielle Nöte zu stürzen. Mehrkosten für Energie von einer halben bis zu einer Million Euro im Jahr stehen im Raum, zusätzliche Ausgaben von oft mehr als zehn Prozent des Jahresetats. Sie können in den meisten Fällen nicht in vollem Umfang über angehobene Mitgliedsbeiträge aufgefangen werden. Das betrifft besonders kleinere Clubs und kommerzielle Fitnessstudios mit nur wenigen Hundert Mitgliedern. Einige von ihnen denken bereits ans Aufgeben. Gleichzeitig werden die Rufe nach Staatshilfen lauter.

„Wir haben schon vor der jetzigen Krise angefangen, energetische Sanierungen bei uns durchzuführen“, sagt Boris Schmidt, geschäftsführender Vorsitzender der TSG Bergedorf (rund 9500 Mitglieder). „In den vergangenen beiden Jahren der Pandemie haben wir für neue Heizungsanlagen und LED-Beleuchtung fast 500.000 Euro in nur einem Gebäude ausgegeben. Allein wegen der Umstellung auf LED konnten wir die Stromkosten dort um 70 Prozent reduzieren.“

Rund eine Million Euro Mehrkosten befürchtet

Dennoch: Die TSG Bergedorf rechnet zum neuen Jahr, wenn die alten Verträge ausgelaufen sind, mit Mehrkosten für Gas und Strom von rund einer Million Euro, „weil wir so viele Anlagen haben, unter denen auch ein Schwimmbad ist“. Das größte Problem sei aber, sagt Schmidt, dass der Bund die Förderprogramme nicht für Vereine öffnet, sondern nur Sportstätten des Staates damit saniert werden: „Allerdings liegt ein Drittel der Sportinfrastruktur bei den Vereinen und eben nicht beim Staat. Es erschließt sich mir daher nicht, dass Förderprogramme für Sanierungen nicht auch für Vereine wie uns geöffnet werden.“ Schmidt ist zugleich Vorsitzender des Freiburger Kreises, einem bundesweiten Zusammenschluss der Großsportvereine.

Andy Grote (SPD) weiß um diese Pro­blemstellung. „Wie schon in der Corona-Krise werden wir auch diesmal Vereine in existenziellen Notlagen nicht allein lassen“, verspricht Hamburgs Innen- und Sportsenator. Grote hat bereits Kontakt mit seinem Parteifreund Andreas Dressel, dem sportfreundlichen Finanzsenator, aufgenommen, um entsprechende Programme vorzubereiten. Das Sportamt diskutiert zudem mit dem Hamburger Sportbund (HSB) mögliche neue Fördermodelle. „Das ist nicht ganz einfach, weil die Vereine komplett unterschiedliche Formen der Energieversorgung haben“, sagt Sportstaatsrat Christoph Holstein (SPD).

„Wir wollen und müssen den Clubs jetzt helfen"

Unterstützung könnte auch aus Berlin kommen. Auf Initiative Hamburgs beschloss vor zwei Wochen die Sportministerkonferenz in München, von der Bundesregierung zu fordern, sie solle ein weiteres Förderprogramm zur energetischen Sanierung verbands- und vereinseigener Sportanlagen auflegen. „Wir wollen und müssen den Clubs jetzt helfen, mithilfe energetischer Modernisierung ihre Kosten zu senken und ihre Sportstätten durch Abkehr von fossilen Energieträgern und stärkerer Nutzung regenerativer Quellen zukunftsfest zu machen“, sagt Grote. „Die Clubs als Träger wesentlicher Teile der Sportinfrastruktur müssen in die Lage versetzt werden, dieser Herausforderung angemessen zu begegnen.“

Das Thema Energiesparen beschäftigt die rund 800 im HSB organisierten Vereine mit rund 500.000 Mitgliedschaften nicht erst seit diesem Frühjahr. Sanierungsmaßnahmen werden seit fast zwei Jahrzehnten vom Verband – und der Stadt – finanziell unterstützt. Der HSB kooperiert dabei mit Green Planet Energy (früher Greenpeace Energy), vermittelt den Vereinen Beratungsgespräche, will deren Bedarfe ermitteln und Einsparmöglichkeiten vorschlagen. Das Angebot wird intensiv genutzt. Eine Lösung der aktuellen Problematiken bietet diese Kooperation indes nicht, langfristig sollte sie aber Kosten sparen helfen ...

Beitragserhöhungen können Mehrkosten nicht auffangen

Die ersten angekündigten Preiserhöhungen sind inzwischen bei einigen Vereinen eingegangen und haben Angst und Schrecken verbreitet. Die Ausgaben für Strom und Gas würden sich demnach vervier- und verfünffachen. „Unser Stromliefervertrag läuft Ende des Jahres aus. Das aktuelle Angebot, das uns vorliegt, würde auf eine Verachtfachung des bisherigen Preises hinauslaufen. Wir rechnen derzeit mit Mehrkosten für Energie von etwa 500.000 Euro im Jahr, erhöhten sich die Preise von uns genutzter Fernwärme nur um rund 60 Prozent“, sagt Frank Fechner, geschäftsführender Vorsitzender des Eimsbütteler Turnverbandes (16.000 Mitglieder).

Die höheren Aufwendungen seien nicht allein mit den im Herbst geplanten Beitragserhöhungen um zehn Prozent aufzufangen, es müsse in vielen Bereichen weiter kräftig Energie gespart werden. Das ginge indes nicht überall, sagt Fechner: „Wir betreiben ein Lehrschwimmbecken, welches in der Regel mit 28 Grad Celsius beheizt ist. Da halte ich wenig davon, diese Temperatur um mehr als ein Grad abzusenken. Das wäre kontraproduktiv, da dann die Kinder anfangen zu frieren.“

Sport in Hamburg: Fechner hofft auf Hilfe vom Staat

Wie der Bergedorfer Schmidt erhofft sich Fechner Hilfe von Stadt und Staat, ohne die seien eine Großzahl der Vereine nicht überlebensfähig. „Wir haben gerade erst unsere Mitgliederzahlen von vor der Pandemie zurückerlangt und sehen uns nun der nächsten Krise ausgesetzt. Dabei weiß aktuell niemand, ob nicht auch die Corona-Lage im Winter wieder ernsthafter wird“, sagt Fechner.

Hartmut Wirl, Geschäftsführer des TuS Harburg-Wilhelmsburg, schlägt in der laufenden Diskussion vor, die Politik solle gemeinnützigen Vereinen Sondertarife gewähren und die Betriebskostenbeihilfe deutlich erhöhen, damit diese weiter ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nachkommen können. TuS Harburg nutzt das vereinseigene Bad vielfältig für Schwimmausbildung und Rehasport. „Kein Politiker weiß, wie viel Unterhalt so ein Schwimmbad kostet“, sagt Wirl. „Der aktuelle Betriebskostenzuschuss wird künftig definitiv nicht mehr den Sportbetrieb in den Vereinen sicherstellen.“