Hamburg. Sein Frauchen sucht in ganz Hamburg nach Scotti. Gefunden wird er in letzter Minute am Flughafen – kurz vorm Abflug. Die Hintergründe.

Es war eine groß angelegte Suchaktion, die Claudia Woitas im Oktober 2021 startete. An Bäumen, Fassaden und Bahnhöfen – über die ganze Stadt verteilt waren die Aushänge mit dem Suchaufruf nach dem Zwergpudel Scotti aus Othmarschen zu finden. 2000 Euro Belohnung schrieb die Hundebesitzerin darauf aus.

Zahlreiche Hinweise erreichten die Familie daraufhin, doch der kleine Hund blieb verschwunden. Drei Monate später kann Woitas ihr Glück kaum fassen: Scotti wird am Hamburger Flug­hafen im Beisein einer Frau gesichtet, die laut ihrem Ticket mit dem Hund über Istanbul in den Iran fliegen wollte. Doch zum Abflug kommt es dank aufmerk­samer Sicherheitsbeamter nicht.

Scotti von Mitarbeiter am Airport erkannt

„Das ist alles ein riesiger Zufall“, sagt Polizeioberkommissar Thorsten Harder vom LKA 121, über dessen Dienststelle die Suche lief, nachdem das Verschwinden zur Anzeige gebracht worden war. „Dass der Hund gefunden werden konnte, war nur dadurch möglich, dass Frau Woitas alle Hebel in Bewegung gesetzt und überall Flyer aufgehängt hat.“ So hat ein Mitarbeiter des Sicherheitspersonals den Hund am 21. Januar am Abflugschalter erkannt, da er ein Foto des Suchaushangs auf seinem Handy gespeichert hat.

Darauf überprüfen er und seine Kollegin den EU-Heimtierausweis – ein Ausweisdokument, das ein Tierhalter bei Einreise seines Haustiers ins Ausland mit sich führen muss. Dabei stoßen sie auf Widersprüche. So ist Scotti in dem Ausweis zum einen nicht als Zwergpudel, sondern als Malteser-Mix deklariert gewesen. Zum anderen passt der Impfstatus nicht zum angegebenen Alter des Hundes. Das Dokument wurde zudem eine Woche nach Scottis Verschwinden ausgestellt.

Auslesung des Chips führt zu Klarheit

Die Frau, die mit Scotti ins Ausland will, wirkt laut Polizeibericht nervös und angespannt, so Harder. Auf Nachfragen gibt sie an, den Hund für 500 Euro über das Internet von einem älteren Mann gekauft zu haben, der keine Zeit mehr hatte, sich um das Tier zu kümmern. Weitere Aussagen macht sie nicht. Die Sicherheit, dass es sich bei dem Tier tatsächlich um den vermissten Scotti handelt, bringt schließlich die Auslesung des Chips.

Das Kuriose: Der zuerst gescannte Chip enthält die Daten des Ausweises, den die Frau mit sich führt. Doch die Flughafenmitarbeiter setzen das Gerät mehrmals an und stoßen schließlich auf einen zweiten Chip. Über eine Datenbankabfrage wird klar: Bei dem Hund am Abflugschalter handelt es sich tatsächlich um den vermissten Zwergpudel.

„Ich habe immer weiter gehofft"

„Sie können sich nicht vorstellen, was ich für Herzklopfen hatte, als ich zum Flughafen gefahren bin“, sagt Scottis Besitzerin Claudia Woitas dem Abendblatt. Mit allen Unterlagen ihres Hundes – vom Kaufvertrag bis zum Heimtierausweis – wartet sie zunächst an der Flughafenwache. Dann folgte endlich der Moment des Wiedersehens. „Das war eine Begrüßung, bei der nur noch das Feuerwerk fehlte“, sagt sie und lacht. „Die Mitarbeiter am Flughafen haben einen tollen Job gemacht.“

Vor allem ihre neunjährige Tochter hat unter Scottis Verschwinden gelitten. Für sie hat Woitas während der gesamten Zeit versucht, positiv zu bleiben. „Ich habe ihr immer wieder gesagt, dass es nicht ausgeschlossen sei, dass Scotti wieder zurückkommt“, sagt sie und betont: „Ich habe immer weiter gehofft, und das hat sich ja auch gelohnt.“ Als Woitas ihre Tochter vom Flughafen aus anruft, fängt diese sofort an zu weinen. Zu Hause angekommen, wird die Rückkehr des Zwergpudels ausgiebig gefeiert. „Nachbarn haben Sekt vorbeigebracht, die Anteilnahme war enorm.“ Und Scotti? „Er hat Leberwurst bekommen. Die liebt er.“

Polizei konnte erst jetzt Auskunft erteilen

Auch während Scottis Verschwinden habe Claudia Woitas immer wieder „rührende Nachrichten“ erhalten. „Alle wollten wissen, ob Scotti wieder da ist. Die gesamte Stadt hat die Augen offen gehalten. Das war der Wahnsinn.“ Neben der Vermisstenanzeige, die auch in den sozialen Medien zirkulierte, und der eigenen Suche hatte die Familie sogar einen privaten Sicherheitsdienst engagiert.

Da Zeugen sahen, wie der kleine Hund, der unter dem Gartenzaun hindurch ausgebüchst war, von einem jungen Mann mitgenommen wurde, gab es gleich zu Beginn den Verdacht, dass Scotti gestohlen wurde. Obwohl er schon Ende Januar wieder aufgetaucht ist, konnte die Polizei aus ermittlungstaktischen Gründen bisher keine Auskunft erteilen, sagt Polizeioberkommissar Harder.

Scotti bei Rückkehr verklettet und schreckhaft

Ihren Hund bekommt die Familie „verwahrlost und verklettet“ zurück, so Woitas. „Er ist über den Kummer auch ganz grau geworden.“ Zudem war er schreckhaft gewesen und habe Angst vor Tüten gehabt. „Er scheint auch nicht viel draußen gewesen zu sein, da er überhaupt keine Kondition mehr hatte.“ Mittlerweile hat er sich erholt. „Gott sei Dank ist er wieder wie vorher: zutraulich, lieb und aufgeweckt.“