Blankenese. Das Fischerhaus im Treppenviertel ist das älteste Gebäude Altonas. Jetzt wurde seine wechselvolle Geschichte aus 450 Jahren aufgearbeitet.
Es gilt als das älteste Haus Altonas und steht auch in der Liste der Gebäude-Oldies für ganz Hamburg ziemlich weit oben: das Fischerhaus im Blankeneser Treppenviertel. Die betagtesten Bauteile konnten nach einer Substanzprüfung im Jahr 2018 auf kurz nach 1570 datiert werden – das ist ein Rekord.
In einer neuen Broschüre aus der renommierten Reihe der Hamburger Bauhefte (Nr. 38) erzählt Autor Holmer Stahncke nun endlich die lange, wechselvolle Geschichte des Gebäudes am Elbhang, das viele schon einmal gesehen haben, dessen besondere Bedeutungen sich bisher aber sicherlich nicht allen erschlossen haben. Und etliche interessante Fotos machen sie noch lebendiger.
Fischerhaus im Treppenviertel: Heimatmuseum oder Altentagesstätte?
Rückblick. Im Jahr 1927 hatte der Magistrat der Stadt Altona das 1709 erstmals urkundlich erwähnte Haus an der Elbterrasse 6 erworben, um dort ein Blankeneser Heimatmuseum einzurichten. Den Grundstock würde, so die Planung, vor allem die Sammlung des Blankenesers Gustav Kirsten (1846 bis 1933) bilden, die aus mehr als 1000 Exponaten bestand und nach der Umgestaltung im Fischerhaus untergebracht werden sollte.
Doch rund 40 Jahre lang tat sich fast nichts. Das Fischerhaus war vermietet, die Sammlung lag im Altonaer Museum. Erst 1967 kamen städtische Stellen auf die Idee, aus Kostengründen in dem seit 1947 denkmalgeschützten Haus eine Altentagesstätte und ein Museumszimmer einzurichten. Eine Museumsaußenstelle, wie ursprünglich geplant, wäre zu aufwendig geworden. Die Realisierung wurde vor allem von privaten Spendern bezahlt, Altbürgermeister Max Brauer eröffnete das Ganze im Juni 1967.
Fischerhaus im Treppenviertel entwickelt sich zum Treffpunkt
Im Laufe der Zeit entwickelte sich aus der Senioreneinrichtung dann der Treffpunkt Fischerhaus, der unter anderem Literatur- und Sprachkurse anbot. Das Museumszimmer wiederum wurde laufend durch private Spenden ergänzt. Seit 2003 hat sich der Förderkreis „700 Jahre Blankenese“ des Zimmers und seiner Schätze angenommen. Alle Stücke wurden von ihm auf einer Datenbank archiviert, einiges restauriert, die Sammlung ausgebaut. Der Förderkreis änderte für das Museum seine Satzung, machte den Blankeneser Bürgerverein (BBV) zum Begünstigten für den Fall, dass er selbst irgendwann aufhören sollte zu existieren.
Bereits im Jahr 2017 hatte die Sprinkenhof GmbH den Auftrag übernommen, das Gebäude unter Beachtung der Denkmalschutz-Auflagen instand zu setzen. Museum und Seniorentreff wurden ausgeräumt, die vielen kostbaren Einrichtungsgegenstände eingelagert. Ein Jahr später zogen dann auch die Mieter im Obergeschoss aus.
Fischerhaus im Treppenviertel: Schlagzeilen als Dauerbaustelle
Seitdem hat das Fischerhaus vor allem als Dauerbaustelle Schlagzeilen gemacht – und entsprechend beschäftigt sich ein umfangreiches Kapitel im Bauheft mit diesem Thema. Die Arbeiten, das zeigt das neue Heft anschaulich, erwiesen sich als wesentlich komplexer als gedacht. Wie verschiedene Beiträge im Heft deutlich machen, gab und gibt es dabei sehr viel zu tun.
Erst nachdem im Zuge der angelaufenen Umgestaltung immer mehr von der Originalsubstanz freigelegt worden war, konnten die Expertinnen und Experten vor Ort die ursprüngliche Struktur des Hauses erkennen. Demnach handelt es sich um ein sogenanntes Zweiständerhaus, bei dem die Hauptbalken auf zwei Ständerreihen liegen, die der Länge nach im Haus angeordnet sind und auch die Diele bilden. Die kaum noch zu zählenden, über Jahrzehnte verteilten An- und Umbauarbeiten, die im Heft dokumentiert sind, hatten dem Haus mehr geschadet als genutzt. Die Witterung an dem oft durchfeuchteten Hang tat ein Übriges.
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„Da das Gebäude seit 1927 immer wieder umgebaut, Gebäudeteile entfernt, deren Baustoffe jedoch bei Neukonstruktionen wiederverwendet wurden, während andere Teile mit zeitgenössischen Materialien repariert und modernisiert wurden, hatte man die jahrhundertealten historischen Bauelemente (…) teilweise zerstört“, schreibt Stahncke. Gut gedacht, schlecht gemacht also.
Fischerhaus: Bausünden müssen zurückgebaut werden
Nun müssen etliche unbeabsichtigte Bausünden zurückgebaut werden, wobei die Denkmalauflagen einzuhalten sind. Dass es dabei nicht um Geschwindigkeit gehen kann, ist nachvollziehbar.
Dankenswerterweise schreibt Autor Stahncke nicht nur über das Haus allein. Vielmehr bettet er dessen Geschichte in die von Blankenese ein. Erst diese Schilderungen, zum Beispiel von der Entwicklung des Fischfangs und der Bebauung des Elbhangs, machen die besondere Bedeutung des Fischerhauses wirklich interessant und verständlich.