Hamburg. Die Führungen auf der 1910 gebauten Viermastbark waren schnell ausgebucht. Das Abendblatt war für Sie an Bord.
Auch ein Jahr nach ihrer von Tausenden Schaulustigen begleiteten Rückkehr hat die Viermastbark „Peking“ nichts von ihrer Anziehungskraft verloren. Entsprechend schnell waren die Führungen ausgebucht, die die Stiftung Historische Museen Hamburg (SHMH) bis Ende Oktober anbietet. Und so blicken die „Peking“-Gucker, die sich auch heute vor dem Hafenmuseum eingefunden haben, sehnsüchtig denen nach, die ein Ticket ergattern konnten und jetzt über die Gangway an Bord des legendären Frachtseglers gehen.
Vornweg marschiert Mathias Kahl, Vorsitzender des Vereins „Freunde der Viermastbark Peking e.V.“. Für ihn sei es eine große Freude, diese allererste Führung leiten zu dürfen, sagt er. Dem 1910 bei Blohm + Voss gebauten Schiff, das bis in die 30er-Jahre zwischen Hamburg und Chile unterwegs war, ist er auf ganz besondere Weise verbunden: Sein Vater fuhr von 1928 bis 1930 darauf mit.
„Ein Foto der ,Peking’ hing schon in meinem Kinderzimmer“, so Kahl, der sich seit 2002 mit für die Rückholung des Schiffes eingesetzt hat und sich nun mit vielen weiteren Ehrenamtlichen um Wartung und Pflege der 115 Meter langen „Peking“ kümmert. Bei den Führungen werden sie vom Verein „Freunde der Hafenkultur“ unterstützt. Alle Guides wurden zuvor von den technischen Leitern der „Peking“, Konstantin Jakobi und Laura Lühnenschloss, geschult.
„Peking“-Führungen nur dank Ehrenamtlicher möglich
„Wir sind sehr froh über diesen großen ehrenamtlichen Einsatz, ohne den wir die Besichtigungen nicht anbieten könnten“, sagt SHMH-Vorstand Hans-Jörg Czech, der heute ebenfalls mit an Bord ist. Wegen der weiterhin laufenden Arbeiten an der technischen Versorgung und der Landanbindung können die Führungen bis auf weiteres nur eingeschränkt stattfinden: Bis Ende Oktober sind je drei Führungen mittwochs und donnerstags und sechs sonnabends geplant. Czech hofft, diese Frequenz in der kommenden Saison erhöhen zu können. Bis dahin ist unter www.shmh.de eine Online-Besichtigung möglich.
Mittlerweile steht Kahl mit den Besuchern vor dem Hauptsteuerstand mit dem beiden Steuerrädern. „Bei schwerem Wetter waren zwei Mann pro Steuerrad nötig“, erklärt er. Schlugen Wellen über Bord, konnten die Seeleute die schmale Laufbrücke nutzen, die die drei Hochdecks miteinander verbindet. Im Inneren wird uns Mathias Kahl später die Sülle zeigen, schienenbeinhohe Metallschwellen, die verhindern sollten, dass Wellen, die das Schiff auch mal vom Bug nach achtern durchspülten, Einrichtungsgegenstände oder Schuhe mitrissen. „Die Reederei F. Laeisz hat schon beim Bau des Schiffes darauf geachtet, ihre Mannschaft bestmöglich zu schützen“, so Kahl. Dennoch wäre sein Vater manchmal drei Wochen in nassen Klamotten rumgelaufen, wenn diese bei schwerer See nicht trocknen wollten.
Mannschaftsräume wurden nicht geheizt
Auf dem Weg über das Deck erklärt er die Funktion von Gangspill, Brass- und Fallwinden zum Bedienen der Rahen und zeigt auf die Schweinehocke, in der das Frischfleisch transportiert wurde. Vor der Ankerwinde deutet er auf die mächtige Kette: 550 Meter ist sie lang, jedes etwa 30 Zentimeter lange Kettenglied wiegt gut fünf Kilo, der Buganker selbst noch einmal drei Tonnen. Um das großes stählerne Schiff auch bei schwerem Wellengang zu halten, musste einiges an Gewicht aufgeboten werden. Versteckt hinter der Ankerwinde liegt der Kohlenbunker. „Die Kohle wurde für den Kapitänssalon und die Kombüse genutzt“, weiß Kahl, der viel zur „Peking“ recherchiert hat. „Das Heizen der Mannschaftsräume war nicht drin.“
Dann geht es runter in den Laderaum. Wie die Holzaufbauten an Deck sind auch die Treppenstufen aus rötlich schimmerndem Kambala. Eingelassene Messingprofile erhöhen dessen edle Erscheinung. Auf dem Zwischendeck erklärt Kahl, wie die Ladung verstaut wurde, die nur auf dem Rückweg aus Chile aus Salpeter bestand. „Auf der Hinfahrt wurden Kohle, Kartoffeln, Industrieprodukte oder auch mal Steinway-Flügel transportiert.“ Die Schweißlatten sollten verhindern, dass der Salpeter sich an den Wänden festsetzte, so Kahl weiter, und zeigt auf die Lattenkonstruktion an den Innenwänden des mächtigen Schiffsbauchs. Dennoch habe man feuchtgewordene Ladung manchmal nur mit Pressluft wieder losbekommen.
Klüver-Netz wird neu geknüpft
Vorbei an Rollen mit Tauwerk, aus dem das Klüver-Netz geknüpft werden soll, das zur Sicherheit der Seeleute am Bugspriet befestigt war, geht es wieder aufs Hauptdeck empor. Im Brückenhaus zeigt Kahl zum Abschluss, wo sich Kapitänssalon und Offizierskabinen befanden. Die Rekonstruktion der historischen Innenräume ist eine weitere Herausforderung für die SHMH und alle „Peking“-Freunde. Aber auch diese werden sie sicher mit Bravour meistern.