Hamburg. Ihr 14-jähriger Sohn starb in Syrien bei einem Raketenangriff. Oberlandesgericht Hamburg verkündete am Donnerstag das Urteil.

Der 15 Jahre alte Malik starb, als in seiner Nähe eine Bombe einschlug. Doch seine Mutter schien in dem Tod des Jugendlichen nichts Schlechtes zu sehen, sondern eher etwas, auf das man stolz sein könne. Und so forderte Maliks Mutter Stefanie A. ihren älteren Sohn auf, „sich über den Märtyrertod zu freuen“. Malik war in Syrien ums Leben gekommen, nach einer militärischen Ausbildung und bei Kampfhandlungen im Sinne des sogenannten Islamischen Staates (IS). Und damit im Einsatz für eine Terror-Miliz, mit der die Mutter offenbar sympathisierte und die sie unterstützte.

Jetzt verurteilte das Hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg (OLG) die 44-Jährige zu sechseinhalb Jahren Freiheitsstrafe. Die IS-Rückkehrerin Stefanie A. habe sich der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland, Kriegsverbrechen, fahrlässiger Tötung und Verletzung der Fürsorgepflicht schuldig gemacht, erklärte der Vorsitzende Richter des OLG-Senats, Norbert Sakuth.

Prozess Hamburg: Angeklagte reiste mit Sohn zum IS

Stefanie A. war im Jahr 2016 zusammen mit ihrem damals 14 Jahre alten Sohn in das Gebiet des IS ausgereist, nachdem sie sich radikalisiert hatte, ist das Gericht überzeugt. Bei der Übersiedlung in das Bürgerkriegsgebiet in Syrien sei ihr bewusst gewesen, dass „sie nicht nur sich, sondern auch ihren Sohn einer ganz erheblichen Gefährdung aussetzte“.

Sie habe ebenso gewusst, dass der Jugendliche dort zu einer militärischen Ausbildung und einer Beteiligung an Kampfhandlungen verpflichtet würde und habe das „in Kauf genommen“. Dabei handele es sich bei dem IS um eine „besonders gefährliche und schlagkräftige Einrichtung“. Bis heute habe sich Stefanie A. nicht wirklich vom islamistischen Gedankengut distanziert. Allerdings nahm das Gericht der Angeklagten ab, dass sie mittlerweile den Tod ihres Sohnes bereue. „Sie leidet sehr darunter.“

Sechseinhalb Jahre Haft: IS-Rückkehrerin nimmt Urteil gefasst auf

Mit seinem Urteil blieb das OLG unter der Forderung der Bundesanwaltschaft, die siebeneinhalb Jahre beantragt hatte. Die Verteidigung hatte auf zwei Jahre und drei Monate plädiert. Als Stefanie A. hörte, welche Strafe sie bekommt, wirkte die eher stämmige blonde Frau gefasst — so wie sich auch überwiegend im Prozess beherrscht präsentiert hatte.

Mit der Übersiedlung von Deutschland nach Syrien sei es der gebürtigen Bad Oldesloerin unter anderem darum gegangen, ihrem Mann zu folgen, dessen Islamausrichtung immer radikaler wurde, ist das Gericht überzeugt. Allerdings habe auch sie selber sich zunehmend radikalisiert. Dies sei unter anderem daran festzumachen, dass sie Hinrichtungsvideos gezeigt und Attentate des IS gegen „Ungläubige“ zu rechtfertigen versucht habe.

Sohn der Angeklagten wurde in Syrien an der Front eingesetzt

Ihren älteren Sohn habe sie nur deshalb nicht mitnehmen können, weil dieser damals in Haft saß. Und der jüngere Sohn Malik habe sich ursprünglich schlicht auf das Wiedersehen mit seinem Vater in Syrien gefreut. Doch sehr bald musste der nun 14-Jährige sich vom IS einer militärischen Ausbildung sowie einer „religiösen Eingliederung“ unterziehen.

So schrieb er schließlich ganz im Sinne der Terrormiliz, man müsse die „Ungläubigen“, die er herabwürdigend „Kuffar“ nannte, „abgrundtief hassen“. Später wurde der Jugendliche den Ermittlungen zufolge im syrischen Bürgerkrieg an der Front eingesetzt. Außerdem musste er Wachdienst versehen und geriet mindestens einmal durch Beschuss in Lebensgefahr. Im Zuge eines Bombenangriffs am 23. Februar 2018 wurde Stefanie A.’s Sohn schließlich getötet.

Angeklagte nach Syrien gereist, um Mann zu pflegen

Die Angeklagte hatte im Prozess angegeben, sie sei ihrem Mann nur deshalb in das Gebiet des IS gefolgt, weil dieser schwer verletzt worden war und sie ihn habe versorgen wollen. Doch dies sei widerlegt, befand das Gericht. Denn Stefanie A.’s Reisevorbereitungen seien schon nahezu abgeschlossen gewesen, als sie noch keine Kenntnis von der Verwundung ihres Mannes hatte.

Auch die Behauptung, sie habe nichts von einer Ausbildung ihres Sohnes an der Waffe gewusst, nahm das Gericht der 44-Jährigen nicht ab. Ihr Verteidiger hatte zudem für seine Mandantin angegeben, vom Stolz der Angeklagten über einen „Märtyrertod“ ihres Sohnes könne keine Rede sein. Sie habe ihr Kind verloren und schlicht versucht, das „irgendwie zu verarbeiten“. Deshalb habe sie sich mit dem Gedanken zu trösten versucht, er sei „an einem besseren Ort“.