Hamburg. 900 Praxen bieten Auffrischungen an. Es wird viel Zulauf erwartet. Außerdem: Hamburg fordert Corona-Hilfen in Millionenhöhe zurück.
In Hamburg werden sich nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) rund 900 Arztpraxen an den Auffrischungsimpfungen gegen das Coronavirus beteiligen. Wie KV-Sprecher Jochen Kriens dem Abendblatt sagte, erwarte man in den nächsten Tagen die offizielle Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) für die sogenannte „Booster-Impfung“. Die Stiko hatte das Verfahren bereits angekündigt. Demnach werden vermutlich zunächst alle Menschen im Alter von 70 Jahren und darüber zum erneuten Impfen aufgerufen, wenn ihre vollständige Immunisierung sechs Monate zurückliegt.
In den Heimen und für Ärzte sowie medizinisches Personal werden in Hamburg zum Teil bereits Booster-Impfungen durchgeführt. Menschen mit Immunschwäche kommen ebenfalls für eine weitere Spritze infrage. Diese Personenkreise waren zu Beginn der Impfkampagne die ersten, die gegen Sars-CoV-2 immunisiert wurden.
Booster-Impfung gegen Corona: Das muss man wissen
Die Praxen erwarten für die kommenden Tage einen größeren Zulauf. Es gibt allerdings keine zentrale Terminstelle oder Internetseite für die neuerlichen Impfungen. Einige Praxen wollen ihre Patienten selbst kontaktieren. Bei anderen wird man die Informationen nach der Stiko-Empfehlung auf den jeweiligen Praxis-Internetseiten finden. Die dezentralen Impfteams der Stadt und die Krankenhäuser, die zum Beispiel auch Jugendliche versorgen, machen keine Drittimpfungen.
In den Kliniken wie zum Beispiel bei Asklepios erhalten dagegen die Mitarbeiter schon ihre dritte Impfung. Wie berichtet, hatte das Agaplesion Bethesda Krankenhaus in Bergedorf schon mit Booster-Impfungen begonnen. Dort sollten neben den Mitarbeitern bereits Menschen ab 60 eine Auffrischung bekommen. Auch niedergelassene Ärzte selbst haben mittlerweile einen „Booster“ erhalten. Sie konnten sich zum Teil gegenseitig impfen.
Johnson & Johnson: "Vergleichsweise geringe Wirksamkeit bei Delta"
Die Versorgung mit Impfstoff von Biontech oder Moderna scheint derzeit kein Problem mehr zu sein. Beide Vakzine werden für die Drittimpfung empfohlen, auch wenn die Erstimpfung mit Astrazeneca oder Johnson & Johnson durchgeführt wurde. Die Stiko weist darauf hin, dass Menschen, die mit dem Einmalwirkstoff von Johnson & Johnson geimpft wurden, eine vergleichsweise geringe Impfstoffwirksamkeit gegenüber der Delta-Variante aufwiesen.
Deshalb wird die Empfehlung hier vermutlich sein, dass mindestens vier Wochen Abstand zwischen Einmalimpfung und Auffrischung ausreichend sein könnten. Die Grundzüge der neuen Stiko-Empfehlung werden noch von Fachleuten geprüft.
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Nach einer Studie des US-Gesundheitsinstituts NIH wiesen Menschen, die mit Johnson & Johnson erstgeimpft wurden, bei einer Auffrischung mit demselben Impfstoff eine vierfache Menge an Antikörpern im Blut auf. Erhielten sie bei der Booster-Spritze Biontech, waren es 35-mal so viele, bei Moderna 76-mal. Diese Befunde müssen aber noch von weiteren Experten bestätigt werden. In Hamburg bekamen nach Daten des Robert-Koch-Instituts etwa 85.000 Menschen den Impfstoff von Johnson & Johnson.
Sieben-Tage-Inzidenz in Hamburg sinkt weiter
Insgesamt wurden in Hamburg bereits mehr als 18.000 Menschen mit einer Auffrischung ihrer Corona-Immunisierung versorgt. Die Zahl der zweifach Geimpften liegt bei 1,295 Millionen Menschen, die Impfquote bei 69,9 Prozent und damit deutlich über dem Bundesdurchschnitt (65,5). Aufgrund unterschiedlicher Meldefaktoren wird damit gerechnet, dass die Impfquote eigentlich um ein paar Prozentpunkte höher liegt (das Abendblatt berichtete). Bei den vollständig geimpften 12- bis 17-Jährigen hat Hamburg mit einer Quote von 36,5 Prozent gegenüber dem deutschlandweiten Wert (37,8) noch Nachholbedarf.
Am Donnerstag meldete die Sozialbehörde 162 neue Corona-Fälle, 63 weniger als am Mittwoch, 14 weniger als in der Woche zuvor. Die Sieben-Tage-Inzidenz sank auf 59,1 pro hunderttausend Einwohner. Vier weitere Todesfälle sind zu verzeichnen (1761 seit Pandemiebeginn). In Hamburger Krankenhäusern werden 88 Covid-19-Patienten behandelt, 31 von ihnen auf Intensivstationen.
Corona-Soforthilfe: Millionen-Rückforderungen
Unterdessen hat die finanzielle Aufarbeitung der staatlichen Unterstützung für Unternehmen und Solo-Selbstständige während der Pandemie begonnen. Während die Hamburger Corona-Soforthilfe (HCS) in Höhe von 2500 Euro für Solo-Selbstständige prüfungsfrei gezahlt wurde, schreibt der Bund für die aus seinem Etat gewährten Corona-Hilfen ein aufwendiges Prüfverfahren im Nachhinein vor, mit dem geklärt werden soll, ob das Geld zu Recht gezahlt wurde.
Von den rund 45.000 Hamburger Solo-Selbstständigen und Klein-Unternehmern, die zwischen 2500 und 30.000 Euro Bundesmittel zur Überbrückung pandemiebedingter Einnahmeausfälle erhalten hatten und von der Investitions- und Förderbank (IFB) angeschrieben wurden, haben sich bislang rund 24.000 zurückgemeldet.
Finanzsenator: „Niemand soll in eine neue Notlage geraten!“
Die IFB hat nach Angaben der Finanzbehörde gegenüber diesem Adressatenkreis Rückforderungen in Höhe von 80 Millionen Euro gestellt. Zuerst hatte der NDR darüber berichtet. Derzeit ist unklar, wie viel Geld bereits in die Staatskasse zurückgeflossen ist. Unabhängig davon haben Empfänger und Empfängerinnen der Bundeshilfe freiwillig bereits 20 Millionen Euro zurückgezahlt, unter anderem weil sie das Geld doch nicht benötigt haben.
Diejenigen, die sich noch nicht auf das Anschreiben der IFB gemeldet haben, erhalten demnächst Mahnungen. Wer auch eine zweite Mahnung ignoriert, muss mit der Rückforderung des insgesamt gezahlten Betrages rechnen. Die Finanzbehörde weist darauf hin, dass Zahlungspflichtige Stundung oder Ratenzahlung vereinbaren können. Mehr als 1000 Frauen und Männer hätten das Angebot bereits genutzt. „Niemand soll in eine neue Notlage geraten!“, twitterte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) am Donnerstag.