Hamburg. Hausärzte warnen vor falschem Sicherheitsgefühl bei negativen Schnelltests – die meisten Erkältungen seien eigentlich Corona.

Halskratzen, Schnupfen, dicker Schädel: Derzeit sind viele Hamburger von Erkältungssymptomen betroffen. Weil die Schnelltests zu Hause negativ anzeigen, gehen die Betroffenen auch von einer normalen Erkältung aus. Doch Hausarzt Björn Parey warnt: „In 90 Prozent ist es eben doch Corona.“ Er appelliert, sich auch bei Schnupfen, Husten und Heiserkeit in Isolation zu begeben. Hamburgs Hausärzte raten zudem, sich bei einem Krankheitsgefühl lieber mehrmals und offiziell testen zu lassen. Doch das ist häufig gar nicht so leicht.

Die meisten seiner Patienten, die mit Erkältungssymptomen in seine Praxis in Volksdorf kommen, sind überzeugt, kein Corona zu haben. Schließlich hätten sie sich ja zu Hause selbst getestet. Doch von der Zuverlässigkeit der Schnelltests hält Björn Parey, der auch Vizevorsitzender der Vertreterversammlung in der Kassenärztlichen Vereinigung ist, nicht viel. Zu häufig sei das Testergebnis eben falsch. Denn die meisten seiner Patienten mit einer „harmlosen Erkältung“ hätten nach der Durchführung eines zuverlässigen PCR-Tests dann eben doch Covid-19.

Corona Hamburg: Mehrmals testen für höhe Sicherheit

Auch Pareys Kollegin Jana Husemann, Vorsitzende des Hamburger Hausärzteverbands, rät jedem mit Erkältung, sich mehrmals zu testen. „Wenn der Selbsttest zu Hause negativ ist, empfiehlt es sich; nach ein bis zwei Tagen erneut zu testen, unter Umständen war die Viruslast zum Zeitpunkt der Testung noch nicht hoch genug, um ein positives Ergebnis anzuzeigen.“

Ein positiver Selbsttest muss laut den Regeln der Hamburger Eindämmungsverordnung durch einen zertifizierten Test bestätigt werden, es muss aber nicht zwangsläufig ein PCR-Test sein. „Für ein Genesenenzertifikat ist allerdings ein PCR-Test vorgeschrieben.“

 „Wir haben immer noch eine Pandemie"

Warum diese ganze Testerei? „Wir haben immer noch eine Pandemie, Corona ist eben noch nicht vorüber“, warnt Björn Parey. Er rät jedem Menschen mit Symptomen, einen Schnelltest an einer offiziellen Teststation machen zu lassen oder einen PCR-Test beim Hausarzt, um sicherzugehen, dass keine Corona-Infektion vorliege. Die Tests an den offiziellen Stationen seien in den meisten Fällen dann doch noch zuverlässiger als die Tests zu Hause, so der Mediziner. So leicht scheint es aber nicht zu sein, sich mal eben professionell testen zu lassen. Und ein einheitliches Vorgehen der Arztpraxen in Hamburg gibt es gar nicht.

Wer Erkältungssymptome, aber keinen positiven Schnelltest hat und abklären möchte, ob doch eine Corona-Infektion vorliegt oder nicht, kann mit seiner Arztpraxis Glück haben oder Pech, wie bei der Stichprobe des Abendblatts, die Folgendes ergab: Der HNO-Arzt aus Eimsbüttel macht PCR-Tests nur, wenn zwei positive Schnelltests vorliegen.

Einige Ärzte machen keine Tests mehr

Der Hausarzt macht gar keine PCR-Tests mehr. „Das müssen wir nicht mehr. Der Betroffene muss eigenverantwortlich handeln und bei einem positiven Schnelltest fünf Tage in häuslicher Isolation bleiben und kann sich dann selbst wieder freitesten“, sagt die Sprechstundenhilfe am Telefon.

Die Regelung sieht laut der bundesweiten Coronavirus-Testverordnung vor, dass bei Symptomen nicht die Teststation, sondern ein Arzt aufgesucht werde, sagt Martin Helfrich, Sprecher der Gesundheitsbehörde. „Wer krank ist, soll zum Arzt.“ Einen kostenlosen Bürgertest in einer der Schnellteststationen erhalten unter anderem Menschen, die bereits einen positiven Schnelltest haben oder die zum Beispiel Angehörige mit einer Corona-Infektion im Haushalt haben. „Da genügt eine formlose Erklärung“, so Helfrich.

Schnelltests für zu Hause trotzdem sinnvoll

Er hält die Schnelltests für zu Hause weiterhin für sinnvoll. „Die sind ja baugleich mit denen aus den Testzentren und sind für die eigene Sicherheit sinnvoll.“ Weiterhin ein Anrecht auf kostenlose Bürgertests haben unter anderem vulnerable Personen und jene, die nicht geimpft werden können, also Kinder unter fünf Jahren und Schwangere im ersten Trimester. Außerdem Besucher, Mitarbeiter und Bewohner in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Eine genaue Auflistung bietet das Bundesgesundheitsministerium unter https://www.bundesgesundheitsministerium.de/coronavirus/

Egal, ob Erkältung oder doch eine Corona-Infektion – so oder so sollten Betroffene fünf Tage in häuslicher Isolation bleiben, um niemanden anzustecken und um selbst in Ruhe wieder gesund werden zu können. „Auch Erkältungskrankheiten sollten ja nicht weitergegeben werden“, so Parey. „Das sollte sich jeder hinter die Ohren schreiben, auch wenn es vielen schwerfällt, mal nichts zu tun und zu Hause zu bleiben.“

Corona Hamburg: Ruhe und Erholung wichtig

Denn jeder Tag, den man sich nicht ausruht, sagt er, verlängere eine Erkältung um zwei Tage. Die Therapie sei bei Corona und einer Erkältung die gleiche. Der Unterschied sei die Möglichkeit, an Long Covid zu erkranken. „Für 95 Prozent der Menschen ist eine Corona-Infektion harmlos, aber für die restlichen fünf Prozent nicht.“ Diese hätten etwa mit anhaltendem Geschmacks- und Geruchsverlust nach der Corona-Infektion zu tun.

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Oder anderen schwereren Long-Covid-Symptomen wie etwa Müdigkeit, Erschöpfung und eingeschränkte Belastbarkeit, Kurzatmigkeit, Konzentrations- und Gedächtnisprobleme, Schlafstörungen sowie Muskelschwäche und -schmerzen. Und niemand weiß, welche Auswirkungen eine Corona-Infektion denn nun hat, auch wenn Geimpfte in den meisten Fällen einen schwachen Verlauf haben.