Hamburg. Abendblatt kürt die Hamburger zur Hanseatin und zum Hanseat der Jahre 2020/2021. Preis für soziales Engagement und berufliche Leistung.

Es ist einmalig, was sich am Donnerstagabend auf dem Balkon der Hanse Lounge abspielt. Der sonst so bescheidene Rechtsmediziner Klaus Püschel lässt sich feiern und zuprosten. Er stößt mit Cornelia Poletto an.

Besonders ist auch, dass die Fernsehköchin an diesem Abend keinen Fuß in die Küche setzt, sondern sich zur Feier des Tages mit Püschel bewirten lässt. Denn das Abendblatt kürte die beiden zu Hanseatin und Hanseat der Jahre 2020 und 2021 – zum Dank für ihr soziales Engagement und ihre berufliche Leistung.

Auszeichnung: Auch Tessa Aust in der Jury

Zuvor war der Ehrentitel immer nur für ein Jahr vergeben worden. Doch die Corona-Pandemie forderte ihren Tribut: Kontakte mussten reduziert, der Abstand gewahrt bleiben. An einen geselligen Abend war nicht zu denken. Deshalb richtete die fünfköpfige Jury bei der Auswahl der Preisträger den Blick auf das soziale Engagement der vergangenen beiden Jahre.

Entschieden haben Kiezgröße Tessa Aust, City-Managerin Brigitte Engler, PR-Frau Alexandra von Rehlingen, der ehemalige „Stern“-Chef Klaus Liedtke und Vivian Hecker, die Marketingchefin des Abendblatts.

„Ich bin außerordentlich geehrt"

Bei seiner Ankunft gibt sich Püschel typisch hanseatisch. Er sagt: „Ich bin außerordentlich geehrt, aber ich wundere mich, was ich gemacht haben soll, um die Auszeichnung zu verdienen.“ Er grübelt. Dann fügt er an: „Vielleicht liegt es daran, dass ich im Greifswald geboren bin, in Bremen aufgewachsen und hier in Hamburg gewirkt habe. Es sind alles Hansestädte. Insofern bin ich ein klassischer Hanseat.“

Einer, der sich nicht in den Vordergrund drängt, sondern im Understatement erprobt ist. Eigentlich weiß Püschel genau, warum er einer der beiden Stargäste ist. „Ich habe hier in Hamburg lange Zeit als Rechtsmediziner gearbeitet. Da habe ich schon einige Spuren hinterlassen“, sagt er. Das stimmt. Da der 69-Jährige im vergangenen Herbst in Rente ging, ehrte die Jury ihn für sein Lebenswerk.

Püschel „schaffte in Hamburg unglaublich viel“

Die Begründung der Jury: Der Hanseat schaffte es, die Anzahl der Druckliegegeschwüre (Dekubitus) bei alten Menschen in Pflegeeinrichtungen zu reduzieren. Außerdem forschte er zum Plötzlichen Kindstod und klärte auf, wodurch die Anzahl der Todesfälle drastisch sank. Zuletzt lieferte er Erkenntnisse zum Sterberisiko von alten und vorerkrankten Corona-Patienten.

Auch nach seinem Renteneintritt engagiert er sich weiter: In Ruanda hilft Püschel, eine Rechtsmedizin aufzubauen. Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider fasst dessen Wirken so zusammen: „Klaus Püschel war von 1991 bis 2020 Hamburgs Rechtsmediziner. Während dieser Zeit schaffte er unglaublich viel.“

Auch Poletto für soziales Engagement geehrt

Haider lobt auch Poletto. „Sie ist die einzige Fernsehköchin, die wirklich kochen kann“, sagt er. Als sie 2000 das Restaurant „Poletto“ eröffnete, erkochte sie sich zwei Jahre später einen Michelin-Stern und konnte ihn bis zur Schließung halten. 2011 eröffnete sie das Restaurant „Cornelia Poletto“ in Eppendorf. Auch über die Grenzen Hamburgs machte sie Karriere, war zum Beispiel Jurorin in der Fernsehshow „The Taste“. Der internationale Durchbruch gelang ihr 2018: Zusammen mit dem Messerhersteller Zwilling eröffnete sie das Restaurant „The Twins by Cornelia Poletto“ in Shanghai.

„Aber sie kann noch viel mehr“, sagt Haider, „sie ist Schirmherrin des Altonaer Kinderkrankenhauses und hat während der Corona-Pandemie für alte Leute gekocht, obwohl es ihr selbst als Gas­tronomin nicht gut ging.“ Die Köchin und ihr Team unterstützten die AWO-Hilfsaktion „Miteinander in Zeiten von Corona“. Einmal wöchentlich kochte sie ein kostenloses Mittagessen für hilfsbedürftige Seniorinnen und Senioren, lieferte die Speisen kontaktlos bis vor die Haustür.

Poletto auch bei „Obdach Hamburg“ aktiv

„Mir ging es trotz aller Umstände immer noch sehr gut“, sagt Poletto rückblickend, „außerdem helfe ich gerne.“ Aber: „Das Engagement im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie war nur das Sahnehäubchen“, sagt Jurorin Vivian Hecker. Die Jury schätzt auch den Einsatz für die Aktionen „Obdach Hamburg“ und den „Hamburger Weg“. Besonders beeindruckt ist Hecker davon, dass Poletto erst 50 Jahre alt ist. Das sei relativ jung für so einen Ehrenpreis.

Neben dem Titel der Hanseatin und des Hanseaten erhalten Poletto und Püschel je 1500 Euro, die sie für einen gemeinnützigen Verein ihrer Wahl spenden werden.