Hamburg. Prof. Adam Grundhoff vom Leibniz-Institut geht von einer schnellen Verbreitung aus. Überwachungssystem liefert neue Erkenntnisse.
Die ansteckendere Corona-Mutante „Omikron“ dürfte bereits für einen erheblichen Teil der Neuinfektionen in Hamburg verantwortlich sein. Davon geht der Virologe Prof. Adam Grundhoff vom Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie (HPI) aus. Er verantwortet mit der Virologin Prof. Nicole Fischer vom Uniklinikum Eppendorf ein Überwachungssystem (Hamburg Surveillance Plattform), mit dem frühzeitig neue Varianten von Sars-CoV-2 in der Hansestadt erfasst werden sollen.
Dafür untersuchen die Forschenden und ihre Teams pro Woche bis zu 200 repräsentativ ausgewählte Proben von Corona-Fällen in Hamburg mit der PCR-Methode; anschließend werden positive Befunde durch eine Sequenzierung bestätigt.
Corona: Dominiert Omikron bald in Hamburg?
In 149 untersuchten Proben aus der Kalenderwoche 48 vom 29. November bis zum 5. Dezember haben die Virologen nun erstmals in vier Fällen Omikron nachgewiesen. Das entspricht zwar einem Anteil von nur 2,7 Prozent. Doch seitdem sind zwei Wochen vergangen. Unter der Annahme einer Verdopplung alle drei Tage könnte der Anteil von Omikron bei den Neuinfektionen aktuell in Hamburg grob geschätzt bereits bei 30 bis 40 Prozent liegen, so Grundhoff.
Die medizinische Chef-Beraterin der britischen Gesundheitsbehörde (UKHSA), Susan Hopkins, hatte vor Kurzem erklärt, man sei zunächst davon ausgegangen, dass sich die Zahl der Infektionen mit Omikron innerhalb von zwei bis drei Tagen verdoppele. Womöglich könne sich Omikron aber noch schneller verbreiten. „Es scheint im Moment, als sei diese Wachstumsrate eher noch kürzer als länger“, sagte Hopkins. Auch Dänemark hatte in den vergangenen Tagen Rekordzahlen an Corona-Neuinfektionen wegen Omikron verzeichnet.
Lauterbach: Booster allein gegen Omikron nicht ausreichend
In einer ersten Stellungnahme des von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eingesetzten Corona-Expertenrats heißt es, Omikron zeichne sich durch eine stark gesteigerte Übertragbarkeit und ein Unterlaufen eines bestehenden Immunschutzes aus. Die Variante infiziere in kürzester Zeit deutlich mehr Menschen und beziehe auch Genesene und Geimpfte stärker in das Infektionsgeschehen ein: „Dies kann zu einer explosionsartigen Verbreitung führen.“ Booster-Impfungen alleine bewirkten keine ausreichende Eindämmung der Omikronwelle, es seien „zusätzlich“ Kontaktbeschränkungen notwendig.
Nach Angaben der Hamburger Gesundheitsbehörde war Omikron im Rahmen von zufällig ausgewählten Stichproben bis zum vergangenen Dienstag in fünf Fällen in Hamburg nachgewiesen worden. Daneben gab es weitere Verdachtsfälle. Mittlerweile wurde sie in 25 Fällen sicher nachgewiesen. Das teilte die Sozialbehörde auf Abendblatt-Anfrage mit. Das klingt als absolute Zahl nicht dramatisch, dennoch gibt die Entwicklung Anlass zu Sorgen: Denn vergangene Woche hatte es erst fünf bestätigte Omikron-Fälle gegeben – binnen weniger Tage hat sich die Anzahl also verfünffacht.
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Nach Einschätzung von Karl Lauterbach steht Deutschland vor einer massiven fünften Corona-Welle wegen der neuen Corona-Variante. „Wir müssen davon ausgehen, dass die Omikron-Welle, vor der wir stehen, die wir aus meiner Sicht nicht verhindern können, eine massive Herausforderung wird für unsere Krankenhäuser, für unsere Intensivstationen, aber auch für die Gesellschaft in der Gänze.“ So eine Herausforderung habe man in der Pandemie noch nicht gesehen. Was in Großbritannien derzeit beobachtet werde, übertreffe alles, was in der Pandemie bisher beobachtet worden sei.