Hamburg. Am Großen Burstah nahe des Rathauses entsteht ein 300-Millionen-Projekt mit Büros, Wohnungen und Gastronomie. Noch fehlen aber Mieter.

Wer schwindelfrei ist und über das Gerüst bis auf den aktuell höchsten Punkt der Baustelle am Großen Burstah klettert, der hat gleich mehrere bedeutende Bauwerke im Blick: Dazu gehören das Mahnmal St. Nikolai, das Rathaus, die Elbphilharmonie und der Michel. Auf der Deckenschalung im siebten Stock - die durch Stützen in der sechsten Etage gesichert wird - steht Adam Filipiak. Der 39-Jährige ist der Geschäftsführer der Bilton Real Estate GmbH, die das Quartier in der Innenstadt realisiert. „Wir schaffen hier ein neues Viertel im Herzen von Hamburg und wollen dazu beitragen, dass dieser Teil der City noch attraktiver und belebter wird“, sagt er.

Ende November ist Richtfest für das gesamte Burstah-Ensemble

Gerade schwebt die sogenannte Betonbombe, die von einem der vier Kräne auf dem Areal auf die sechste Etage gehievt wird, ein. Die Arbeiter öffnen eine Lucke des kleinen roten Containers und rund ein Kubikmeter Beton ergießt sich über die bereits verlegten Bewehrungseisen. Per Hacke wird der Beton zunächst einmal auf der Fläche verteilt, um später planiert zu werden. Der Rohbau – das Gebäude mit dem Namen Trident wurde von den Londoner Architekten Caruso St. John entworfen – mit seinen insgesamt zehn Geschossen soll bis Ende November stehen. Dann ist auch das Richtfest für das gesamte Burstah-Ensemble geplant.

Der rote Betonbomber wird per Krahn auf die sechste Etage befördert.
Der rote Betonbomber wird per Krahn auf die sechste Etage befördert. © THORSTEN AHLF / FUNKE FOTO SERVICES | Thorsten Ahlf

Das Projekt ist das wohl bedeutendste Bauvorhaben in der Hamburger Innenstadt. Einst stand auf diesem Grundstück der Betonklotz der Allianz Versicherung. Das Gebäude stand jahrelang leer, nachdem der Konzern ausgezogen war. Das Filetgrundstück ging durch mehrere Hände. Jetzt ist die Bilton Real Estate – die einem Familienzweig der Hamburger Kaffeedynastie Tchibo gehört – für die Projektentwicklung verantwortlich. Das Investment dürfte bei rund 300 Millionen Euro liegen. „Wir bauen das Burstah Quartier für unseren Bestand. Deshalb liegt uns dieses Projekt auch besonders am Herzen, und wir haben einen hohen Anspruch an die Architektur und die Qualität der Gebäude“, sagt Filipiak. Die Fertigstellung der Gebäude ist für Anfang 2023 geplant. „Wir liegen aktuell sogar vor dem Terminplan. Aber es ist auch gut, einen Puffer für den Innenausbau zu haben.“

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Vier neue Gebäude werden aktuell gebaut

Aktuell sind rund 200 Bauarbeiter und Planer auf der Baustelle im Einsatz, für die der Generalunternehmer Hochtief verantwortlich ist. 44.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche entstehen hier oberirdisch – allein mehr als 34.000 Quadratmeter sind für Büros reserviert, 3000 Quadratmeter für Gastronomie und Einzelhandel, zudem sind 63 frei finanzierte Mietwohnungen geplant. Vier neue Gebäude werden aktuell gebaut, und in der Mitte des Quartiers wird die Bohnenstraße – die hier vor dem Bau des Allianz-Hauses verlief – wieder für die Öffentlichkeit zugänglich. Auch entlang der Fleetterrassen wird es eine neue Wegeverbindung zur Bohnenstraße geben.

