Hamburg. Die Hamburger Sexualtherapeutin Katrin Hinrichs erklärt, warum romantische Briefe mit Sex zusammenhängen – und was sie wertvoll macht.

Bei dem einen geht es um Rechtsmedizin und Kriminalfälle, bei dem anderen um unser Sexualleben. Immer im Wechsel finden Sie an dieser Stelle das Beste aus zwei unserer erfolgreichsten Podcasts. Heute das Thema bei „Ich frage für einen Freund“, dem Sex-Podcast für Erwachsene mit Journalist Hajo Schumacher und der Hamburger Sexualtherapeutin Katrin Hinrichs: Warum mehr Tinte auf dem Füller niemals schaden kann.

Hefte raus, jetzt wird geschrieben, und zwar mit der Hand – Anaïs Nin, Henry Miller und Charles Bukowski haben vorgemacht, wie erotisch Worte sein können. Also keine falsche Scheu, fordert Katrin Hinrichs und ermutigt Hajo Schumacher, der wieder für seinen etwas schüchternen Freund namens Lars fragt, zum Schreibgerät zu greifen und Zartes bis Hartes aufs Papier zu tupfen.

Beziehungen profitieren von Liebesbriefen

Denn was ist schöner und romantischer als ein paar unerwartete heiße Zeilen zu bekommen, einen herzlichen Dank für die letzte Nacht oder ein paar sinnliche Fantasien? Ob das altmodisch ist? Aber nein. Liebesbriefe – da sind sich beide einig – kommen nie aus der Mode und sind allemal erregender als digitale Ratzfatz-Kommunikation mit „HDL“ („Hab´ Dich lieb“) oder „MömiDiku“ (Möchte mit Dir kuscheln).

Vor zwei Wochen hatten Hinrichs und Schumacher ihre „Trilogie der Gefühle“ mit der „Kunst des Berührens“ begonnen, nun also geht es um die richtigen Worte und die passende Darreichungsform. Zuerst machen die beiden aber noch einen Exkurs durch die politische Landschaft und deklinieren durch, ob der aktuelle Kanzler, die beiden Vizekanzler oder der Oppositionsführer womöglich gute oder eher schlechte Liebhaber sind und welche Ausstrahlung sie so haben. „Ich finde den Habeck ganz hot“, bekennt die Hamburger Therapeutin, während Politik-Kenner Schumacher mutmaßt, manches an dessen Auftreten könne durchaus Fassade oder zumindest ein Schutzwall sein.

"Frau Baerbock ist ganz schön auffallend"

„Wie findest du denn die Frau Baerbock?“, fragt Hinrichs. Schumacher druckst etwas rum, bekennt dann aber: „Nun, gemessen an ihrer Konkurrenz – also deutschen Politikerinnen – ist sie schon ganz schön auffallend. Ich finde sie auf der einen Seite offen, aber auch ein bisschen zurückhaltend. Sie ist in puncto Männer sicher sehr wählerisch und hat sich eine sehr schöne Weiblichkeit erhalten.“

So geht es mit ein paar Namen noch ein wenig weiter, bis das eigentliche Thema zur Sprache kommt: die Kommunikation – und zwar per Brief. „Noch mal zu Habeck: Der ist als Philosoph, Lyriker und einfühlsamer Mensch sicher ein klassischer Liebesbrief-Schreibkandidat ...“, sagt Schumacher. „Meinst du?“, fragt Hinrichs. „Da müssten wir mal bei seiner Frau nachhören. Aber vorstellen kann ich mir das.“ Wenn es so sei, fände sie es jedenfalls gut, denn jeder Mensch, der noch einen solchen Brief schreibt, kämpfe gegen die Verwahrlosung des schriftlichen Austauschs.

Das Schreiben ist gar nicht so einfach

„Falls ich dich frage, Hajo, was für dich das schönste Geschenk zum Geburtstag ist, was sagst du dann? Ich könnte so eine Frage sofort beantworten ...“ Schumacher fällt nicht sogleich eine Antwort ein, weiß aber, worauf die Expertin hinauswill: „Eine billige Flasche Wein mit einer liebevoll, persönlich und ausführlich formulierten Glückwunschkarte ist mir ­sicher deutlich lieber als eine teure Flasche, bei der nur ,Alles Gute, Deine Katrin’ steht.“

Schumacher gesteht, dass er sich zur Vorbereitung auf diese Folge selbst an einem Liebesbrief versucht hat. Doch das sei, obwohl er berufsbedingt Schreibprofi ist, gar nicht so einfach gewesen. „Schon der erste Satz ist eine echte Herausforderung. Schreiben, zusammenknüllen, wegwerfen und neu anfangen – das passiert häufiger als erwartet.“ Grundsätzlich empfiehlt der Journalist, den Liebesbrief – wenn möglich – handschriftlich zu verfassen. Damit setze man bewusst einen Kontrapunkt zur verknappten Whatsapp-Kommunikation, die mit schönen Worten meist gar nichts mehr zu tun hat.

Für Liebesbriefe braucht es den richtigen Stift

„Einen Brief zu schreiben, hilft auch, die eigenen Gefühle zu sortieren – in der Verliebtheit ebenso wie in der Wut, der Angst oder der Reue“, ergänzt Hinrichs. Und wenn man es dann auch noch schafft, sich morgens schriftlich für eine tolle Nacht zu bedanken oder dafür, wie sehr man die Berührungen des anderen genossen hat, dann sei das „echt super“.

Kurz gesagt: Wer Liebesbriefe schreibt, der übt sich im Sex mit Worten. Für ein besonders wirksames Schriftstück sollte man bestenfalls zum passenden Stift greifen, rät Schumacher noch, der selbst übrigens verschiedenfarbige Tinten benutzt. „Wenn ich bestimmte Sachen schreibe, überlege ich mir vorher ganz genau, mit welchem Füller ich das mache.“

Beziehungen: Lesen eines Liebesbriefs kann erotisieren

Ob denn allein das Lesen eines Liebesbriefs erotisieren könne, will er noch wissen. „Ja, auf jeden Fall“, sagt Hinrichs, „das macht einen an. Aus meiner Praxis weiß ich, dass vor allem Frauen gerne zu erotischer Literatur greifen, um sich in Stimmung zu bringen – die wissen also meist genau, wie warme Worte auf sie wirken.“ Warum? Weil dann die Fantasie anspringt. Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte? Manchmal ist es genau andersherum.