Hamburg. 37,3 Grad gelten bislang als höchster Wert – dieser könnte jetzt geknackt werden. Auch Bäderland stellt sich auf die Hitzewelle ein.

Der Dienstag war schon sehr warm, doch heute könnte es so heiß werden wie noch nie: „Hamburg könnte nach den aktuellen Wetterdaten bis zu 38 oder 39 Grad bekommen und damit einen neuen Allzeitrekord“, sagte Diplom-Meteorologe Dominik Jung am Dienstag. Der bislang höchste Wert wurde 1992 an der Messstation in Fuhlsbüttel mit 37,3 Grad gemessen. Seit 1936 wird unter anderem dort das Wetter aufgezeichnet.

Zwar gebe es noch einen anderen, sehr alten Höchstwert, den Jung allerdings nicht als valide einstufen mag: „Es liegt noch der Wert von 38,8 Grad von einer Messstation in Bergedorf vor, 1923 soll es dort so heiß gewesen sein“, sagt er. Doch der Wetterfachmann hält diese Zahl für einen schlichten Übertragungsfehler. „Ich gehe davon aus, dass es sich um 33,8 Grad handelte, damals wurden die Daten noch per Hand eingetragen und beim Digitalisieren wurde aus der 3 eine 8.“

Wetter Hamburg: Nach Sonne folgt Regen

Experte Jung hatte nämlich alle umliegenden Wetterdaten des Stadtgebiets des betreffenden Tags des Jahres 1923 geprüft. „Die Werte lagen alle um die 30 Grad, deshalb ordne ich das als Messfehler ein.“ Indes ist es Donnerstag mit der Hitze wohl wieder vorbei: Nur 21 Grad und sogar Regen sind vorhergesagt.

Die Freibäder haben sich angesichts der Temperaturen auf einen Ansturm eingestellt. Der gestrige Dienstag und der heutige Mittwoch dürften laut Bäderland-Sprecher Michael Dietel die besucherstärksten Tage des Jahres werden. Aus diesem Grund öffnen Freibäder zusätzlich, die sonst eigentlich geschlossen wären: Marienhöhe und Osdorfer Born.

Schwimmbäder öffneten die Freibäder

Beide Anlagen hatten ihre Öffnungszeiten aufgrund des dramatischen Personalmangels bei Bäderland zu Beginn der Sommerferien eingeschränkt und bleiben tageweise geschlossen. Dasselbe gilt für die Sommerfreibäder Neugraben und Finkenwerder. Zudem wurden die Hallenbäder Blankenese, Elbgaustraße, Finkenwerder und Süderelbe gänzlich geschlossen – ebenso wie das Holthusenbad und die Saunen in allen Bäderland-Betrieben.

Kurzfristig wird für die zusätzliche Öffnung zusätzliches Personal benötigt, ebenso wie für den größeren Besucherandrang in allen Freibädern. „Dafür haben wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus ihren freien Tagen geholt“, sagt Sprecher Michael Dietel.

Bäderland hat zu wenig Personal

Denn die Personalsituation bleibt angespannt. Das liegt nicht nur daran, dass es in der ganzen Branche schwierig ist, geeignete Saisonkräfte zu finden. Die vorhandenen Mitarbeiter sind damit beschäftigt, ausgefallene Kinderschwimmkurse nachzuholen. Zudem führen Corona und andere Erkältungen zu einem hohen Krankenstand. Und Beschäftigte mit Kindern sind teilweise selbst im Urlaub.

„Wir versuchen mit Hochdruck, Rettungsschwimmer einzustellen“, sagt Dietel. Seit Jahresbeginn schaue man sich jede Woche oftmals 13 oder 14 Bewerber an. „Wir haben uns seit Jahresbeginn etwa 300 Bewerber angesehen und vielleicht 50 Menschen eingestellt“, sagt Dietel. Auf der anderen Seite gebe es auch altersbedingte Abgänge. Und coronabedingte Ausfälle nähmen mit der Sommerwelle wieder zu. An den 25 Bäderland-Standorten arbeiten rund 550 Mitarbeiter, etwa 400 von ihnen sind Rettungsschwimmer.

Bäderland-Betrieben haben Saunen geschlossen

Mit bangem Blick schauen die Badbetreiber aber derzeit auch – wie viele andere Branchen – auf die Energiekrise. Die Wassertemperatur der beheizten Ganzjahresfreibäder wurden bereits um drei Grad auf nun 25 Grad abgesenkt. Die Saunen in den Bäderland-Betrieben, die derzeit geschlossen sind, sollen nach dem Ende der Freibadsaison planmäßig eigentlich wieder angeheizt werden. Viel hängt aber davon ab, ob wieder Gas aus Russland fließen wird. Deren Wartung soll am Donnerstag abgeschlossen sein. Dann schlägt die Stunde der Wahrheit, wie groß die Gasnotlage in Deutschland sein wird.

Sollte von der Bundesregierung die dritte Stufe des Energie-Notfallplans ausgerufen werden müssen, das ist der Branche bewusst, dann sind auch die Bäder Teil der Infrastruktur, die in die Schließungsdiskussion einbezogen werden wird. Die Bäderallianz Deutschland als Zusammenschluss aller wichtigen Interessenvertreter der Bäder bundesweit hat dazu Mitte Juli einen Drei-Stufen-Plan vorgelegt und an die beteiligten Bundesministerien geschickt.

Wetter Hamburg: Wassertemperatur könnte gesenkt werden

Wenn Minderungen der Wärmeversorgung es notwendig mache, sollten erstens „hochtemperierte Außenbecken abgeschaltet werden, das bringt viel mehr Ersparnis als beispielsweise eine Temperaturminderung um zwei Grad, welches dann aber zu deutlichen Mindernutzungen in der Breite führen würde. Sollte das nicht ausreichen, sollten die Freibäder unbeheizt zum Saisonende gebracht und bei Schlechtwetter früher abgeschaltet werden“, heißt es. „Im zweiten Schritt sollten alle freizeitaffinen Becken (alles außer Sportbecken und Lehrschwimmbecken) außer Betrieb gehen. Im dritten Schritt sollte die Wassertemperatur in den verbleibenden Sport-/Lehrschwimmbecken auf maximal 26 Grad gesenkt werden.“

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Sollte es zu teilweisen oder vollständigen Schließungen kommen, müssten diese aus Sicht der Bäderallianz Deutschland im Hinblick auf die wichtige Aufgabe der Schwimmbäder abgefedert werden. Auch das Personal müsse man mit aufgestocktem Kurzarbeitergeld zu halten versuchen, sonst werde angesichts des schon bestehenden Fachkräftemangels aus einer vorübergehenden eine langfristige Schließung der Bäder-Infrastruktur werden.