Harburg. Der Wilhelmsburger holt zum dritten Mal das Direktmandat im Wahlkreis Harburg-Bergedorf Gedämpfte Stimmung bei CDU und Grünen.

Es war keine Riesenüberraschung, dass Metin Hakverdi (SPD) den Bundestagswahlkreis Harburg-Bergedorf am Sonntag verteidigen konnte. Die Deutlichkeit des Ergebnisses löst aber sowohl bei ihm als auch bei seinen Genossen erleichterte Freude aus, denn noch wenige Monate vor der Wahl, mit dem Bundestrend gegen die SPD und für die Grünen, hätte es für Hakverdi trotz der Favoritenrolle eng werden können. Mit 39,3 Prozent der Erststimmen steigert Hakverdi sein Ergebnis von 2017 um mehr als fünf Prozent.

Herbe Verluste muss die CDU verkraften: Ihre Ergebnisse brachen bei Erst- und Zweitstimmen im Wahlkreis um über ein Drittel ein. Und die Grünen können sich nicht so richtig freuen, dass ihr Kandidat Manuel Sarrazin seine Stimmen gegenüber 2017 nahezu verdoppeln konnte. Im Wahlkreis brachten ihn auch die 15,5 Prozent nur auf Platz drei hinter Uwe Schneider von der CDU und das Landesergebnis der Grünen gab für Sarrazin, der bereits dreimal über die Landesliste in den Bundestag einzog, diesmal kein Mandat.

Metin Hakverdi ist seit 2013 Mitglied des Bundestags und sitzt im Finanzausschuss

Der aus Wilhelmsburg stammende Jurist Metin Hakverdi ist seit 2013 Mitglied des Bundestages und war Mitglied im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union und im Finanzausschuss sowie stellvertretendes Mitglied im Haushaltsausschuss. „Ich freue mich über das Vertrauen, das mir die Wähler geschenkt haben“, sagt Hakverdi. „Da haben sich der lange Wahlkampf und die Wahlkreisarbeit davor ausgezahlt.“

Der Wahlkampf sei diesmal besonders kompliziert gewesen. Durch die Struktur des Wahlkreises mit Harburg, Wilhelmsburg und Bergedorf als jeweils eigenständigen Gebieten und Parteiorganisationen sei es schon immer aufwendig gewesen, hier Wahlkampf zu organisieren. „Eigentlich arbeiten wir dezentral mit drei Wahlkampfteams. Diesmal kam auch noch die Corona-Pandemie hinzu und man musste ständig die Veranstaltungen an die Regeln anpassen oder ganz ins Netz verlegen“, sagt Hakverdi. „Aber im Schlussspurt ab Sommer war von unterschiedlichen Teams nichts mehr zu spüren. Da war die ganze Partei auf den Beinen und hat diesen Erfolg eingefahren!“

SPD lobt den Einsatz des Abgeordneten und die intensive Arbeit für seinen Wahlkreis

Die SPD Harburg freut sich mit ihrem Abgeordneten. „Wir gratulieren Metin Hakverdi zu diesem großartigen Ergebnis und freuen uns, dass Harburg und Bergedorf für vier weitere Jahre durch eine starke sozialdemokratische Stimme in Berlin vertreten wird“, sagt die Harburger SPD-Kreisvorsitzende Ronja Schmager.

Ihr Stellvertreter, der Bürgerschaftsabgeordnete Sören Schumacher, lobt wie auch Hakverdi den Einsatz der SPD-Basis im Wahlkampf, den er auch für das gute Gesamtergebnis im Bund verantwortlich macht: „Die SPD hat eine starke Verbindung zu den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort“, sagt er. „Viele Kernforderungen aus unserem Wahlprogramm werden den Bürgern zugutekommen: die Erhöhung des Mindestlohns, bezahlbarer Wohnraum, Bürgerversicherung und Kindergrundsicherung. Über Monate haben wir alle uns für die SPD und unser ambitioniertes Wahlprogramm eingesetzt und um jede einzelne Stimme gekämpft. Das wird jetzt belohnt.“

Die CDU macht vor allem den Bundestrend für das Abschneiden verantwortlich

Bei der CDU hingegen ist Wunden lecken angesagt: „Zum einen ist unser Ergebnis dem negativen Bundestrend der Union gefolgt, dessen Ursachen vielfältig sind“, sagt Uwe Schneider, unterlegener Wahlkreiskandidat und Kreisvorsitzender der CDU in Harburg. „Zum anderen liegt es auch ganz klar daran, dass ich als Kandidat zu Beginn des Wahlkampfes höchstens in Harburg bekannt war und mich in Wilhelmsburg und Bergedorf erst noch profilieren musste. Diesen Nachteil werde ich beim nächsten Mal nicht mehr so stark haben.“

Schneider war auch der einzige Kandidat der drei großen Parteien, der seinen Wahlkampf nicht als Profipolitiker, sondern quasi nach Feierabend bestritt. Er erzielte 16,9 Prozent der Erststimmen, 11,2 Prozentpunkte weniger als die CDU-Kandidatin von 2017, Herlind Gundelach, aber bei diesen Personenstimmen immerhin noch 0,7 Prozentpunkte mehr, als die Partei bei den Zweitstimmen holte. Dass die CDU mit 16.2 Prozent bei diesen so genannten „Kanzlerstimmen“ noch stärker schwächelt, bestärkt Schneiders Eindruck, dass der Bundestrend verantwortlich ist.

Manuel Sarrazin kommt über die Landesliste nicht mehr in den Bundestag

Manuel Sarrazin (Grüne) erreichte immerhin noch 15,5 Prozent der Erststimmen und verdoppelte damit sein Ergebnis von 2017. Seine Listenplatzierung reichte für Sarrazin allerdings diesmal nicht aus, um über die Landesliste der Grünen in den Bundestag mandatiert zu werden, denn die Hamburger Grünen entsenden nur drei Abgeordnete über die Liste. Aufgrund der parteiinternen Personalarithmetik startete Sarrazin allerdings auf Listenplatz vier.

Der Historiker hat sich in den vergangenen drei Legislaturperioden nicht nur in seiner eigenen Fraktion einen guten Ruf als Osteuropa-Experte erarbeitet. Auf diese Expertise werden die Grünen im Bundestag vorerst verzichten müssen. „Es macht mich zwar etwas traurig, diese Arbeit nicht fortführen zu können, vor allem, weil in den letzten Monaten bei allen Parteifreunden im Wahlkreis eine euphorische Harmonie vorherrschte, aber damit muss man in einer Demokratie nun mal rechnen. Es gibt auch noch andere Dinge im Leben.“

Im Vergleich zur jüngsten Bürgerschaftswahl haben die Grünen deutlich verloren

Womit er unter anderem seine beiden Kinder meint, die er als getrennter Vater anteilig allein erzieht. Die haben jetzt erst einmal mehr von ihm. Demnächst fährt Sarrazin nach Berlin und löst Büro und Abgeordnetenwohnung auf. Seinen Mitarbeitern zu kündigen, bleibt ihm erspart: Die Bürokräfte und Referenten aller Abgeordneten werden zum Ende einer Legislaturperiode erst einmal arbeitslos.

Zwar konnten die Grünen ihr Ergebnis gegenüber der letzten Bundestagswahl deutlich verbessern, gegenüber ihrem sehr guten Stimmanteil bei den jüngsten Bürgerschafts- und Bezirkswahlen, verlieren sie jedoch deutlich.