Kann man wirklich sein ganzes Leben zusammen glücklich sein? Katrin Hinrichs und Hajo Schumacher klären auf, wie das gehen könnte.

Bei dem einen geht es um Rechtsmedizin und Kriminalfälle, bei dem anderen um unser Sexualleben. Immer im Wechsel finden Sie an dieser Stelle das Beste aus zwei unserer erfolgreichsten Podcasts. Heute das Thema bei „Ich frage für einen Freund“, dem Sex-Podcast für Erwachsene mit Journalist Hajo Schumacher und der Hamburger Sexualtherapeutin Katrin Hinrichs: alte Ehepaare und das Liebesglück der späten Jahre.

„Kann man wirklich fast sein ganzes Leben lang zusammen glücklich sein? Gibt es vielleicht sogar ein paar Regeln, die helfen? Oder ist das so unwahrscheinlich wie ein Millionengewinn im Lotto?“, fragt Schumacher. Doch, das sei möglich, antwortet Hinrichs, obwohl manches dem entgegenstehe, etwa der „alltägliche ehe­liche Sadismus“ oder die Tatsache, dass Verliebtheit in der Regel viel kürzer anhalte als eine lange Liebe und auch grundsätzlich etwas ganz anderes sei. „Es gibt Paare, die sich nach 20 oder 30 gemeinsamen Jahren noch lieben, und manchmal sind sie sogar noch auf eine gewisse
Weise verliebt.“ Die Anthropologin Helen Fisher aus Amerika – sie gilt als Koryphäe auf dem Gebiet der Beziehungsforschung – habe bei ihren Studien Paare gefunden, die sich die Liebe nachprüfbar bewahrt haben. Wie sie das festgestellt hat? „Fisher hat per Hirnscan angeschaut, wie die unterschiedlichen Areale des Gehirns arbeiten und wie gewisse Botenstoffe dort reagieren.“

Liebesglück in einer langen Beziehung: Zwei verschiedene Typ Mensch

Dabei sei auch herausgekommen, dass man zwei verschiedene Typen von Menschen unterscheiden könne: dem Gründertyp und dem Entdeckertyp. „Ich kenne die Unterscheidung zwischen Jäger und Sammler“, sagt Schumacher, „der Sammler gilt als häuslicher und familiärer, übrigens unabhängig vom Geschlecht.“ Das sei hier konkret nicht ganz so gemeint, erklärt Hinrichs, auch wenn es gewisse Parallelen zwischen Sammler und Gründertyp gebe und zwischen Jäger und Ent­deckertyp. „Fisher ordnet den Gründer­typen nämlich die Serotonintypen zu. Die sind eher vorsichtig, machen Pläne, lieben Ordnung und Regeln und gründen gerne Familien. Denen gegenüber stehen die sogenannten Dopamintypen, das sind Entdecker, kreative Typen.“ Bei beiden Typen, also Gründer und Entdecker, ließen sich zwar auch beide Botenstoffe im Gehirn nachweisen, aber in unterschiedlicher Gewichtung in bestimmten Situationen.

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Bedenke man nun das bekannte Sprichwort „gleich und gleich gesellt sich gern“, komme man dem Geheimnis einer langjährig glücklichen Beziehung schon ein wenig klarer auf die Spur. Gründer passen demnach besser zu Gründern, Entdecker besser zu Entdeckern. Das sei zwar keine Garantie, weil noch eine Reihe weiterer Faktoren relevant seien, aber schon mal ein Anfang. Eine andere Sache seien die „Gewichte, die uns herunterziehen“. „Darüber könnte ich eine halbe Nacht lang erzählen“, sagt Hinrichs. „Gemeint sind die Dinge, die unsere Beziehung schwer
werden lassen, also Kritik, Selbstzweifel, Rechtfertigungen. Was aber das Tödlichste ist für eine Beziehung, ist die Verachtung. Und diese wird oft auch nonverbal gezeigt.“ Falls einer zum Beispiel immer nur mit den Augen rollt, wenn der andere etwas für ihn Interessantes erzählt, oder einfach aufsteht, bevor der Satz zu Ende ist, dann blühe der Beziehung nichts Gutes. Ebenso, wenn einer immer alles bestimme und der andere nie mit einbezogen werde.

In jeder guten Ehe gibt es mal Streitereien

Daneben gebe es aber auch „Ballons“, die das Gegenteil in einer Beziehung bewirken, ein Uplifting sozusagen. „Das ist bestimmt etwas, das die Liebe trägt, befördert, immer wieder leicht macht?“, fragt Schumacher. „Ganz genau“, sagt Hinrichs. „Wenn du positiv über den anderen denkst und dann auch positiv mit ihm umgehst, ist schon viel gewonnen. Zudem ist emotionale Kommunikation ganz wichtig, zum Beispiel wenn es dem einen mal körperlich oder mental schlecht geht und dieser Ängste entwickelt. Wenn man dann jemanden hat, der eine Last mit aufnimmt, schafft das viel Intimität.“

Dass es in jeder guten Ehe mal Streitereien gebe, sei klar, betont Hinrichs, auch dass dann die sogenannten vier Teufel der Kritik angeritten kämen. „Welche sind
damit noch mal gemeint?, fragt Schumacher. „Wie eben schon gesagt, die Kritik als solche, die Rechtfertigung, die Verachtung – und dann obendrauf noch das Mauern“, erklärt Hinrichs. Aber: „Wenn man nicht die Person kritisiert, sondern nur ein gewisses Verhalten, dann kann Kritik durchaus auch in langjährigen Beziehungen noch konstruktiv sein.“

Schumacher fühlt sich ein wenig ertappt, kenne er doch alle Teufel aus persönlicher Erfahrung – auch die schweigsame Flucht nach einem Streit. „Ne, das ist keiner der Teufel, sondern ein Rettungsanker“, widerspricht Hinrichs, damit könne man manche Situationen tatsächlich entschärfen, allerdings sollte man nicht zugleich mauern. Sie selbst habe nach einem Zwist dem Partner schon mal einen Finger ins Ohr gesteckt. Zwei weitere Ballons seien gute Gespräche, bei denen das Smartphone in der Tasche bleibt, und natürlich die Berührungen des Alltags, die ganz ohne explizite Gedanken erfolgen.