Hamburg. Staffelübergabe: Andreas Kleinau übernimmt Geschäftsführung von Jürgen Bruns-Berentelg. Twachtmann folgt auf Schultz-Berndt.
Auch die Zukunft hat eine Vergangenheit – während manche Hamburger den neuen Stadtteil noch immer für eine halb fertige Baustelle halten, hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten extrem viel getan, wie das Symposium „Auf Neuen Pfaden“ am Mittwochabend zeigte. Heute – ein knappes Vierteljahrhundert nach der Ideenpräsentation durch Bürgermeister Henning Voscherau – ist vieles anders: Wir bauen anders, wir planen anders, manche sprechen sogar anders, wenn sie über Gendersterne stolpern.
In Zeiten der Klimakrise wird „Nachhaltigkeit“ zum Zauber-, Ziel- und Füllwort: „Mit der HafenCity in eine nachhaltige Stadtentwicklung“ lautete die Überschrift des Abends. Doch die Unterzeile war eine andere: Zwei Gestalter der Hafencity GmbH treten nach Jahrzehnten ab: Prof. Jürgen Bruns-Berentelg war seit 2003 nicht nur der Vorsitzende der Geschäftsführung der HafenCity, er war ihr Gesicht.
Stadtentwicklung: Bruns-Berentelg warb für HafenCity
Auf unzähligen Veranstaltungen warb der Immobilienexperte, stets korrekt mit Krawatte und Einstecktuch, für die Idee der neuen Stadt in der Stadt. Ob auf der Branchenmesse Expo Real in München oder der Mipim in Cannes: Bruns-Berentelg war immer ein gefragter Gesprächspartner. Dass die HafenCity für ihn nicht nur ein Job, sondern Herzensangelegenheit ist, war bei jeder Begegnung zu spüren. Seine Liebe zum Detail und sein Wissen über die einzelnen Projekte sind legendär – auch wenn seine Ausführungen zuweilen etwas Geduld bei seinen Zuhörern erforderten.
Zum Jahresende geht auch Giselher Schultz-Berndt. Er stieß 1998 zur Gesellschaft für Hafen- und Standortentwicklung (GHS), als die HafenCity noch ein Geheimprojekt war, und war seit 2004 Geschäftsführer der HafenCity Hamburg. Dementsprechend groß waren die Blumensträuße, die ihre Nachfolger Andreas Kleinau und Theresa Twachtmann den beiden Scheidenden überreichten.
Tschentscher musste kurzfristig absagen
Verbale Blumensträuße gab es zuvor beim Symposium in der Halle 424 im Oberhafenquartier. Viele Wegbegleiter der vergangenen Jahre hatten sich eingefunden, Bürgermeister Peter Tschentscher und Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt mussten kurzfristig absagen. Der Bürgermeister lobte in einem digitalen Grußwort die beiden scheidenden Geschäftsführer, „die ein neues Kapitel der Stadtgeschichte mitgeschrieben haben“.
Die HafenCity zähle zu den attraktivsten urbanen Räumen in Europa. „Sie setzt international Maßstäbe in der modernen und nachhaltigen Stadtentwicklung und ist zu einem Markenzeichen Hamburgs geworden, lobte der SPD-Politiker: „Sie haben diese Entwicklung maßgeblich mitgeprägt.“
HafenCity war „eine mutige Idee"
Staatsrätin Monika Thomas sprach in Vertretung für Senatorin Stapelfeldt, die an den Koalitionsverhandlungen in Berlin teilnahm, von einem „weltweit beachteten Projekt“, das inzwischen 30 Preise gewonnen habe. „Es war eine mutige Idee, auf alten Hafenflächen eine moderne Stadt zu errichten“, sagte Thomas. Was 2001 begonnen habe, nähere sich nun mit dem Bau von zwei Schlusssteinen im Elbquartier der Vollendung. „Die HafenCity ist zu einem Reallabor für nachhaltiges Bauen und nachhaltige Mobilität geworden – die Zehn-Minuten-Stadt ist hier Wirklichkeit.“
Mit Superlativen wurde an diesem Abend für das größte europäische Stadtentwicklungsprojekt ohnehin nicht gegeizt: Kees Christiaanse, Professor Emeritus für Architektur und Städtebau ETH Zürich und Gründer der Büros KCAP und ASTOC, erinnerte noch einmal an die städtebauliche Vision von 1998, die nun Wirklichkeit geworden sei: „Hier wurde etwas geleistet, das weltweit nirgendwo geleistet wurde“, lobte er.
