Hamburg. Nach dem Beschluss, die bisherigen kostenlosen Corona-Bürgertests abzuschaffen, kommen viele Fragen auf – und Kritik.

Während die Temperaturen steigen, die Maskenpflicht und die Zugangsregelungen fast gänzlich gefallen sind, naht nun das Ende der kostenlosen Bürgertests. Ab dem 30. Juni muss bis auf wenige Ausnahmen jeder drei Euro zahlen, der einen Schnelltest in einer zertifizierten Teststelle machen will, wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vergangene Woche in Berlin mitteilte.

Gratis sollen Corona-Tests dann nur noch für einige wenige sein, darunter vulnerable Gruppen wie Kinder bis fünf Jahre, Frauen zu Beginn der Schwangerschaft und Besucher von Kliniken und Pflegeheimen. Kritik kommt nicht nur vom Deutschen Hausärzteverband, dessen Vorsitzender Ulrich Weigeldt die neue Verordnung als „Bürokratiemonster“ bezeichnete. Auch bei den Betreibern von Testzentren wächst angesichts der neuen Regeln die Unsicherheit, was deren Durchführung betrifft.

Corona Hamburg: Das Ende der Gratis-Teststationen

„Die Umsetzung mancher Aspekte klingt schwierig“, sagt Kiez-Gastronom und Betreiber der Corona Freepass-Testzentren Axel Strehlitz. „Wie soll ich denn nachweisen, dass ich beispielsweise meine Mutter im Pflegeheim besuchen gehe?“ Gleichzeitig warnt er vor den Folgen des Endes der kostenlosen Bürgertests: „Das kann echt ins Auge gehen, viele wollen vielleicht nicht mehr wissen, ob sie positiv sind, weil es dann ja Geld kostet.“ Bei weniger Testungen sei auch das Infektionsgeschehen schwerer zu überblicken.

Er gehe zum jetzigen Zeitpunkt jedoch nicht davon aus, Teststationen schließen zu müssen. „Wir glauben, dass die Zahlen wieder steigen.“ Allerdings müssten die jeweiligen Standorte auch rentabel sein. Im vergangenen Sommer seien deshalb bereits rund zwei Drittel der Corona Freepass-Standorte aufgrund der geringeren Nachfrage sukzessive geschlossen worden. Aktuell gebe es in Hamburg noch acht. „Das ist ärgerlich für manche Nachbarschaften, aber das Angebot wird sich auch künftig auf profitable Teststationen konzentrieren.“

Auch für Testzentren kann es schwierig werden

Angesichts der ebenfalls geplanten Reduzierung des Betrags, den die Testzentren pro Test vom Bund bekommen, könnte es für manche Testzentren jedoch noch schwieriger werden. So soll die Summe von derzeit 11,50 Euro auf 9,50 Euro pro Test gesenkt werden. Davon entfallen drei Euro auf den Bürger, wodurch der Staat dann nur noch 6,50 Euro zahlt. Die Vergütung sinkt somit insgesamt um zwei Euro. „Wir müssen gucken, dass wir da zurecht kommen“, sagt Strehlitz. An manchen Standorten sei die Personalstärke bereits reduziert worden.

Sinan Bilir-Lenz, einer der Betreiber der TestMe-Testzentren, blickt der neuen Verordnung ebenfalls mit gemischten Gefühlen entgegen. „Das mit den Nachweisen könnte problematisch werden.“ Ihn treibt zudem noch eine weitere Sorge um. „Wir befürchten, dass manche Betreiber auf die drei Euro verzichten, um Kunden anzulocken.“ Das könnte die Konkurrenzsituation erhöhen und eine Kettenreaktion zur Folge haben, so Bilir-Lenz. Grundsätzlich begrüße er jedoch die Einführung der kostenpflichtigen Corona-Tests, „weil sich dann nur noch diejenigen testen lassen, die auch wirklich einen Grund haben“. Auch er glaube nicht, einen der neun Standorte schließen zu müssen. Durch die neue Regelung sieht er vor allem Probleme für Betreiber von Teststationen im ländlichen Bereich, bei denen wenig getestet wird. An gut besuchten Standorten könnte der künftige Wegfall von zwei Euro pro Test hingegen kompensiert werden.

Strittig ist zudem noch, wie die Bezahlung erfolgen soll. „Es wäre der totale Horror für uns, wenn das Geld in bar gezahlt wird“, sagt Testzentrum-Betreiber Strehlitz. Bislang sei Bargeld an den Corona Freepass Teststationen im Sinne des Infektionsschutzes untersagt gewesen. „Wir wünschen uns, dass man im Internet bucht und das online bezahlt. Sonst müsste man nach jeder Münze die Handschuhe wechseln.“ Zudem sei eine Barzahlung aus seiner Sicht manipulationsanfällig. „Ich hoffe, dass es in der neuen Testverordnung festgelegt ist.“

Auch Betreiber Sinan Bilir-Lenz sagt: „EC-Karten sind aus hygienischen Gesichtspunkten die beste Möglichkeit.“ Es werde jedoch auch überlegt, eine Barzahlung an den Teststationen von TestMe einzuführen. „Gerade älteren Menschen haben mit Kartenzahlung häufig Probleme.“

Nachfrage nach Corona-Schnelltests seit Januar stark gesunken

Unterdessen hat die Nachfrage nach Schnelltests bereits seit Januar stark nachgelassen. An einem der meistfrequentierten TestMe-Standorte in der Osterstraße in Eimsbüttel würden aktuell bis zu 200 Tests am Tag durchgeführt, sagt Co-Betreiber Bilir-Lenz. „Im Januar, dem Monat mit den meisten Testungen, waren es noch 800.“ Er schätzt hingegen, dass sich der Betrieb an der Station trotz der neuen Vergütung auch bei 100 Tests am Tag noch rechnen würde.

Bei den Corona Freepass-Teststationen laufe der Standort am Hamburger Hauptbahnhof am besten, sagt Betreiber Strehlitz. Dort würden derzeit im Schnitt 150 Tests pro Tag durchgeführt. „Wir hatten aber schonmal das Zehnfache.“ Doch nicht nur dort wird aktuell weniger getestet. An allen acht Standorten zusammen seien in der vergangenen Woche 90 Prozent weniger Tests durchgeführt worden als in einer Vergleichswoche im Januar. Gleichzeitig habe die Anzahl der positiven Testungen zugenommen – im Vergleich zu Januar habe sich der Anteil vervierfacht, so Strehlitz. „Aktuell ist jeder sechste Test an den Stationen positiv. Das ist echt viel.“

Corona Hamburg: Inzidenz steigt wieder

Auch ein Blick in die derzeit nicht mehr täglich vermeldeten Corona-Zahlen zeigt, dass die Sieben-Tage-Inzidenz in Hamburg am Dienstag auf 707,2 geklettert ist. Am Dienstag vergangener Woche hatte sie noch bei 662,6 gelegen.

Testzentrum-Betreiber Strehlitz selbst will für den Herbst gewappnet sein. Bereits in dieser Woche habe er neue Testkits geordert – mit einer besonderen Zusatzfunktion. „In Zukunft wollen wir Testkits nutzen, die neben einer Infektion mit dem Coronavirus auch eine Influenza-Infektion erkennen.“