Hamburg. Der Rapper wurde zu einer Freiheitsstrafe verurteilt – und zu einer sechsstelligen Geldstrafe. Trotzdem dürfte er erleichtert sein.

Mit gesenktem Kopf sitzt er da. Die Füße wippen im schnellen Rhythmus auf und ab, so dass der ganze Körper bebt. Gangsta-Rapper Gzuz wirkt extrem nervös an diesem Tag, an dem über seine Zukunft entschieden wird. Gibt es die „Große Freiheit“, wie der Frontmann der Hip-Hop-Band 187 Strassenbande schon sein neuestes Album nannte — oder Gefängnis?

Er muss in Haft. So lautet die Entscheidung des Landgerichts, das eine Freiheitsstrafe von achteinhalb Monaten gegen den 33-Jährigen verhängt — ohne Bewährung. Gzuz begehe seit zehn Jahren Straftaten, auch physische Gewalt. Dies habe zwar „eine abnehmende Tendenz, aber es ist noch da“, sagt die Vorsitzende an die Adresse des Angeklagten. Gzuz habe als Gangsta-Rapper die Einstellung: „,Ich mache, was ich will.’ Das gehört zu Ihnen als Künstler“, stellt die Richterin klar. „Was Sie über Drogen und Gewalt singen, ist nicht unser Problem.“

187 Strassenbande: Gzuz muss in Haft – und mehr als 400.000 Euro Geldstrafe zahlen

Für das Strafrecht sei „die Kunstfigur Gzuz nicht relevant. Wenn aber die reale Figur andere schädigt, müssen wir eingreifen.“ Es müsse dafür gesorgt werden, dass die Straftaten aufhören. Unter anderem habe der Hamburger eine Körperverletzung begangen. Neben der Freiheitsstrafe verhängt das Gericht eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu 2300 Euro, also insgesamt 414.000 Euro.

Mit verschränkten Armen sitzt der Angeklagte da und hört den detaillierten Ausführungen der Richterin zu. Zweimal ruft er aufgeregt dazwischen. Am Vortag noch hatte er aufgeräumt gewirkt und gut gelaunt ein Kurzvideo auf Instagram veröffentlicht. Das war wohl unter dem Eindruck des Plädoyers seiner Verteidiger, die eine Geldstrafe von 28.000 Euro für ihren Mandanten beantragt hatten. Doch das Urteil liegt sehr viel näher an dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten ohne Bewährung gefordert hatte, plus eine Geldstrafe.

Staatsanwaltschaft besteht auf Haftstrafe für Gzuz

Wenn die Strafe zur Bewährung ausgesetzt würde, sei nicht damit zu rechnen, dass dies den Angeklagten von weiteren Straftaten abhalte, hatte der Ankläger betont. Schließlich habe Kristoffer Klauß, so der bürgerliche Name des Musikers, in der Vergangenheit wiederholt Bewährungsstrafen erhalten — und mehrfach versagt. Das Vorstrafen-Register von Gzuz weist etliche Verurteilungen auf, unter anderem Verstoß gegen das Waffengesetz, Drogenbesitz, Raub und mehrere Körperverletzungen.

In der ersten Instanz vor dem Amtsgericht hatte Gzuz noch nach Kräften sein Bad-Boy-Image gepflegt, mit Pöbeln und Provokationen und einem Auftritt eindeutig unter Alkohol-Einfluss. Es hatte den Anschein, als glaube er, quasi unantastbar zu sein. Aber weit gefehlt: Am Ende hatte Amtsrichter Johann Krieten den Gangsta-Rapper zu anderthalb Jahren Gefängnis — plus 510.000 Euro Geldstrafe — verurteilt. Und ihm mit auf den Weg gegeben: „Herr Klauß! Wer, wenn nicht Sie, gehört in den Knast!“

Gericht nimmt Gzuz die Beteuerung, er werde keine Straftaten mehr begehen, nicht ab

Haben diese sehr deutlichen Worte Eindruck auf Gzuz gemacht? So hat es jetzt in der Berufungsinstanz zumindest in seinem letzten Wort geklungen: „Ich bin nicht der, ich früher war“, hat der Angeklagte gesagt, nachdem er sich kräftig hat räuspern müssen. „Eine Haftstrafe würde mir mies den Boden unter den Füßen wegziehen.“ Er entschuldige sich „für alle meine Fehler. Aber ich kann mich nicht dafür entschuldigen, für den, der ich bin. Ich werde anders durchs Leben gehen.“ Er werde keine Straftaten mehr begehen, „auf keinen Fall“.

Doch diese Überzeugung, das alles gut werde, nimmt die Berufungskammer dem Gangsta-Rapper nicht ab. Wegen einer ADHS-Erkrankung leide er an einer reduzierten Impulskontrolle. Er habe es zwar geschafft, sich ein Leben aufzubauen, als Familienvater und sehr erfolgreicher Musiker. Aber er habe eben immer wieder Straftaten begangen, auch Körperverletzungen wie zuletzt die vom März 2020. Da hatte er einer jungen Frau, die unbedingt ein Selfie mit ihm wollte, das Handy aus der Hand geschlagen und dabei ihr Gesicht getroffen. Die Frau wurde so an der Nase verletzt, dass sie kurzzeitig Atemnot bekam. Ein Vorwurf aus der Anklage, er habe 16,5 Gramm Marihuana besessen, sei dem Angeklagten indes nicht nachzuweisen, entscheidet das Gericht.

Hat Gzuz mit Waffen hantiert, "weil es gut fürs Geschäft ist"?

Er habe allerdings einen Böller, eine Schreckschusswaffe und einen Teleskopschlagstock in seinem Besitz gehabt — obwohl ein entsprechendes Verbot gegen den 33-Jährigen vorlag. Ferner hatte Gzuz eingeräumt, an Silvester 2018 Schüsse aus einer Schreckschusspistole abgefeuert zu haben. Ein Kurz-Video von dieser Aktion war wenig später im Netz zu sehen. Solche Taten, bei denen er mit Waffen hantiert, passten zu seinem Image als Gangsta-Rapper, hatte Gzuz gegenüber einem psychiatrischen Sachverständigen erklärt. Und sie steigerten seine Popularität. „Sie machen das“, bringt es die Vorsitzende auf den Punkt, „weil es gut fürs Geschäft ist.“ Insofern sei zusätzlich zur Haftstrafe eine Geldstrafe geboten.

Ob Gzuz und seine Verteidiger das Urteil anfechten wollen, dazu sagen sie unmittelbar nach der Verhandlung nichts. Kein Wort für die Medien, nichts fürs Internet. So still kennt man Gzuz sonst nicht.