Hamburg. Ali B. hat im großen Stil mit Drogen gehandelt. Vor dem Landgericht schildert der 30-Jährige, warum er damals damit anfing.
Sie nannten sich „Nemo“, „Twoshot“ oder „Eastcrime“. Auch wenn die Männer sich konspirative Namen gaben: Ihre kriminellen Machenschaften blieben nicht geheim. Denn der Messenger-Dienst EncroChat, quasi ein Netzwerk des Vertrauens in der Organisierten Kriminalität, war von den Ermittlungsbehörden längst gehackt worden.
Und die Polizei konnte gewissermaßen live mitverfolgen, wo und wann welche Rauschgiftmengen den Besitzer wechseln sollten. Reihenweise wurden Verdächtige gefasst und müssen sich nach und nach vor Gericht verantworten.
EncroChat: Ali B. handelte mit Kokain, Marihuana und Ecstasy
So wie jetzt Ali B., ein 30 Jahre alter Mann, dem die Staatsanwaltschaft im Prozess vor dem Landgericht neun Fälle des Drogenhandels in nicht geringer Menge zur Last legt. Ali B. wird vorgeworfen, im Frühjahr 2020 über den Messenger-Dienst EncroChat Kokain, Marihuana und Ecstasy-Pillen erworben beziehungsweise gewinnbringend verkauft zu haben. So habe er beispielsweise ein Kilogramm Kokain in Teilmengen von fünf bis 250 Gramm an andere User für insgesamt 34.800 Euro verkauft, heißt es in der Anklage. Ferner soll der Angeklagte diverse Drogen in seiner Wohnung gelagert haben.
- Hamburger Drogenhändler in Barcelona festgenommen
- Über Encro-Chat aufgeflogen: Beamte verhaften jungen Dealer
In dem Prozess wird es sehr wahrscheinlich zu einer Verständigung, landläufig Deal genannt, kommen. Bei einer Verständigung wird einem Angeklagten für den Fall, dass er ein umfassendes und glaubhaftes Geständnis ablegt, ein bestimmter Strafrahmen zugesichert. In Bezug auf Ali B. erklärte der Vorsitzende Richter, dass das Gericht sich eine Strafe zwischen drei Jahren und zwei Monaten und dreieinhalb Jahren vorstellen könne.
EncroChat: Drogenhandel, um dem Vater zu helfen
Er räume ein, mit Drogen gehandelt zu haben, erklärte der Angeklagte Ali B. über seinen Verteidiger. Den Kontakt zu anderen Beteiligten an den Rauschgiftgeschäften habe er über EncroChat gehalten. Schließlich habe er beispielsweise einem Abnehmer eine Lieferung Marihuana auf dem Parkplatz eines Discounters übergeben. Er habe selber mit dem Konsum von Marihuana und mit dem Drogenhandel angefangen, als sein Vater sehr schwer erkrankt sei.
Die letzte Hoffnung der Familie, dass doch noch eine Therapie anschlagen würde, sei der Aufenthalt des Vaters in einem privaten Krankenhaus gewesen. Um dies mit zu finanzieren, sei er darauf verfallen, durch Rauschgift-Deals Geld zu verdienen. „Ich weiß“, sagte Ali B., „dass ich einen großen Fehler gemacht habe.“ Der Prozess wird fortgesetzt.