Hamburg. Ehemaliger Kassenärztechef soll “Helfer“ der angeklagten AOK-Vorstände gewesen sein. Was dahintersteckt, was die Beschuldigten sagen.

Die Anklageschrift gegen drei Vorstände der Krankenkasse AOK Rheinland/Hamburg wegen mutmaßlich rechtswidriger Änderungen an Patientendaten (das Abendblatt berichtete) betrifft auch den früheren Vorstandschef der Kassenärztlichen Vereinigung, Walter Plassmann. Er gehört nach Abendblatt-Informationen zu den vier mitangeklagten „Helfern“. Plassmann bestätigte, dass er qua Amt als Beschuldigter in dem Fall gelte. Er wolle sich nicht äußern, weil die Einspruchsfrist gegen die Anklage noch laufe.

Das Landgericht Hamburg erklärte, die Anklage sei noch nicht zugelassen. Ob es überhaupt zu einem Prozess vor der Wirtschaftsstrafkammer kommt, ist ungewiss. Die Einspruchsfristen sind nach Abendblatt-Informationen mehrfach verlängert worden. Die AOK erklärte, die Vorwürfe falscher Abrechnungen gegen die Krankenkasse und die Ärzteschaft seien unbegründet.

Anklage gegen AOK-Vorstände? Einspruch mehrfach verlängert

Plassmann hatte im vergangenen Mai erklärt, seine Amtszeit vorzeitig zu beenden. Ende März gab er den Vorstandsvorsitz bei der KV an John Afful weiter. Mit den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft und einer mutmaßlichen Beteiligung an Abrechnungsänderungen von niedergelassenen Hamburger Ärzten kann das nichts zu tun haben. Die wurden erst im November intern und mit dem Abendblatt-Bericht im Januar öffentlich bekannt.

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In der Anklage geht es laut Staatsanwaltschaft darum, dass im Zeitraum von 2011 bis 2016 Daten von Patienten und ihren Erkrankungen nachträglich geändert worden sein sollen. Es gehe um „Untreuevorwürfe zugunsten der AOK Rheinland/Hamburg bzw. zum Nachteil anderer Krankenkassen durch unberechtigte Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds im Rahmen des Morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs (Morbi-RSA)“. Das hieße, so der Vorwurf, dass sich die Krankenkasse im Finanzausgleich einen Vorteil gegenüber anderen Krankenkassen verschaffen wollte. Die AOK erklärte, sich in allen von der Staatsanwaltschaft kritisierten Punkten an geltendes Recht gehalten zu haben.

Nach neuen Recherchen des Abendblattes haben Experten noch während der über Jahre andauernden Ermittlungen des Landeskriminalamtes und der Staatsanwaltschaft darauf hingewiesen, dass es bei den Änderungen der Patientendaten um zuvor vergessene Diagnosen gegangen sei. Die Angaben über Erkrankungen, Behandlungen und Medikamente seien deshalb zu Recht korrigiert worden