Auch Karin Loosen fand lobende Worte
Karin Loosen, Präsidentin der Hamburgischen Architektenkammer, lobte, die HafenCity sei nicht nur ein wirtschaftlicher, sondern auch urbanistischer Erfolg geworden. Und Christoph Krupp, inzwischen Sprecher des Vorstands der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben und früherer Leiter der Senatskanzlei, goss ein wenig Wasser in den Wein, als er bedauerte, dass auf dem Grasbrook heute nicht die Olympic City entstehe.
Ursprünglich hatte auf der Elbinsel das Olympische Dorf entstehen sollen, nun wird ein Teil davon entwickelt. Für das Konzept ist die Hafencity Hamburg GmbH verantwortlich – und es warten noch weitere Aufgaben: Die Stadtentwicklungsgesellschaft ist zudem mit der Entwicklung des Billebogens und der neuen Science City in Bahrenfeld betraut. Darin liegt auch eine Anerkennung für die beharrliche wie umsichtige Arbeit der Gesellschaft.
Bruns-Berentelg brachte sich als Mediator ein
Die Branchengrößen, die mit Bruns-Berentelg zusammengearbeitet haben, zollen „Mister HafenCity“ Respekt. „Wir haben ihn als verlässlichen und kooperativen Partner kennen- und schätzen gelernt. Dank seiner großen Erfahrung und Projektentwicklungskompetenz haben wir auch bei kritischen Themen für alle Seiten zufriedenstellende Lösungen gefunden“, sagt Timo Herzberg, Deutschlandchef der Signa Real Estate, die den 245 Meter hohen Elbtower realisiert.
Bruns-Berentelg war nicht immer ein einfacher Verhandlungspartner. „Zwar haben wir uns über seine Beharrlichkeit und eine gewisse Selbstüberzeugtheit bei den Anforderungen an eine moderne Stadt öfter die Haare gerauft. Aber wenn es drauf ankam, hat er sich bei Problemen immer wieder erfolgreich als Mediator und Konfliktlöser eingebracht“, sagt Jan Petersen, Geschäftsführer der Aug.
„Ich habe von Prof. Bruns-Berentelg sehr viel gelernt"
Prien Projektentwicklung, die am Strandkai die Hochhäuser The Crown und Fiftynine realisiert. Auch Lothar Schubert, geschäftsführender Gesellschafter von DC Developments, ist an dem Strandkai-Projekt beteiligt und kennt den scheidenden HafenCity-Chef aus zahlreichen Bauvorhaben. „Ich habe von Prof. Bruns-Berentelg sehr viel gelernt, und wir teilen die Leidenschaft für komplexe Aufgaben. Eine Gabe von ihm ist, dass er komplex und interdisziplinär denkt, aber dennoch einfach handelt und immer auf Augenhöhe agiert.“
- Autonom fahrender Heat-Bus: Wie geht es jetzt weiter?
- Ideen, die die Stadt verändern: Die Macht der Bürger
- Neues Leben in alten Hamburger Arbeitervierteln
Nun kommt der Generationswechsel: „Jetzt ist es an Andreas Kleinau und an Theresa Twachtmann, die Geschichte der Hamburger Stadtentwicklung in der HafenCity weiterzuschreiben“, sagt Stadtentwicklungssenatorin Stapelfeldt. Die neue Führung ist sich der Aufgabe bewusst.
Stadtentwicklung: Viel Arbeit in Entwicklungsgebieten
„Unsere beiden Vorgänger haben über Jahrzehnte eine unglaubliche Arbeit geleistet. Die erfolgreiche Entwicklung der HafenCity hat von ihrem unermüdlichen Engagement immens profitiert“, sagt Kleinau und skizziert, dass in den neuen Entwicklungsgebieten viel Arbeit und Gestaltungsraum bleibe. „Wir freuen uns und sind dankbar, diese neuen Aufgaben gestalten zu dürfen.”