Hamburg. Die Anästhesistin Julia Laage über die Angst der Patienten vor der Narkose – und warum ihre Arbeit der von Piloten ähnelt.
Wenn ein Patient Julia Laage gegenübersitzt, muss sie meist viel erklären. Denn die Hamburgerin ist Anästhesistin in der Facharztklinik Hamburg und Partnerin in der Anästhesie Gemeinschaftspraxis in der Martinistraße. Und gerade, wer zum ersten Mal eine Vollnarkose bekommt, ist oft in Sorge, er könne vielleicht danach nicht mehr aufwachen.
„Eine gute Aufklärung trägt zur Beruhigung bei, und wir versuchen, einfach zu vermitteln, dass wir die Patienten als Menschen sehen und nicht einfach nur als das nächste linke Knie und den rechten Fuß“, sagt die Ärztin. Man ziehe als Patient nicht eine Nummer, sondern ein relativ großes Team rücke in der Sprechstunde an und nehme sich dann Zeit, versichert die 43-Jährige im Podcast „Hamburger Klinikhelden“.
Krankenhaus Hamburg: Facharztklinik keine Privatklinik
Viele Hamburger haben von der Facharztklinik eine unklare Vorstellung. Man müsse sich das wie ein klassisches Krankenhaus vorstellen, sagt Laage: „Die Patienten kommen über ihre behandelnden Ärzte zu uns. Also das sind beispielsweise niedergelassene Orthopäden, Gynäkologen oder HNO-Ärzte, die ihre Patienten behandeln und vielleicht feststellen, dass sie operiert werden müssen, und die dann die Patienten bei uns persönlich operieren können.“ Es sei keine Privatklinik, wie viele Menschen irrtümlicherweise dächten, sondern ein ganz normales freies Krankenhaus.
„Und da kann sich jeder operieren lassen, ob privat oder kassenversichert.“ Die Facharztklinik habe sechs Operationssäle – und etwa 30 Operationen am Tag. Julia Laage arbeitet in einem Team aus zwölf festen Anästhesistinnen. „Wir achten darauf, dass niemand immer nur das eine oder das andere macht, weil man in allen Bereichen einfach fit bleiben möchte. Es ist ja schon immer ein kleiner Unterschied, ob ich jetzt eine Nasen-OP oder eine Hüft-OP betreue oder eine Wirbelsäulenoperation.“
Manche Patienten machen sich gesünder, als sie sind
Julia Laage übernimmt in der Facharztklinik unterschiedliche Aufgaben. Die Mutter von vier Kindern ist ziemlich perfekt organisiert, sie macht Dienstpläne, begleitet Operationen als Narkoseärztin, führt aber auch viele Aufklärungsgespräche, in denen sie abklärt, welche Vorerkrankungen ein Patient hat, und bespricht dann die passende Narkoseform.
Schummeln die Leute eigentlich mal beim Gewicht, was ja nicht ganz unwesentlich ist für die Berechnung der Narkose? Da seien die meisten doch recht ehrlich, sagt die Ärztin, aber manche machten sich gesünder, als sie eigentlich seien. „Da fragen wir dann schon sehr genau nach.“
Sorge vor der Übelkeit ist berechtigt
Und wie geht sie mit Ängsten der Patienten um? „Ich weiß, dass viele Leute Angst haben, nicht wieder aufzuwachen, aber das ist eigentlich unbegründet“, sagt die Narkoseärztin. Die Sorge vor Übelkeit nach dem Eingriff sei schon etwas berechtigter. „Wir geben uns wirklich große Mühe, weil wir ja auch ein reines Damenteam sind. Frauen sind davon leider auch noch häufiger betroffen als Männer, sodass da jeder von uns großes Verständnis hat.“ Deshalb werde sehr häufig Prophylaxe gegen Übelkeit und Erbrechen gegeben.
Wichtig sei auch, dass das Personal im gesamten Haus den Patienten sehr zugewandt sei. „Wir haben wahnsinnig nette Schwestern auf den Stationen, die sich wirklich viel Mühe geben. Wir haben tolle Pfleger, die die Patienten in den Operationssaal begleiten und wahnsinnig nette Anästhesieschwestern. Und wenn der Patient im OP-Bereich angekommen ist, merkt er, dass wir da alle Menschen sind, die Gesichter haben und nicht nur einfach grün angezogen sind und eine Haube und einen Mundschutz vorm Gesicht haben, sondern dass sie von uns persönlich angesprochen werden. Ich glaube, dann ist schon immer ganz viel gewonnen.“
Krankenhaus Hamburg: Narkose basiert auf drei Ebenen
Tatsächlich sei es aber denkbar, dass jemand während einer Operation aufwache, sagt die Anästhesistin. „Es kommt glücklicherweise ganz, ganz selten vor. Es gibt Eingriffe, wo das Risiko dafür höher ist, weil die Narkose vielleicht wirklich flach gefahren wird. Wir versuchen das in der Klinik zusätzlich abzusichern – bei uns bekommt jeder noch mal ein EEG mit, eingebaut mit drei Elektroden an der Stirn. Zusätzlich zu den normalen Vitalwerten kontrollieren wir, dass auch wirklich Tiefschlaf angesagt ist.“
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Eine Narkose basiere auf drei Ebenen – Schmerz-Ausschaltung, Bewusstseins-Ausschaltung und Muskelrelaxation (Entspannung der Muskeln). Julia Laage versichert, sie sei während der ganzen Operation an der Seite des Patienten, denn es könne ja zwischendurch Turbulenzen geben. „Wenn es richtig gut läuft, dann passiert einfach gar nichts. Das ist so ein bisschen wie beim Piloten im Flugzeug, nur Start und Landung sind mal so ein bisschen ruckelig. Das ist eigentlich das, was wir uns auch am ehesten wünschen, dass wir den Patienten da einfach ruhig durchfliegen können.“