Hamburg. Hamburger beklagen oft mangelnde Abstimmung. Das Abendblatt war bei einer Planungsrunde dabei und gibt Einblicke in die Vorgehensweise.

Baustellen sind in Hamburg nicht nur für Autofahrer ein Ärgernis. Auch Busse stehen regelmäßig im Stau. Bisweilen landet, wer die Behinderung umfahren will, dann gleich wieder in der nächsten Fahrzeugschlange, weil auch dort gebaut wird. Viele Hamburger fragen sich: Kann das nicht besser koordiniert werden? Machen wir schon, heißt es dann von den Behörden, und zwar in der Koordinierungsstelle für Baustellen in Hauptverkehrsstraßen (kurz: KOST). Aber wie funktioniert das? Das Abendblatt durfte exklusiv bei einer Planungssitzung dabei sein.

Für jede normale Baustelle, die den Verkehr beeinträchtigt, gehen die Verantwortlichen in tägliche Verkehrs­besprechungen, an denen zum Beispiel auch die Polizei teilnimmt, die die aktuelle Verkehrssituation im Auge behält. Übergeordnete Themen werden in einer monatlichen Koordinierungsrunde besprochen. Bei Notfällen, aktuellen Pro­blemen oder anderem dringenden Austauschbedarf wird über die Verkehrsbehörde außerdem eine Ad-hoc-Sitzung einberufen.

Verkehr Hamburg: Runde tagt wegen Freihafenelbbrücke

Hier sollen verschiedene Perspektiven zur akuten Situation zusammengeführt werden. Eine solche Runde tagt momentan zum Thema Freihafenelbbrücke, die über die Norderelbe führt. Ein Schiff hatte sich während des Sturms am 29. Januar unter der kombinierten Straßen- und Eisenbahnbrücke aus dem Baujahr 1926 festgefahren und sie erheblich beschädigt.

Auf dem virtuellen Arbeitstisch der Koordinierungsrunde, die digital zusammenkommt, informiert die für die Brücke zuständige Hafen Port Authority alle Beteiligten mit einer PowerPoint-Präsentation über die Schäden: Ein Querträger wurde beispielsweise auf mehreren Metern deformiert. Eine eingeschnittene Gasleitung musste abgeriegelt werden.

Polizei prüft Machbarkeit auf den Straßen

Ein Instandsetzungskonzept sei nun entwickelt und eine Baufirma beauftragt, berichtet Christine Muruszach von der HPA. Die Arbeiten würden bis voraussichtlich Ende Mai andauern. „Danach geht die Brücke in ihren Status quo zurück, kann also wie vorher belastet werden und ist auf einer Fahrspur pro Richtung befahrbar.“

Die Polizei prüft, ob das, was in den Planungsrunden vorbereitet wird, auf der Straße auch tatsächlich funktioniert. So musste nach der Havarie etwa in Absprache mit den Beamten die Sachsenbrücke gesperrt werden, um dem Verkehr in Richtung Hafen den Vorrang zu geben, nachdem es sich dort immer wieder gestaut hatte. „Dadurch hat sich die Verkehrssituation erheblich verbessert“, berichtet Muruszach.

Baumfällung in Hammerbrook verschoben

Auch ein Vertreter der Autobahn GmbH sitzt in der Koordinierungsrunde. Die Autobahn GmbH hat entschieden, Sanierungsmaßnahmen auf der A 255, die im Frühjahr dieses Jahres beginnen sollten, zu verlegen. Nach der Havarie wurden die Arbeiten an der Straße stadtauswärts abgesagt. Diese werden nun erst Anfang Juni nachgeholt, sobald die Brücke wieder freigegeben ist, und sollen dann etwa zwei Wochen dauern.

In Hammerbrook war eigentlich eine Baumfällung an der Zweibrückenstraße nahe der S-Bahn-Station Elbbrücken geplant, für die die Fahrbahn hätte gesperrt werden müssen. Diese wird nun mit Rücksicht auf die Brückenarbeiten auf Ende Mai verschoben, berichtet ein Vertreter der KOST. Auch Arbeiten an der Amsinckstraße sollen erst später stattfinden.

Hamburg Wasser und HVV in Planungen involviert

Mitarbeitende von Hamburg Wasser und dem Hamburger Verkehrsverbund (HVV) informieren in den Koordinierungsrunden darüber, ob eventuell Leitungen oder der ÖPNV von Maßnahmen betroffen sind. Je nach Ort der Baustelle sind auch Koordinatoren aus den Bezirken dabei, die einschätzen, wie verträglich eine Maßnahme für den lokalen Verkehr ist.

Trotz des täglichen und des übergeordneten Austausches kann es im Zusammenhang mit nahe beieinanderliegenden Baustellen zu Problemen kommen, wie etwa in vergangenen Jahren an den Baustellen Krugkoppelbrücke und dem angrenzenden Kreisverkehr Harvestehuder Weg. Dazu sagt Jeff Marengwa von der KOST: „Die Erwartungshaltung, die im Raum steht, ist: Wenn nur ordentlich koordiniert wird, gibt es keinerlei spürbare Verkehrsbehinderungen.“

Verkehr Hamburg: "Straßennetz gut ausgelastet"

Doch diese Annahme funktioniere nicht. „Denn das Straßennetz in Hamburg ist schon ohne störende Eingriffe gut ausgelastet und an der Grenze der Leistungsfähigkeit. Wenn man in eine Straße eingreift, dort baut und so eine Spur weniger zur Verfügung steht, bildet sich automatisch ein Stau.“ Auch Unfälle und besondere Wetterereignisse könnten zu Behinderungen führen.

Die Baustellenkoordinierung nimmt zuerst das Hauptverkehrsstraßennetz in den Blick. In einer Abstufung wird dann geschaut, welche bezirklichen Straßen in der Umgebung wie frei gehalten werden können. Welche Straßen dabei relevant sind, wird mit den Vertretern aus den Bezirken besprochen. Baustellen in „nachgeordneten Netzen“ könnten aber nicht immer berücksichtigt werden. „Das Straßennetz in Hamburg ist endlich“, so Marengwa.