Hamburg. Vermieter dürfen manche Posten gar nicht umlegen. Was der Mieterverein rät und wie Betroffene Forderungen überprüfen können.
Hausreinigung, Müllentsorgung, Versicherungen – bei den einzelnen Posten auf der jährlichen Nebenkostenabrechnung sollten Mieter grundsätzlich ganz genau hinschauen. Denn einer Schätzung des Deutschen Mieterbunds zufolge ist jede zweite Abrechnung fehlerhaft. Hamburgs Mietern entsteht dadurch ein jährlicher Gesamtschaden von mindestens zwölf Millionen Euro, schätzt der Mieterverein zu Hamburg.
„Jeder Mieter sollte wissen, dass auch eine falsche Betriebskostenabrechnung, die innerhalb von zwölf Monaten nach Erhalt nicht beanstandet wird, eine Zahlungspflicht des Mieters begründet“, sagt Rolf Bosse, Geschäftsführer des Mietervereins zu Hamburg. „Dies gilt auch für Nebenkosten, die ausweislich des Mietvertrages oder der gesetzlichen Regelungen vom Mieter nicht geschuldet werden.“ Doch wie lässt sich das überprüfen? Zunächst sollte die Abrechnung unter Berücksichtigung von zwei Faktoren kontrolliert werden, so Bosse.
Wohnen in Hamburg: Betriebskostenabrechnungen sind oft falsch
Die entscheidenden Fragen dabei lauteten: „Sind die Kosten umlagefähig und der Höhe nach in Ordnung?“ Das lasse sich beispielsweise anhand des Betriebskostenspiegels gut nachvollziehen. Ist ein Posten unklar, sollte in einem ersten Schritt der Vermieter kontaktiert und um eine Erläuterung gebeten werden. Beim Mieterverein befasse sich jede dritte Rechtsberatung mit dem Thema Nebenkosten. Beispiele aus der Beratungspraxis zeigen, wo die Fehler im Detail liegen können.
So hätten sich bei einer Mieterin die Kosten für Baum- und Gartenpflegearbeiten in der Nebenkostenabrechnung im Vergleich zu den Vorjahren vervielfacht. „Das muss man hinterfragen“, sagt Bosse. Eine Überprüfung des Lageplans ergab schließlich, dass einige Bäume, für die Baumpflegearbeiten berechnet wurden, gar nicht zum Grundstück des Miethauses gehörten. „Diese Abrechnung muss korrigiert werden.“ Die Mieterin könne mit einer Ersparnis von 250 Euro rechnen.
In anderen Fällen wurden Wartungskosten für Arbeiten abgerechnet, die gar nicht durchgeführt wurden oder Strom zur Beleuchtung einer Tiefgarage auch auf Mieter umgelegt, die diese gar nicht nutzen. Auch bei den Heizkosten schleichen sich gerne Fehler ein, zum Beispiel dann, wenn in einem Mietshaus Leerstand besteht und die Mieter dementsprechend mehr heizen müssen oder wenn Vermieter versuchen, überhöhte Heizkosten auf die Mieter umzulegen. „In so einem Fall greift der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz“, so Bosse. Dieser verpflichtet Vermieter zu einer sparsamen Haushaltsführung. „Gerade jetzt, wo Heizkosten steigen, kann es nicht sein, dass Heizungsanlagen nicht überprüft werden.“
Auch bei großen Konzernen wird falsch abgerechnet
Falsch abgerechnet werde laut Bosse dabei nicht nur bei Privatvermietern, die möglicherweise überfordert sind, sondern auch bei Hausverwaltungen und großen Wohnungsunternehmen wie dem Immobilienkonzern Vonovia, dem mit mehr als 400.000 Wohnungen größten deutschen Vermieter.
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„Aus unserer Beratungspraxis können wir keinen Fall erkennen, in dem Vonovia alle Positionen, die sie abrechnet, belegen konnte“, sagt Rolf Bosse. „Zudem schlägt der Konzern grundsätzlich die Gewinne seiner Tochterunternehmen auf die tatsächlichen Betriebskosten auf, um die Renditen des Konzerns zu erhöhen.“ In Hamburg seien von dieser Praxis rund 10.000 Haushalte betroffen.
Zusammen mit bundesweit agierenden Mietervereinen und Initiativen, die sich in einem Vonovia-Mieterinnenbündnis zusammengeschlossen haben, fordert auch der Mieterverein zu Hamburg die Vonovia auf, „diese fragwürdige Abrechnungspraxis zu ändern und mit der Benachteiligung von Mieterinnen und Mietern Schluss zu machen“.
Tipp: Reden Sie mit Nachbarn über Nebenkostenabrechnung
Intransparenz sei bei fehlerhaften Abrechnungen für die Mieter häufig ein Problem. „Auf Nachfrage kommt zwar was, doch Mieter werden dann mit Papier zugeschüttet und für den Einzelnen ist es überhaupt nicht möglich, da durchzusteigen“, sagt Marielle Eifler, stellvertretende Vorsitzende des Mietervereins zu Hamburg.
Ein weiteres Problem, warum fehlerhafte Betriebskostenabrechnungen oftmals nicht angefochten werden, sei eine große Vorsicht aufseiten der Mieter. „Viele wollen das Mietverhältnis nicht belasten.“ Und: „Man muss so eine Auseinandersetzung aushalten können.“ Das weiß auch Gabriele Feigl-Harms. Die Hamburgerin hat mit Unterstützung des Mietervereins zwei Gerichtsverfahren, die aufgrund falscher Nebenkostenabrechnungen zustande gekommen waren, zu ihren Gunsten entschieden. Eine nervliche Zerreißprobe. „Ich hatte Angst, die Wohnung zu verlieren“, sagt die 70-Jährige. Dennoch lautet ihr Appell: „Es bringt was, sich zu wehren.“
Für alle Hamburger Mieterinnen und Mieter bietet der Mieterverein zu Hamburg online (www.online-checks. mieterverein-hamburg.de) einen kostenlosen Betriebskosten-Check an, mit dem die Abrechnung auf Plausibilität geprüft werden kann. Mieter seien gut beraten, eine Abrechnung auch dann zu prüfen, wenn diese unterm Strich ein Guthaben ergibt. „Bei Betriebskostenabrechnungen lohnt sich Hartnäckigkeit“, so Mietervereins-Geschäftsführer Bosse. Auch ein Zusammenschluss mit anderen Mietern sei grundsätzlich ratsam: „Reden Sie mit Ihren Nachbarn auch über die Nebenkostenabrechnung. Erst dann schaffen wir es gegenüber Vermietern, mehr Durchschlagskraft zu haben.“