Hamburg. Hamburgs Verbraucherschutzsenatorin kündigt einen entsprechenden Vorstoß an. Welche Grundnahrungsmittel günstiger werden sollen.
Angesichts stark steigender Preise will sich Hamburg für eine Abschaffung der Mehrwertsteuer auf bestimmte Lebensmittel einsetzen. Verbraucherschutzsenatorin Anna Gallina von den Grünen will bei der kommenden Sitzung mit ihren Amtskolleginnen und -kollegen der Länder am 15./16. Juni in Weimar einen entsprechenden Vorstoß unternehmen.
Eine ausgewogene Ernährung dürfe nicht an den Kosten scheitern, sagte Gallina dem Radiosender NDR 90,3. Obst und Gemüse, Eier, Fisch, Getreide, Hülsenfrüchte und Milchprodukte sowie deren pflanzliche Alternativen sollten durch die Mehrwertsteuerbefreiung günstiger werden.
„Der russische Angriffskrieg verursacht nicht nur unermessliches Leid in der Ukraine, er macht auch das Leben in Deutschland teurer“, sagte Gallina. „Das trifft die Verbraucherinnen und Verbraucher mit voller Wucht, vor allem Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen.“
Mehrwertsteuerbefreiung für Lebensmittel soll Haushalte entlasten und Klimaschutz fördern
Angesichts der Inflation und stark steigender Preise hatten Agrarminister Cem Özdemir und weitere grüne Bundespolitiker die Abschaffung der siebenprozentigen Mehrwertsteuer auf Lebensmittel vorgeschlagen.
Sie erhoffen sich von der Maßnahme nicht nur, die Preisspirale zu bremsen, sondern auch, die klimafreundliche Lebensmittelproduktion zu fördern. Auch die AfD und der Bundesverband der Verbraucherzentralen erheben ähnliche Forderungen.
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Finanzminister Christian Lindner (FDP) und weite Teile der SPD hatten sich allerdings skeptisch geäußert. Auch die CDU sieht eine solche Maßnahme kritisch, weil sie auch Haushalte entlastet, denen die hohen Preise weniger Probleme bereiten. Ähnlich äußerte sich der Handelsverband Deutschland.
Handelsverband Nord gegen Wegfall der Mehrwertsteuer
Auch der Handelsverband Nord hat die Pläne von Hamburgs Verbraucherschutzsenatorin massiv kritisiert. Es sei „die falsche Stellschraube“, um die aktuellen Probleme beim Preisanstieg in den Griff zu bekommen, sagte die Geschäftsführerin des Verbandes, Mareike Petersen, am Dienstag. Der durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine mitverursachte Preisanstieg stelle vor allem Menschen mit geringen Einkommen vor große Schwierigkeiten. Dort müsse auch gezielt angesetzt werden.
„Wir sind uns mit den Sozialverbänden absolut einig, dass die Bundesregierung sicherstellen muss, dass Menschen mit kleinerem Einkommen weiterhin in der Lage sind, ihre Grundversorgung zu sichern“, sagte Petersen. „Aus unserer Sicht ist das Drehen an der Mehrwertsteuerschraube aber dazu nicht der richtige Ansatzpunkt.“
Stattdessen solle die Bundesregierung die staatlichen Leistungen den gestiegenen Preisen anpassen „und gegebenenfalls bei ihrem Entlastungspaket entsprechend nachbessern“, sagte sie. „Das ist zielgenauer und hilft genau dort, wo es nötig ist. Das Mehrwertsteuerrecht in Deutschland ist schon kompliziert genug, weitere neue Differenzierungen führen in die Irre.“
Preise für Nahrungsmittel stiegen so stark wie noch nie
Die Erzeugerpreise für landwirtschaftliche Produkte waren laut Statistischem Bundesamt im April im Vergleich zum Vorjahresmonat um 34,7 Prozent gestiegen – die höchste Teuerung seit Beginn der Erhebung 1961. Verbraucher- und Sozialverbände fordern deshalb eine breite Entlastung.
In Deutschland beträgt die Mehrwertsteuer im Normalsatz 19 Prozent. Der reduzierte Satz von sieben Prozent subventioniert Produkte, die dem Gemeinwohl dienen, darunter auch Grundnahrungsmittel wie Milch, Fleisch und Backwaren.