Hamburg. Hamburg liegt bei der Quote der Boosterimpfungen weit hinten. Ohne genügend Impfstoff wird sie kaum besser werden.

Die wichtigste Einschätzung trifft Senatssprecher Marcel Schweitzer am Dienstag im Rathaus gleich zu Beginn: „Wir müssen davon ausgehen, dass Omikron in Hamburg mittlerweile die vorherrschende Variante ist.“ Und die Mutante treibt nicht nur die Corona-Inzidenz zu immer neuen Höhen, sondern auch den Senat zu einer weiteren Regelverschärfung auf 2G plus in fast allen Bereichen außer dem Einzelhandel. „Auch vollständig geimpfte Personen können sich leicht mit Omikron infizieren“, so Schweitzer. Zwar werde der Schutz durch eine Boosterimpfung deutlich verbessert. Aber ebenda sind die Probleme ähnlich groß wie bei der Kontaktverfolgung.

Es fehlt Impfstoff, schon wieder. Weiterhin gebe es eine Limitierung der Dosen, die die Stadt anfordern dürfe, so Schweitzer in der Landespressekonferenz. Noch schwerer aber wiegt, dass die tatsächlichen Lieferungen wieder einer Wundertüte ähneln. Mit zuletzt enttäuschendem Inhalt. So habe die Stadt für ihre Impfangebote am 21. Dezember 30.600 Impfdosen Biontech bestellt, aber am 28. Dezember lediglich 1710 Impfdosen bekommen. Am selben Tag wurden dann 30.600 weitere Biontech-Impfdosen angefordert, von denen am 4. Januar nur 4236 geliefert worden sind. „Wir haben also deutlich weniger Biontech bekommen als bestellt“, konstatierte Schweitzer. Hamburger Ärzte, die den Impfstoff über Apotheken bestellen, berichten davon, dass auch sie zuletzt nur einen Drittel der Impfdosen tatsächlich erhielten und verimpfen konnten.

Corona Hamburg: Impfstoff bleibt knapp – bei Boosterimpfungen liegt die Stadt hinten

Es gebe aus Hamburger Sicht keine Möglichkeit, auf Nachlieferungen zu bestehen, so der Senatssprecher – weil der Impfstoff eben trotz Bemühungen des neuen Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD) bundesweit knapp sei. Bei den Boosterimpfungen liegt Hamburg vor Brandenburg und Sachsen auf dem drittletzten Platz. Erst ein Drittel der Hamburgerinnen und Hamburger hat laut RKI eine Auffrischungsimpfung erhalten. Ein Grund ist auch, dass Hamburg sehr lange an der Priorisierung festhielt. Durch die veränderte Stiko-Empfehlung könnte die Boosterkampagne nun erst richtig Fahrt aufnehmen, so der Senatssprecher gestern – ob das gelingt, ist aber fraglich. „Wir wagen derzeit keine Vorausschau“, antwortete Marcel Schweitzer auf die Frage, wann man wieder mit genug Impfstoff rechne.

Als erste deutsche Millionenstadt stellt Hamburg beinahe flächendeckend auf 2G plus um, so soll die Omikron-Welle abgebremst werden. Dass der Breitensport inklusive der Fitnessstudios betroffen sein würde, war bereits vor der Senatssitzung am Dienstag deutlich abzusehen – der letztendliche Beschluss geht nun noch weit darüber hinaus: Auch bei allen Veranstaltungen, in der gesamten Kultur außer Museen und Bücherhallen, bei Stadt- und Hafenrundfahrten, Seniorentreffs und Spielbanken, touristischen Stadtrundfahrten und Hafenrundfahrten brauchen auch vollständig Geimpfte ab Montag regelhaft einen negativen Corona-Test.

Dasselbe gilt abgesehen von Friseuren und der Fußpflege auch für körpernahe Dienstleistungen. Außer regelmäßig getesteten Schülerinnen und Schülern sind nur Menschen von der Testpflicht ausgenommen, die bereits eine Auffrischungsimpfung erhalten haben. Dass es im Einzelhandel bei den bisherigen Regelungen bleibt, begründete der Senat nicht zuletzt mit dem Infektionsrisiko – sondern mit Gerichtsurteilen, die entsprechende Regelungen in anderen Bundesländern zuletzt als unrechtmäßig betitelt und gekippt hatten.

Kritik aus der Opposition an Corona-Politik des Senats

Die Kombination aus der mäßigen Quote von dreifach Geimpften, aber erneuter Regelverschärfung für alle anderen Hamburger veranlasste die Opposition am Dienstag zu scharfer Kritik. „SPD und Grüne schaffen es erkennbar nicht, Boostern und Impfen in Hamburg gut zu organisieren“, sagte CDU-Fraktionschef Dennis Thering. Der Senat sei in der Pflicht, „endlich für genügend niedrigschwellige Impfangebote zu sorgen und diese gerade auch auf minderjährige Impfwillige auszuweiten“.

Krzysztof Walczak, wirtschaftspolitischer Sprecher der AfD-Fraktion, warf dem rot-grünen Senat vor, die Stadt „in eine katastrophale Sackgasse“ hineinzuführen. „Mit der Testpflicht für Genesene und Geimpfte wird sich der angespannte Zustand in Gastronomie, Kultur und Sport weiter verschärfen.“ Der Gesundheitsexperte der Linken, Deniz Celik, begrüßte zwar die vom Senat angekündigte Ausweitung der 2G-Regel auf 2G plus. „Doch wie soll das denn gehen, wenn es immer noch viel zu wenig Testmöglichkeiten gibt?“, fragte er. Auch die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein forderte den Senat auf, dafür zu sorgen, „dass in jedem Quartier wieder Testzentren öffnen“.

Testkapazitäten: Hamburg sieht sich gut gerüstet

Was die benötigten Testkapazitäten bezüglich der Einführung des 2G-plus-Modells betrifft, sieht sich die Stadt jedoch bereits gut gerüstet. In Hamburg gebe es aktuell 238 Teststellen, 125 mehr als Anfang Dezember. 44 weitere sind aktuell beauftragt. Für die am Freitag angesetzte Ministerpräsidentenkonferenz sehe Hamburg jedoch Handlungsbedarf bei der Quarantäneregelung, so Schweitzer. „Wir sind der Meinung, Omikron ist hochansteckend und die dominierende Variante. Grundsätzlich sollten alle Neuinfizierten in Quarantäne gesetzt werden können.“ Die Verkürzung der Isolationszeit bei den Infizierten solle nur dann stattfinden, wenn es dafür eine wissenschaftliche Empfehlung gäbe.

Nach den gültigen Regeln sind geimpfte und genesene Kontaktpersonen von der Quarantänepflicht ausgenommen. Es sei denn, dass die infizierte Person, zu der Kontakt bestand, sich mit der Omikron-Variante angesteckt hat. Sequenzierungen werden aber nur stichprobenhaft durchgeführt und dauerten mehrere Tage. Da sich die Omikron-Variante durchsetzen werde, sei die aktuelle Regelung unpraktisch bei der Anordnung von Quarantänen, so Schweitzer. „Da setzt Hamburg seit geraumer Zeit an und versucht, den Bund davon zu überzeugen, nicht mehr zwischen Delta und Omikron zu unterscheiden.“

Die Hamburger Gesundheitsämter sind angesichts der Lage ohnehin überfordert. Am Dienstag kamen 1468 neue Corona-Fälle hinzu, die Sieben-Tage-Inzidenz stieg auf einen weiteren Rekordwert von 463,3. Besonders hoch ist die Inzidenz bei den 20- bis 29-Jährigen mit einem Wert von 784,5 (Stand Montag).