Hamburg. Sie rauchen zwar weniger, dafür steigt der Konsum von E-Zigaretten und E-Shishas in Hamburg. Experten warnen.

Sie kommen in bunten Verpackungen daher, in Geschmacksrichtungen wie Bubble Gum, Pink Lemon oder Mango Ice. Klingt lecker, klingt harmlos. Und das verführt Kinder und Jugendliche in Hamburg zum Konsum – immer mehr Jungen und Mädchen greifen zu diesen E-Shishas und zu nikotinhaltigen E-Zigaretten. Experten warnen vor Gesundheitsschäden.

„Sie sind unterwegs und hätten gerade Lust auf eine geschmackvolle Shisha? Kein Problem, die Einweg-E-Shisha mit Bubble-Gum-Geschmack ist der praktische Begleiter im Alltag“, so lautet der Werbetext einer elektronischen Shisha im Internet. Die Warnhinweise auf derselben Internetseite lassen diese Verdampfer alles andere als harmlos erscheinen: „Enthält Gift“, steht da etwa.

Gesundheit: E-Shishas in Hamburg sehr beliebt

Und: „Darf nicht in die Hände von Kindern und Jugendlichen gelangen. Kann allergische Hautreaktionen hervorrufen. Bei Gebrauch nicht essen, trinken oder rauchen.“ Absurd. Denn das Prinzip der mit einer Flüssigkeit gefüllten Verdampfer ist es, den aromatisierten Rauch zu inhalieren.

Und daran finden immer mehr Kinder und Jugendliche Gefallen: 42 Prozent haben schon mal gedampft, 17,2 Prozent der 14- bis 17-Jährigen in der Hansestadt dampfen nach den letzten Zahlen aus dem Jahr 2018 regelmäßig. Inzwischen dürften es deutlich mehr sein. Damit liegt Hamburg weit über dem Bundesdurchschnitt von 12,1 Prozent.

"Nutzung bei Jugendlichen stark gestiegen"

UKE-Experte  Professor Rainer Thomasius sieht die Erfolge in der Suchtprävention im Bereich des Tabakkonsums gefährdet.
UKE-Experte Professor Rainer Thomasius sieht die Erfolge in der Suchtprävention im Bereich des Tabakkonsums gefährdet. © dpa Picture-Alliance / Angelika Warmuth

„Besonders in Großstädten wie Hamburg ist die Nutzung von E-Zigaretten und E-Shishas bei Kindern und Jugendlichen stark gestiegen“, berichtet Professor Dr. Rainer Thomasius, Ärztlicher Leiter des Deutschen Zentrums für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.

Der wesentliche Unterschied zwischen E-Zigaretten und E-Shishas: Die Shishas sind Einweggeräte, die nach einigen Hundert Zügen entsorgt werden. Außerdem ist das enthaltene Liquid (so heißt die Flüssigkeitsmixtur) nikotinfrei und aromatisiert. E-Zigaretten enthalten meist Nikotin und sind in verschiedenen Formen erhältlich.

Kontrollen beim Kauf gibt es anscheinend kaum

Bereits mit 13 Jahren kommen Kinder in Hamburg an elektronische Shishas, die erst ab 18 Jahren erlaubt sind. „Die Jungs sehen ja meistens älter aus“, berichtet eine 13-Jährige. „Die gehen einfach ins Geschäft und kriegen die. Da fragt niemand nach dem Alter.“ Abends beim Treffen auf Spielplätzen und in Parks dampfen schon Achtklässler. Solch eine Bubble-Gum-Einweg-E-Shisha ohne Nikotin reicht für 700 Züge.

Auf Partys unter Jugendlichen, so berichtet die Mutter einer 18-Jährigen von der Uhlenhorst, werden die E-Zigaretten mit Nikotin ohne Unterbrechung geraucht. Dabei entsprechen die zehn Milliliter Liquid darin rund 40 bis 50 Zigaretten. Ganz schön viel für einen Partyabend. Während eine Zigarette schnell zu Ende geraucht ist, hält eine elektronische Variante länger.

Suchtexperten fordern Werbeverbot

Suchtexperten sind alarmiert. Sie fordern bereits seit Jahren ein Werbeverbot für diese Verdampfer: „Die Art der Werbung für E-Zigaretten spricht junge Menschen besonders an“, heißt es in einer Erklärung der Suchtkommission der deutschen kinder- und jugendpsychiatrischen Verbände und wissenschaftlichen Fachgesellschaft.

„E-Zigaretten verharmlosen Gefahren des Nikotinkonsums, indem sie Warnsignale herkömmlicher Zigaretten (bitterer Geschmack, Rauch) überstrahlen oder unterdrücken. Die habituelle Verknüpfung vermeintlich reiner Produkte mit modernem Lifestyle und Werten wie Gesundheit, Gemeinschaftserleben und Leistungsfähigkeit muss als besonders gefährlich angesehen werden“, heißt es in dem Positionspapier.

Suchtrisiko steigt durch Konsum von E-Zigaretten

Die Fachleute sorgen sich um die Gesundheit der jungen Menschen. Während die Zahl der rauchenden Schüler durch Präventionsarbeit auf einem historischen Tiefstand ist, würden nun immer mehr Mädchen und Jungen dampfen. „Unsere Erfolge in der Suchtprävention im Bereich des Tabakkonsums sind extrem gefährdet“, sagt Thomasius, der auch Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychothe­rapie ist.

Die elektronischen Zigaretten senken die Reizschwelle, auf normale Zigaretten umzusteigen. „Jugendliche, die über E-Zigaretten oder E-Shishas einsteigen, haben ein großes Risiko, später Tabak zu konsumieren und abhängig zu werden“, so Thomasius.

Chemikalienmix gelangt durchs Dampfen in Körper

Harmlos sind E-Zigaretten und E-Shishas für Kinder und Jugendliche nicht. Und es ist nicht nur Nikotin, das gesundheitsschädigend ist. Die Flüssigkeit, die in einer E-Zigarette oder E-Shisha verdampft wird, ist ein Gemisch aus verschiedenen Chemikalien. Propylenglykol etwa ist ein Mittel, das auch in Frostschutzmitteln und Enteisungsmitteln für Autos vorkommt. Dieser Chemikalienmix wird verdampft und – ebenso wie Tabakrauch – inhaliert und gelangt so in den Körper.

Hinzu kommen gegebenenfalls Nikotin und Substanzen wie Ethanol, Glyzerin und Aromastoffe. In manchen Liquids ist so viel Nikotin enthalten, dass es bei übermäßigem Gebrauch vor allem bei Jugendlichen zu Vergiftungserscheinungen kommen kann. Studien des Bundesinstituts für Risikobewertung und des Deutschen Krebsforschungszentrums haben die gesundheitlichen Risiken des Konsums von nikotinfreien E-Shishas und E-Zigaretten für Kinder und Jugendliche belegt.

Gesundheit: Stoffe können zu Krebs führen

Rainer Thomasius: „Diese Flüssigkeiten können Husten, Kopfschmerzen, Schwindel hervorrufen. Zudem können diese Stoffe zu Zellveränderungen, also Krebs, führen.“ Die Suchtkommission der deutschen kinder- und jugendpsychiatrischen Verbände und wissenschaftlichen Fachgesellschaft plädiert für wirksame Maßnahmen zur Durchsetzung des Jugendschutzgesetzes.