Hamburg. Nach dem Zerwürfnis mit Katja Günther ist der wichtige Posten neu besetzt worden – aber nicht mit dem Wunschkandidaten der Senatorin.

Die wichtigste Personalie im Haus von Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) ist entschieden. Senatsdirektor Holger Schatz ist neuer Staatsrat der Behörde und damit Nachfolger von Katja Günther (Grüne), die aufgrund eines tiefen Zerwürfnisses zwischen Gallina und ihr vor drei Wochen von ihren Aufgaben entbunden worden war. Das Abendblatt hatte schon zuvor über die anstehende Personalie berichtet.

Schatz ist Leiter des Amtes für Justizvollzug und Recht und kennt die Behörde, ihre Abläufe und die handelnden Personen seit vielen Jahren. Er gilt als ausgesprochen loyal. Pikant: Der sehr versierte und anerkannte Jurist – Schatz war früher auch als Richter tätig – ist Sozialdemokrat, allerdings ohne parteipolitisch aktiv zu sein. Die Grünen verzichten also gewissermaßen auf einen Staatsratsposten. Gallina hatte sich bereits mit ihrem Favoriten für die Günther-Nachfolge, dem Leiter der Präsidialabteilung der Justizbehörde, Thomas Baehr (Grüne), nicht bei den eigenen Parteifreunden durchsetzen können.

Anna Gallina verlangte Versetzung der Staatsrätin in den Ruhestand

Bemerkenswert ist außerdem, dass keine Frau die Nachfolge von Katja Günther antritt. Nach Informationen des Abendblatts hatte es mehrere Absagen für die Besetzung des Postens gegeben. Möglicherweise spielte dabei auch die derzeit schwierige Lage in der Justiz­behörde und Gallinas bisweilen etwas ruppiger Führungsstil eine Rolle. Unter anderem soll auch eine Topjuristin aus einem Nachbarbundesland abgewinkt haben.

Anna Gallina hatte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) Anfang November um die Versetzung Günthers in den einstweiligen Ruhestand gebeten, nachdem das Zerwürfnis zwischen den beiden Frauen öffentlich zu werden drohte. Zuletzt hatte es eine heftige Auseinandersetzung um die Besetzung der Leitung des Zentralamtes der Justizbehörde gegeben. Tschentscher, aber auch vielen führenden Grünen war verborgen geblieben, dass das Tischtuch zwischen Gallina und Günther längst zerschnitten war.

Katja Günther nun doch in den Ruhestand versetzt

Der Erste Bürgermeister hatte eine sofortige Versetzung Günthers, deren Arbeit er sehr schätzt, in den einstweiligen Ruhestand zunächst abgelehnt. Stattdessen wurde die Juristin lediglich von ihren Aufgaben entbunden. Am Dienstag wurde Günther dann aber doch in den einstweiligen Ruhestand versetzt.

Um Zeit für die schwierige Suche nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger zu gewinnen, hatten sich SPD und Grüne während der Übergangszeit darauf verständigt, dass Bezirksstaatsrat Alexander von Vogel (Grüne) Gallina in ihrer Behörde unterstützt.

Die frühere Justizstaatsrätin Katja Günther (Grüne).
Die frühere Justizstaatsrätin Katja Günther (Grüne). © picture alliance/dpa | Wolfgang Kumm

Grundsätzlich schlagen die Grünen die Besetzung der ihnen laut Koalitionsvertrag zustehenden Senatsposten sowie der Staatsratsämter vor. Es ist generell geübte Praxis von Koalitionsregierungen in Deutschland, dass eine Partei der anderen nicht in die ihr zustehenden Personalien hineinredet.

Zerwürfnis zwischen Gallina und Günther löste Krisengespräche aus

Tschentscher hatte nach der dramatischen Zuspitzung zwischen Gallina und Günther für deren Nachfolge lediglich natürliche Autorität und eine hohe juristische Fachkompetenz angemahnt. Gallina selbst ist keine Juristin und damit erst die zweite Senatorin ohne die entsprechenden Examina in der Geschichte der Behörde und ihrer Vorläufer seit 1949.

Auf das Bekanntwerden des Zerwürfnisses zwischen Gallina und Günther folgten stundenlange Krisengespräche der Grünen-Spitzen aus Senat, Partei und Bürgerschaftsfraktion. Dabei ging es nicht nur um die Frage der Günther-Nachfolge, sondern auch um die politische Zukunft Gallinas. Einige Spitzen-Grüne kritisierten heftig, dass Gallina sie nicht vorab in die Entscheidung zur Trennung von Günther eingebunden hatte. Gallinas Vorschlag, Thomas Baehr zum Justizstaatsrat zu ernennen, wurde von dem grünen Krisengipfel auch deswegen abgelehnt, weil er Teil der Auseinandersetzungen zwischen der Senatorin und ihrer Staatsrätin war.

Die Nachfolge-Frage war gemeinsame Sache der Grünen

Zuletzt war eine Bewerbung Baehrs auf den Posten des Leiters des Amtes für Verbraucherschutz gescheitert. Zunächst war die Ausschreibung für den Posten vom Personalamt gestoppt worden, weil sie nicht rechtskonform und zu spezifisch war. In der korrigierten und weiter gefassten Ausschreibung gab es dann Bewerber und Bewerberinnen, die höher besoldet sind als Baehr, sodass dieser nach Beamtenrecht chancenlos war. Gallina und Günther warfen sich gegenseitig vor, für das Scheitern verantwortlich zu sein.

Aus Sicht mancher Spitzen-Grüner wäre es nicht gut begründbar gewesen, Baehr zum Staatsrat zu ernennen, nachdem er sich bei einer Amtsleiterstelle nicht habe durchsetzen können. Im Ergebnis war die Suche nach einem Staatsrat oder einer Staatsrätin der Justizbehörde nun gemeinsame Sache der Spitzen-Grünen.

Gallinas Verbleib als Senatorin hing auch an der Staatsrat-Nachfolge

Dass sich der engste Führungskreis nach Informationen des Abendblatts in der vorvergangenen Woche darauf verständigt hat, Gallina im Amt zu belassen, soll auch damit zusammenhängen, dass eine überzeugende Lösung für den Posten Nummer zwei in der Behördenhierarchie gefunden wird. Gleichwohl geht Gallina geschwächt aus den vergangenen Wochen hervor.

Dass mit Holger Schatz nun ausgerechnet ein Sozialdemokrat die Günther-Nachfolge antritt, zeigt auch, wie schwierig die Suche für den SPD-Koalitionspartner war. Denn bislang war es das Prinzip der Grünen, auch die ihnen zustehenden Staatsratsposten unter Berücksichtigung des Parteibuchs zu besetzen. Nicht nur von Vogel und Günther, sondern auch die Staatsräte Michael Pollmann (Umwelt), Martin Bill (Verkehr) und Eva Gümbel (Wissenschaft) sind Grüne und waren zum Teil zuvor Bürgerschaftsabgeordnete.

Holger Schatz ist neuer Staatsrat der Justizbehörde

Schon am Dienstagabend ernannte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) Holger Schatz zum Staatsrat – und dankte seiner Vorgängerin für ihre Arbeit.

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Tschentscher sagte: "Ich freue mich, dass er die Aufgaben des Staatsrates der Behörde für Justiz und Verbraucherschutz übernimmt, und bin sicher, dass er die Arbeit von Staatsrätin Günther erfolgreich fortführen wird. Frau Günther danke ich für ihre langjährige, sehr gute Arbeit in der Justizbehörde und für den Senat insgesamt. Ich wünsche ihr für die Zukunft alles Gute."