Hamburg. Radfahrstreifen in Mittellage stehen seit dem tödlichen Radunfall in Bramfeld in der Kritik. Das sagt die Verkehrsbehörde.

Neue Fahrradwege und -straßen sollten Radler in Hamburg eigentlich glücklich stimmen – und sie vor allem schnell und sicher an ihr Ziel bringen. Der neue Radstreifen an der viel befahrenen Kreuzung Max-Brauer-Allee / Holstenstraße sorgt jedoch eher für Unruhe und weckt böse Erinnerungen bei ortskundigen Radlern.

Denn der rot eingefärbte Weg befindet sich in Mittellage und bietet eine gefährlich wirkende Streckenführung: Abbiegende Fahrzeuge – so auch Lkw und Busse – müssen den Streifen überqueren. Ein Vorgang, der vom technischen Assistenten womöglich nicht als "Abbiegen" erkannt wird.

Neuer Radweg in Altona erinnert an Tragödie in Bramfeld

Nicht erst seit dem tödlichen Radunfall in Bramfeld vor einem halben Jahr stehen solche von Radfahrern als "Angstweichen" bezeichneten Wege deutlich in der Kritik. Ende Oktober 2021 ist ein 47 Jahre alter Radfahrer, der auf einem solchen Streifen an der Habichtstraße unterwegs war, von einem Lkw überrollt und getötet worden. Weder die am Lkw angebrachte Kamera noch der Abbiegeassistent konnten die Tragödie verhindern.

Bei einer Kollision mit einem Laster an der Habichtstraße/Bramfelder Straße starb ein Radfahrer.
Bei einer Kollision mit einem Laster an der Habichtstraße/Bramfelder Straße starb ein Radfahrer. © Michael Arning | Michael Arning

Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) kündigte wenige Tage nach dem Unfall Konsequenzen an. Es sei bereits beschlossen, Radwege nicht mehr in der Mittellage zu planen, schrieb er damals auf Twitter.

Tatsächlich hatte sich der Radentscheid Hamburg bereits vor zwei Jahren mit dem Senat auf einen "Planungsstopp" für Radfahrstreifen in Mittellage geeinigt. "Bestehende Radstreifen in Mittellage werden rot eingefärbt", heißt es in dem Antrag, den die Hamburgische Bürgerschaft im April 2020 absegnete.

Neuer Radweg in Mittellage – Planung war abgeschlossen

Für den nun neu angelegten Radweg an der Max-Brauer-Allee waren die Planungen laut Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM) aber schon abgeschlossen. "Die Maßnahme an der Max-Brauer-Allee wurde bereits 2018 schlussverschickt, erste Arbeiten starteten 2019, also vor der Vereinbarung mit dem Radentscheid aus 2020 und vor Gründung der BVM", so Dennis Krämer, Sprecher der Behörde.

Dabei habe die Behörde durchaus "intensiv geprüft", in welchem Rahmen die Planung an die Vorgaben, die sich aus dem Radentscheid ergeben, angepasst werden kann.

In Hamburg entstehen noch weitere Radstreifen in Mittellage

Drei der ursprünglich vier geplanten Radstreifen in Mittellage an der Max-Brauer-Allee sowie sechs weitere im Stadtgebiet hätten auf diese Weise in Radfahrstreifen in Seitenlage umgeplant werden können. "Beim vierten Radstreifen in Mittellage an der Max-Brauer-Allee war eine Umplanung in den bestehenden möglichen Bauzeitfenstern und in Koordinierung mit umliegenden Maßnahmen aufgrund des komplexen Kreuzungsdesigns nicht mehr möglich", so Krämer. Dennoch sei auch dieser Weg überplant worden. So wurde er laut Behörde baulich verbreitert – von ursprünglich zwei auf 2,5 Meter – und mit roter Signalfarbe eingefärbt.

Dort, wo es baulich und räumlich möglich ist, sollen in Zukunft zudem Rad- Fuß- und Autoverkehr möglichst voneinander getrennt werden, um Sicherheit und Fahrkomfort generell zu erhöhen.

In folgenden Bereichen in Hamburg werden die Radstreifen in Mittellage ebenfalls noch realisiert, da die Planung, wie auch an der Kreuzung an der Holstenstraße, schon länger zurückliegt:

  • Holsteiner Chaussee
  • Reventlowstraße / Walderseestraße (Veloroute 1)
  • Holstenplatz
  • Tangstedter Landstraße / Am Schulwald (Veloroute 4)
  • Lohbrügger Landstraße
  • Doppelknoten ZOB Harburg

ADFC bevorzugt geschützte Verkehrsführung

Wie problematisch Radstreifen in Mittellage tatsächlich sind, und welche Radverkehrsführung jeweils die beste ist, darüber streiten sich laut ADFC-Sprecher Dirk Lau auch die Experten. „Eine Paradelösung für alle Straßen gibt’s leider nicht“, so Lau.

Der Fahrradaktivist hätte eine geschützte Verkehrsführung nach niederländischem Muster an der vielbefahrenen Kreuzung in Altona für machbar und sinnvoll gehalten. Diese beinhalten unter anderem vorgezogene Schutzinseln an den Kreuzungspunkten, Rad- und Autoverkehr sind räumlich getrennt.