Hamburg. Josephine Teske hat eine riesige Fan-Gemeinde auf Instagram. Jetzt predigt sie auch in Hamburg. Wie sie ihre Follower in den Bann zieht.

Die Sonne scheint, und die Vögel zwitschern, als Josephine Teske in ihrer glänzend gelben Bomberjacke hinter der menschenhohen Hecke hervorgelaufen kommt. Es ist ruhig an diesem Nachmittag in Rahlstedt. Vereinzelt hört man Rasenmäher aus der Nachbarschaft brummen. Ein Kind schaukelt auf dem Spielplatz neben dem Gemeindegarten, in dem Teske sitzt. Die 35-Jährige, die von ihren Freunden liebevoll „Phine“ genannt wird, ist Theologin und seit Kurzem eine von zwei Pastorinnen der Gemeinde Meiendorf-Oldenfelde.

Und ihre Kirchengemeinde dürfte sich zeitnah über deutschlandweite Bekanntheit freuen. Denn Teske, die seit November auch Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche (EKD) ist, kommt nicht allein. Neben ihren beiden Kindern (6 und 9 Jahre alt) hat die Theologin gleich 36.000 Instagram-Follower im Schlepptau. Und das hat einen Grund: Sie schafft es, auch in Zeiten von sinkenden Kirchenmitgliederzahlen, die Menschen mit ihrer besonderen Art zu begeistern.

Soziale Medien: Andachten auch im Internet

„Kirche ist für mich da, wo die Menschen sind“, sagt Teske selbstbewusst, während ihre goldenen Creolen hin und her wackeln. Weil die 35-Jährige nicht darauf warten wolle, dass die Menschen zu ihr kommen, feiere sie ihre Andachten auch im Internet. „Das ist schließlich auch eine Gottesdienstform“, sagt sie und grinst.

Doch auch abseits des Internets veranstaltet die Pastorin an eher unkonventionellen Orten Gottesdienste, wie etwa auf einem Spielplatz oder in einer Bäckerei. „Damit erreiche ich ganz andere Leute“, so die 35-Jährige. Mit „ganz anderen Leuten“ meint Teske Menschen, die „neugierig“ sind oder sich vielleicht ein Stück weit von der Institution Kirche entfernt hätten. Gleichzeitig meint Teske aber auch jene, die eine gewisse Sehnsucht in sich spürten.

Teske lässt Follower an Alltag teilhaben

„Man fühlt sich in einem Kirchengebäude ja auch ganz schön fremd, wenn man dort lange nicht war, und fragt sich vielleicht, wie man sich bewegen soll oder ob man lachen darf.“ Weil sich an einem neutralen Ort wie dem Spielplatz zunächst einmal alle Personen fremd fühlten, feiere Teske gerne außerhalb der Kirche Gottesdienst. Dort könne die geborene Templinerin auch „einfach anders sprechen“.

Zu Teskes unkonventioneller Art gehört auch, dass sie ihre Follower tagtäglich mit auf eine Reise durch ihren Alltag als Pastorin, alleinerziehende Mutter, aber auch als Frau nimmt. Dass dies rund 40.000 Menschen verfolgen, erklärt sich die Theologin mit ihrer nahbaren Art: „Ich zeige offen meine Schwächen und auch das, was in meinem Leben nicht funktioniert.“

„Ich war wirklich kurz davor aufzuhören“

Und so kommt es, dass man Teske auch mal kurz nach dem Weinen sieht oder in Situationen, in denen sie Gott gerade „nicht hört“. So wie damals, als die Theologin während ihres Studiums eines ihrer Kinder verliert und in eine tiefe Glaubenskrise sinkt. „Ich war wirklich kurz davor aufzuhören“, sagt Teske mit einem ernsten Blick. „Ich bin ja eine Sternenkind-Mama und von nichts mehr zu erschüttern“, sagt die 35-Jährige und schaut auf ihre Wasserflasche, die vor ihr auf dem Tisch steht.

Seit diesem Erlebnis habe sich ihre Motivation, Pastorin zu werden, von Grund auf geändert. „Es war nicht mehr dieses Gemeinschaftsgefühl, was mich antrieb, sondern ich wollte Seelsorgerin sein. Ich wollte für Menschen in solch schweren Zeiten da sein und wusste plötzlich, was es heißt, Tod, Trauer und auch die Auferstehung zu erleben.“ Dass Auferstehung nicht nur zu Ostern stattfinde, sondern es „in unserem Leben immer wieder eine Auferstehung gibt“, Zeiten, in denen Teske spüre: „Ich lebe, ich kann wieder glücklich sein“.

Viele Sternenkind-Mamas unter ihren Followern

Auch davon erzählt die Pastorin ihren Followern. Unter ihnen seien auch „viele andere Sternenkind-Mamas, alleinerziehende Mütter oder junge Pastorinnen“, wie Teske sagt. „Instagram hilft dabei, dass Menschen Kirche nutzen können, wie und wann sie es wollen und wie sie es brauchen“, so Teske. Auch wenn es der Pastorin zufolge merkwürdig für andere Menschen klingen mag: Mit dem Verlust ihres Kindes habe sie eine Erfahrung gemacht, die für ihren Beruf auf eine gewisse Art „gewinnbringend“ gewesen sei.

Gerade in dem Sich-Öffnen und Selbst-Geben sehe die 35-Jährige ihre größte Stärke. Doch das sei nicht immer so gewesen: „Ich dachte immer, das sei meine Schwäche und wird mit Sicherheit ausgenutzt und mir irgendwann auf die Füße fallen.“ Erst die Gemeindearbeit habe Teske gezeigt, dass genau das, was sie tue, wie sie zuhöre oder sich als Beispiel gebe, „Menschen stärkt, sich zu öffnen und von sich zu erzählen“.

Teske durch Instagram im wahren Leben mutiger geworden

Ihre nach eigenem Empfinden „sehr wertschätzende und respektvolle“ Instagram-Community habe sie sogar im realen Leben mutiger werden lassen, verrät Teske. Angefangen habe die Pastorin mit Instagram, als sie vor vier Jahren nach ihrem Theologiestudium in Rostock in der Nordkirche in Büdelsdorf als Pastorin anfing. Dort bestand sogar ein offizieller Teil ihrer Arbeit aus der „Digitalen Kirche“. In Hamburg werde Teske Instagram hingegen lediglich neben ihrer Arbeit nutzen, da ihre Stelle dies nicht vorsehe.

Dadurch, dass zur Tätigkeit als Pastorin auch viel Verwaltung anfällt, fühlte sich die 35-Jährige anfangs nicht ganz wohl in ihrem Beruf. „Das hatte alles gar nichts damit zu tun, weshalb ich diesen Beruf überhaupt ergriffen habe. Als ich aber mit Instagram begonnen habe, war da plötzlich der Ort, an dem ich über den Glauben und mit anderen darüber sprechen konnte, an was sie glauben. Das hat mich sozusagen damals gerettet.“

Auf der Kanzel haben private Details nichts zu suchen

Doch obwohl sie auf der Plattform zwar „sehr persönlich“ sei und viel von sich erzähle, sei dies nicht unbedingt privat, erklärt die 35-Jährige. Im Gottesdienst auf der Kanzel hingegen hätten diese Details aus ihrem Leben „nichts zu suchen“. Dort stelle sie ihr Wesen eher in den Hintergrund, so die Theologin.

Dass Teske nun nach Hamburg gezogen ist, rühre daher, dass die 35-Jährige „schon immer“ in der Hansestadt leben wollte. „Vielleicht wegen des Hafens“ fühle sie sich hier „einfach frei“, sagt sie mit einem breiten Grinsen auf den Lippen. Ein anderer Grund sei aber auch die Nähe zu Teskes vier Geschwistern, die allesamt in Hamburg leben.

Soziale Medien: Gottesdienst in der Matthias-Claudius-Kirche

Wer gerne einmal einen klassischen Gottesdienst von Josephine Teske besuchen möchte, kann dies am 12. Juni in der Matthias-Claudius-Kirche (Wolliner Straße 98, 10 Uhr). Einen nach eigenen Angaben eher unkonventionelleren Gottesdienst wird es hingegen am 26. Juni um 10 Uhr in der Dietrich-Bonhoeffer- Kirche (Greifenberger Straße 56) geben. An diesem Tag wird Teske zusammen mit ihrem Kollegen Ulf Werner offiziell in ihr Amt eingeführt.