Hamburg. Der Angeklagte räumte die Vorwürfe ein und war zerknirscht. Seine Beweggründe für die Tat kamen beim Gericht nicht gut an.
Es war der zweite Frühling, in dem Corona das Land fest im Griff hatte. Beschränkungen prägten unseren Alltag in diesem März, und wohl niemand war begeistert, auf vieles verzichten zu müssen. Doch die allermeisten fügten sich in die Notwendigkeiten, die der Kampf gegen das Virus ihnen auferlegten. Nicht so Andreas L. Der Hamburger schrieb eine Mail an Mitglieder der Grünen — eine Botschaft voller Hass und Drohungen.
Jetzt muss sich der 34-Jährige für seine Nachricht vom 29. März wegen Beleidigung und versuchter Nötigung vor dem Amtsgericht verantworten. Der Text, den er unter dem Stichwort „Ausgangssperre“ an die Geschäftsstelle der zehn Mitglieder umfassenden Fraktion der Grünen Hamburg-Mitte schrieb, hatte es in sich: „Ihr wollt uns einsperren???“, fragte er laut Anklage. „Schönen grus an Fr. Fegebank versucht ihr uns unsere Freiheit zu nehmen werden wir euch vernichten ihr dreckigen verbrecher scheiss auf euch“. Mit dem Schreiben habe er die Empfänger der Mail nicht nur in ihrer Ehre herabsetzen sondern sie auch zwingen wollen, von weiteren freiheitsbeschränkenden Corona-Maßnahmen abzusehen, heißt es in der Anklage.
Angeklagter hatte sich "extrem über die Ausgangssperre geärgert"
Ohne Umschweife räumt Andreas L. die Vorwürfe ein. „Ich möchte mich bei der Fraktion der Grünen entschuldigen“, sagt der 34-Jährige zerknirscht und spricht von einer „saublöden Aktion“, die er da angeleiert habe. Er habe damals reichlich Alkohol getrunken. „Ich hatte viel Frust in mir und auch finanzielle Probleme wegen Kurzarbeit. Wegen der Geschichte mit Corona habe ich auch meine Freundin verloren.“ Denn sie hätten „unterschiedliche Ansichten“ gehabt. „Dann ist es mit mir durchgegangen. Was mich da geritten hat, weiß ich nicht.“ Am nächsten Tag habe er sich nicht mehr daran erinnern können, was er geschrieben hatte.
Er habe die Mail verfasst, weil er sich damals „extrem über die Ausgangssperre geärgert“ habe. Es sei ihm sauer aufgestoßen, dass manche auf dem Weg zur Arbeit in vollen öffentlichen Verkehrsmitteln hätten fahren müssen, „aber man nicht nachts um 3 Uhr spazieren gehen darf“. Eins möchte der Hamburger klarstellen: „Ich hatte nie im Leben vor, jemanden körperlich oder verbal zu beleidigen oder zu nötigen.“
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Hassmail an die Grünen: Richter spricht von Besorgnis erregender Entwicklung
Frustriert seien wegen des Lockdowns alle gewesen, sagt die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer. Aber es sei das Virus, das für die Situation verantwortlich sei. Eine solch beleidigende Mail an Politiker zu schreiben, sei „feige und schäbig“.
Der Amtsrichter verhängt schließlich eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu 30 Euro für den Angeklagten, also insgesamt 1500 Euro. Das Schreiben von Andreas L. sei ohne richtigen, verständlichen Anlass erfolgt. „Frustriert waren andere auch.“ Die Mitglieder der Grünen-Fraktion hätten „sich auch nicht gewünscht, dass es eine Corona-Pandemie gibt, wo man abwägen muss“ zwischen Freiheitsrechten und dem Gesundheitssschutz der Bevölkerung. „Es ist eine Besorgnis erregende Entwicklung, dass Politiker immer häufiger im Internet der Hetze ausgesetzt sind.“