Hamburg. Seuchenstab wurde bereits einberufen. Ausbreitung soll verhindert werden. Infektiologe sagt, was man über Affenpocken wissen muss.

Nach dem ersten bestätigten Fall von Affenpocken in Hamburg wurde jüngst der Seuchenstab einberufen. Wie der Infektiologe Dr. Stefan Schmiedel vom Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) bereits am Dienstag bestätigte, würden Maßnahmen diskutiert, um die Ausbreitung zu verhindern. Das ist die übliche Vorgehensweise bei diesen seltenen, aber ansteckenden Erkrankungen.

Affenpocken in Hamburg – dritter Fall registriert

Durch die Erfahrungen der Corona-Pandemie haben sich die Experten und Behörden an einen alten Grundsatz der Bekämpfung grassierender Infektionen erinnert: früh und entschieden vorzugehen. Wie die Sozialbehörde am Freitag auf Anfrage bestätigte, gibt es inzwischen drei bestätigte Fälle von Affenpocken in Hamburg.

"Aus Gründen des Sozialdatenschutzes können zu den betroffenen Personen keine personenbezogenen Angaben gemacht werden", sagte Sozialbehördensprecher Martin Helfrich dem Abendblatt. Es gebe bislang aber keine Fälle, in denen sich aus den Infektionen lebensbedrohliche oder sehr schwere Krankeitsverläufe ergeben hätten.

Affenpocken in Hamburg: Seuchenstab einberufen

Der 32 Jahre alte Mann aus Hamburg, bei dem die Mediziner des UKE als erstes per PCR-Test Affenpocken nachgewiesen haben, hatte sich offenbar selbst in die Uniklinik begeben. Oberarzt Schmiedel berichtete Anfang der Woche, der Patient habe typische Symptome gezeigt. Der Mann habe einen ausgeprägten Hautausschlag, insbesondere im Bereich der Genitalien. Im Prinzip zeige der Mann außerdem die Grippe­beschwerden mit Fieber.

„Aber im Zusammenhang mit Meldungen, die seit Tagen kursieren, gab es einen Verdacht auf Affenpocken, den wir im eigenen Labor diagnostiziert haben. Wenige Stunden später wussten wir: Es ist tatsächlich der erste Fall von Affenpocken in Hamburg.“

Affenpocken in Hamburg: Das sagt der Infektiologe

Was die Verbreitung der Affenpocken betrifft, geht Schmiedel nicht davon aus, dass es eine Dynamik wie beim Corona­virus geben wird. Dennoch seien Schutzmaßnahmen sinnvoll. Übertragen würden die Affenpocken bei anhaltendem engen Kontakt, üblicherweise bei sexueller Aktivität. Auch in Kitas könnten sich theoretisch Kinder und Erzieher bei engem Kontakt infizieren, dieses Szenario sei aber nicht besonders wahrscheinlich.

Der erste Patient hat laut eigenen Angaben nach seiner Infektion keine weiteren engen Kontakte gehabt. Menschen mit Verdacht auf Affenpocken sollen sich isolieren. Nach Angaben der Sozialbehörde beträgt die Quarantänefrist regelhaft 21 Tage. UKE-Experte Schmiedel sagte, es handele sich im Wesentlichen um eine Hauterkrankung. Die Affenpocken sorgten bei dem 32-Jährigen nur für „milde virale Syndrome“. Man könne sie zum Beispiel mit einer Herpes-Infektion vergleichen. Allerdings verursache ja auch diese unangenehme Schmerzen.

Nur in Ausnahmefällen überhaupt springe die Krankheit von Affen auf den Menschen über. Es gebe eine Impfung, aber 100-prozentig sei auch dieser Schutz nicht. Schwerere Verläufe hätten nur Menschen mit Immunschwächen, möglicherweise auch Schwangere oder kleine Kinder sowie HIV-Infizierte. Ein Medikament gegen Affenpocken gibt es aktuell nicht.

Affenpocken: Impfung bietet keinen 100-prozentigen Schutz

Hamburgs Patient Nummer eins befindet sich in der sogenannten Bernhard-Nocht-Klinik des UKE. Das ist die Infektionsabteilung der 1. Medizinischen Klinik und Poliklinik in Eppendorf. Hier werden besondere Fälle aus den Bereichen Infektiologie, Tropenmedizin und Gastroenterologie versorgt. „Ich gehe davon aus, dass der Patient in Kürze in die häusliche Isolierung entlassen werden kann“, sagte Schmiedel. Zum zweiten bestätigten Fall gab es am Dienstagabend noch keine weiteren Angaben der Behörde.

Zurzeit betreffen Affenpocken in Deutschland Einzelfälle, denen enge, zumeist sexuelle Kontakte vorausgingen. Betroffen waren zunächst vor allem Männer, die enge Kontakte zu anderen Männern hatten. „Bei normalen sozialen Kontakten wurde bisher keine Übertragung nachgewiesen“, sagte Schmiedel. „Wir gehen davon aus, dass das zunächst so bleibt.“ Zurückhaltung bei sexuellem Verkehr könne also helfen. Kondome schützten nicht. Man müsse die Krankheit ernst nehmen. „Die Gesundheitsbehörden sind europaweit alarmiert.“

Affenpocken: Bundesweit 65 Fälle registriert

Die Zahl der registrierten Affenpocken-Fälle in Berlin hat sich in den vergangenen Tagen mehr als verdoppelt – allerdings auf niedrigem Niveau. Mit Stand Donnerstagabend waren in der Hauptstadt 39 Infektionen registriert worden, neun Patienten seien im Krankenhaus, wie eine Sprecherin der Gesundheitsverwaltung via Twitter mitteilte.

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Am Dienstag hatte Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) von 18 bestätigten Fällen und sieben weiteren Verdachtsfällen gesprochen. Die ersten Fälle in Berlin waren vor knapp zwei Wochen bekannt geworden. Aus Expertensicht sind weitere Infektionen zu erwarten.

Bundesweit wies das Robert Koch-Institut (RKI) am Freitag 65 Nachweise von Affenpocken aus. Die Zahl der Bundesländer, die die eigentlich seltene Virus-Erkrankung meldeten, lag demnach bei neun: Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt.