Hamburg. Vor den großen 1.-Mai-Demos am Sonntag hatten Linksextreme am Sonnabend friedlich demonstriert. Mehr als 1200 Polizisten im Einsatz.

Die traditionellen Demonstrationen zum 1. Mai in Hamburg fanden in diesem Jahr zum ersten Mal seit Pandemiebeginn ohne Corona-Auflagen statt – entsprechend rechnete die Polizei Hamburg wieder mit deutlich höheren Teilnehmerzahlen bei den insgesamt 24 angemeldeten Demonstrationen und Aufzügen zum Tag der Arbeit.

Während die meisten Demos am Sonnabend und am Sonntag ohne Zwischenfälle blieben, kam es am Sonntagabend in Wilhelmsburg und auf der Veddel bei der vom Bündnis „Schwarz-Roter 1. Mai" organisierten Demonstration „Verboten gut – Anarchismus in die Offensive“ zu Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und einigen Demonstranten.

1. Mai in Hamburg: Mehr als 1200 Polizeikräfte im Einsatz

Insgesamt war die Polizei Hamburg am Sonntag mit mehr als 1200 Beamten im Einsatz. Unterstützung erhielt sie dabei von der Bundespolizei. "Tausende Menschen haben gezeigt, wie man friedlich und verantwortungsvoll demonstriert", so Polizeisprecherin Sandra Levgrün zum Einsatzverlauf. "Drei Aufzüge haben wir mit einem größeren Kräfteansatz begleitet, um Krawallmachern keinen Raum zu geben." Gerade am Sonntagabend habe sich gezeigt, dass dieses Einsatzkonzept mit einer hohen Präsenz aufgegangen sei.

Immer wieder mussten die Einsatzkräfte den Demonstrationszug, an dem in der Spitze rund 850 Personen teilnahmen, zwischen Wilhelmsburg und Veddel gestoppt werden, weil Pyrotechnik gezündet wurde. Außerdem waren viele Demonstranten vermummt und wollten von Transparenten verdeckt unter einem Dach aus schwarzen Regenschirmen losmarschieren. Ohne Schirme durfte der Zug schließlich starten.

1. Mai-Demo auf der Veddel eskaliert am Sonntagabend

Am späteren Abend eskalierte die Demonstration dann an der S-Bahn-Haltestelle Veddel. Nachdem die Beamten mit Regenschirmen und Fahnenstangen attackiert wurden, setzte die Polizei Tränengas und Schlagstöcke ein. Mehrere Personen wurden festgenommen.

Die Demonstranten spannten zum Sichtschutz immer wieder Regenschirme auf und hielten Banner in die Höhe.
Die Demonstranten spannten zum Sichtschutz immer wieder Regenschirme auf und hielten Banner in die Höhe. © dpa

Bei Twitter musste die Polizei, die mit einem Großaufgebot im Einsatz war, massive Kritik einstecken. Den Beamten wurde vorgeworfen, übertriebene und unnötige Gewalt eingesetzt zu haben. Selbst nachdem die Versammlung offiziell aufgelöst worden war, gerieten immer wieder Beamte und Demonstranten aneinandergeraten. Auch Krankenwagen sollen vor Ort im Einsatz gewesen sein. Erst gegen 23 Uhr beruhigte sich die Lage an der S-Bahn-Station Veddel.

1. Mai: Flaschenwürfe und Pyro – Polizei nimmt zwei Personen fest

Bei der Demonstration „Verboten gut – Anarchismus in die Offensive“ war es in Wilhelmsburg bereits nach wenigen Metern zu massivem Einsatz von Pyrotechnik. Die Polizei stoppte daraufhin die Versammlung und wies den Leiter an, auf die Demonstranten einzuwirken. Die Teilnehmer sollten die Vermummung aufgeben und das Abbrennen von Pyrotechnik unterlassen. Anderenfalls drohe eine Auflösung der Demonstration. Nach knapp einer halben Stunde konnte die Demonstration zunächst fortgesetzt werden.

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Zu weiteren Zwischenfällen kam es in der Nähe des S-Bahnhofs Veddel. In der Nähe des Wohnhauses von AfD-Politikerin Nicole Jordan kam der Demonstrationszug erneut zum Stehen. Die Polizei hatte im Vorfeld der Demo bereits die Straße bereits abgeriegelt. Unter anderem war eine Pferdestaffel und zwei Wasserwerfer vor Ort. Mit Regenschirmen und Transparenten als Sichtschutz griffen die Demonstranten in ihre Taschen. Da die Beamten eine Bedrohungslage vermuteten, wurde die Versammlung zunächst erneut mehrere Minute unterbrochen.