Treppenelemente und Stützen stehen auf der Baustelle.
Treppenelemente und Stützen stehen auf der Baustelle. © THORSTEN AHLF / FUNKE FOTO SERVICES | Thorsten Ahlf

Auf den vier Flächen im Erdgeschoss der miteinander verbundenen Gebäude Kastell und Kurant soll Gastronomie einziehen - die Räume haben hier eine Deckenhöhe von mehr als vier Metern. „Die Bohnenstraße soll zur Flaniermeile werden und die Außenflächen auch als Terrassen genutzt werden, hierzu haben wir den Verlauf der Bohnenstraße angepasst“, sagt Filipiak. Auf der gegenüberliegenden Seite im Trident-Gebäude entstehen im Erdgeschoss zwei weitere Flächen für Gastronomie. Die größte hat bis zu 770 Quadratmeter Fläche und dort soll auch eine Terrasse mit Blick auf das Nikolai-Fleet entstehen. Wichtig ist dem Bauherrn ein belebtes Sockelgeschoss: „Wir setzen im Burstah Quartier auf individuelle und hochwertige Gastronomiekonzepte, die diesem besonderen Standort gerecht werden.“

Preise bei um die 30 Euro pro Quadratmeter kalt

Erste Gespräche mit potenziellen Mietern führen Filipiak und sein Team bereits. Das gilt auch für die Büroflächen, allerdings wurde nach Abendblatt-Informationen bislang noch kein Mietvertrag unterzeichnet. Die Preise dürften dem Vernehmen nach bei um die 30 Euro pro Quadratmeter kalt liegen. „Wir hatten bereits Gespräche mit Ankermietern für die Bürogebäude geführt. Doch es ist zu keinem Abschluss gekommen, bedingt durch die Pandemie sind große Konzerne zur Zeit eher zurückhaltend, wenn es darum geht, neue Flächen anzumieten.“ Das liege auch an neuen Fragestellungen zu Hygienekonzepten und Homeoffice.

Aber Filipiak zeigt sich flexibel. „Sollten wir keine passenden Ankermieter finden, ist auch ein kleinteilige Vermietung der Flächen problemlos möglich.“ Bei der Führung durch den Trident-Rohbau zeigt Filipiak auch die großzügige Terrasse in der dritten Etage und den Innenhof, der später begrünt werden soll. „Auch in den anderen Gebäuden wird es Terrassen geben. Uns ist es wichtig, dass die bis zu 2000 Menschen, die in den Büros arbeiten werden, eine hohe Aufenthaltsqualität haben.“

2023 sollen 63 Mietwohnungen im Carillon-Gebäude bezogen werden

Im benachbarten, 1908 erbauten Globushof – ebenfalls Teil der Projektentwicklung – sollen auch Büros einziehen. Das historische Gebäude am Fleet erhält einen Anbau. Aktuell läuft ein Wettbewerb für die Fassadengestaltung. Der Siegerentwurf soll Ende November gekürt werden und voraussichtlich 2025 die ersten Mieter einziehen. Bereits Anfang 2023 sollen die 63 Mietwohnungen im Carillon-Gebäude bezogen werden. „Die Wohnungen sind zwischen 50 Quadratmeter und 160 Quadratmeter groß und werden hochwertig ausgestattet“, sagt Filipiak. Die Kaltmiete pro Quadratmeter soll bei um die 20 Euro liegen. Auch hier sind im Erdgeschoss mehr als 1000 Quadratmeter für Gastronomie mit Außenbereich am Fuße des Mahnmals reserviert.

Wohnen ist für die Politik ein wichtiges Instrument, um die Innenstadt mehr zu beleben. Deshalb sollen in der Nachbarschaft auf dem Commerzbank-Areal am Neß auch neben Büros mehr als 100 Wohnungen entstehen. Die Abbruchgenehmigung für das Hochhaus und den Altbau liegt bereits vor. Die Fertigstellung des neuen Gebäudekomplexes ist Ende 2024/Anfang 2025 geplant.