Es sollte nicht die letzte Unterbrechung gewesen sein. Unmittelbar vor dem Endkundgebungsplatz am S-Bahnhof Veddel wurden erneut Pyro-Artikel gezündet, was die Beamten um kurz vor 22 Uhr erneut dazu veranlasste, die Demonstration zu stoppen. "Es kam auch an der Harburger Chausee zu Flaschenwürfen. Zwei Personen wurden festgenommen", erklärte Polizeisprecher Florian Abbenseth dem Abendblatt.

Gegen 22.30 Uhr gab es bei Twitter Videos zu sehen, die dokumentierten, dass es nun auch körperliche Auseinandersetzungen zwischen einigen Demonstranten und der Polizei gab. Vier Minuten später gab die Polizei über ihren Twitter-Kanal bekannt, dass die Demonstration beendet sei und man für eine geordnete Abreise sorgen wolle.

1. Mai Hamburg: Kritik an DGB-Demo

Bei den größten Veranstaltungen – den drei vom DGB organisierten 1.-Mai-Demos – war bereits im Vorfeld mit mehreren Tausend Teilnehmern gerechnet worden, laut DGB versammelten sich insgesamt 6670 Menschen, die Polizei zählte 6500 Teilnehmer bei der Haupt- und jeweils rund 150 Teilnehmer bei den beiden kleineren Kundgebungen. "Leider ist die Tarifbindung hierzulande seit zwei Jahrzehnten rückläufig. Diesen Trend gilt es umzukehren mithilfe aller – Arbeitgeber, Gewerkschaften und Politik gleichermaßen“, forderte die DGB-Vorsitzende in Hamburg, Tanja Chawla, auf der Hauptkundgebung in Eimsbüttel. Auch Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hatte sich der Kundgebung angeschlossen.

Kritik an den Teilnehmern der DGB-Demo kam am Nachmittag von den Grünen: Die Eimsbütteler Grüne Katja Husen schrieb bei Twitter, dass die Demo "voll von Russland-Apologet*innen, für die der Angriff auf die Ukraine ein Nato-Krieg ist" gewesen sei. Die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank unterstützte diese Schilderung und schrieb, es sei "bitter, dass statt direktem Gespräch dann Pöbelei und Rumgeschreie das Mittel der Wahl" gewesen seien.

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1. Mai in Hamburg: "Klassenfest" verläuft friedlich

Neben Gewerkschaftskundgebungen finden noch verschiedene größere und kleinere Demos statt. Lediglich drei Veranstaltungen stehen unter näherer Beobachtung der Polizei. Wenn die erste dieser drei, das sogenannte "Klassenfest" gegen Staat und Kapital am Sonnabend, die Stimmung vorgegeben hat, sollte der Stadt ein friedlicher 1. Mai bevorstehen.

Teilnehmer der Demonstration
Teilnehmer der Demonstration "Klassenfest gegen Staat und Kapital" warten am Bahnhof Sternschanze auf einen Auftritt auf der Kundgebungsbühne. © Axel Heimken/dpa

550 zumeist junge Menschen versammelten sich ab dem Nachmittag im Bereich Sternschanze, Zwischenfälle blieben aus, die Polizei spricht von einem friedlichen Verlauf. Lediglich zwei Teilnehmer wurden wegen des Abbrennens von Pyrotechnik zwischenzeitlich in Gewahrsam genommen.

1. Mai in Hamburg: Zwei Demos mit größerer Polizeipräsenz

Am Nachmittag steht neben dem Umzug des Bündnisses "Wer hat, der gibt", zu dem sich laut Polizei Hamburg bis zu 2000 Menschen versammelt hatten, auch noch seit 16 Uhr eine "Revolutionärer 1. Mai"-Demonstration auf dem Programm, die wie das "Klassenfest" von Halil Simsek, Führungsfigur im vom Verfassungsschutz beobachteten "Roten Aufbau", angemeldet wurde.

Rund 1000 Menschen haben sich am 1. Mai zur
Rund 1000 Menschen haben sich am 1. Mai zur "Wer hat, der gibt"-Demonstration in der HafenCity versammelt. © Michael Arning

Vom Berliner Tor wollen die aktuell rund 900 Teilnehmer zum Bert-Kaempfert-Platz in Barmbek ziehen. Ab 18 Uhr wollen zudem Hamburger Anarchisten unter dem Motto „Verboten gut – Anarchismus in die Offensive“ in Wilhelmsburg demonstrieren. Speziell die zwei letztgenannten Aufmärsche werden von einem größeren Aufgebot von Beamten begleitet.

Während es in der Vergangenheit spezielle im Schanzenviertel rund um den 1. Mai immer wieder zu teils gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen war, ist die Szene seit den tagelangen Ausschreitungen beim G20-Gipfel 2017 deutlich zurückhaltender. In den vergangenen Jahren waren zudem verschiedene Aufzüge wegen der Corona-Auflagen untersagt oder nur unter Auflagen genehmigt worden.