Hamburg. Seit 20 Jahren kümmert sich ein Verein um die besondere Naturfläche. Er bietet Führungen zu Kräutern, Blüten an. Nun feiert er Jubiläum.

Die Mauern beschmiert, die Fenster mit Sperrholz verrammelt. Manch einer wird sich noch an den traurigen Anblick erinnern, den das Sierichsche Forsthaus an der Otto-Wels-Straße lange bot. 1885 war es vom Winterhuder Goldschmied Adolph Sierich errichtet worden: für den Förster, der in dem von ihm angelegten Sierichschen Gehölz, einer Art Wildpark, nach dem Rechten sehen sollte. Später wurde das Häuschen in den 1914 eröffneten Stadtparks integriert, war dann lange im Besitz einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft, verwahrloste und sollte eigentlich abgerissen werden.

Dass im Sierichschen Forsthaus heute das Herz des 150 Hektar großen Stadtparks schlägt, ist dem Denkmalschutzamt zu verdanken, das es unter Schutz stellte – und dem Stadtpark Verein, der es instand setzte und 2011, zu seinem zehnjährigen Bestehen, wiedereröffnete. In diesem Jahr begeht der Verein, der sich auf in Hamburg einzigartige Weise in die Gestaltung und pädagogische Nutzung einer Parkanlage einbringt, sein 20. Jubiläum.

Unter den 140 Mitgliedern sind noch etwa zehn, die schon bei der Vereinsgründung dabei waren, schätzt Heidi Gemar-Schneider, die mit 18 Jahre fast ebenso lang dabei ist. Die 67-Jährige betrieb früher in der Ulmenstraße eine Weinhandlung und hatte über diese nachbarschaftliche Verbindung zunächst den Stadtpark schätzen gelernt – und dann den Verein, der sich für ihn engagierte. Sie trat ein, war lange erste Vorsitzende und führt nun seit sechs Jahren die Geschäfte. Im Forsthaus, das nach der Corona-Pause erst seit kurzem wieder sonntags für Besucher geöffnet ist, zieht sie eine Bilanz der letzten zwei Jahrzehnte.

Hamburger Stadtpark: Verein feiert 20. Jubiläum

„Was der Verein mit seinen rund 140 Mitgliedern in dieser Zeit geschaffen hat, kann sich wirklich sehen lassen“, sagt sie. Eine seiner wichtigsten Aktionen sei unbestritten die Sanierung des alten Forsthauses gewesen, in das die Mitglieder „viel Arbeit, Zeit und Liebe“ gesteckt hätten – und es weiterhin tun.

„Die Stadt hat uns das Haus zur Nutzung überlassen, aber betreiben müssen wir es auf eigene Kosten“, sagt Heidi Gemar-Schneider. Rund 5000 Euro fallen pro Jahr an. Etwa die Hälfte generiert der Verein durch die Vermietung der Räume für Seminare und Workshops, der Rest stammt aus öffentlichen Mitteln, die jedes Mal aufs Neue eingeworben werden müssen, und aus den Mitgliedsbeiträgen.

Rundgänge und einzigartige Führungen

Ebenso viel Engagement steckt auch in den – jetzt wieder regelmäßig stattfindenden – Kräuter-, Blüten- oder Insektenführungen und den Rundgängen, die den Besuchern die Geschichte oder die Skulpturen des Parks erläutern (aktuelles Angebot unter Stadtparkverein.de). Denn der von 1912 bis 1935 aktive Vorgängerverein, dem unter anderem Kunsthallendirektor Alfred Lichtwart und Stadtpark-Schöpfer Fritz Schumacher angehörten, hatte mehr als 20 Skulpturen aufgestellt. Bis auf wenige Ausnahmen sind sie alle heute noch zu bewundern, darunter der Pinguin-Brunnen, die Badende oder Diana auf der Hirschkuh.

In einer Broschüre, die Interessierte im Sierichschen Forsthaus gegen eine Spende erwerben können, hat der Stadtpark Verein viele Informationen über die Skulpturen und ihre Erschaffer zusammengetragen. Er hat sich sogar dafür eingesetzt, dass die wegen wiederholter Beschädigungen 1978 abgebaute und in der Kunsthalle eingelagerte Skulptur „Frauenschicksal“ wieder zu sehen ist. „Wir haben drei Stiftungen motivieren können, eine Replik zu finanzieren, die wir vor zwei Jahren aufstellen konnten“, sagt Heidi Gemar-Schneider.

Baumlehrpfad führt zu acht verschiedenen Arten

Unter der Ägide des Vereins ist sogar ein Baumlehrpfad entstanden, der den Besuchern einen Eindruck der Artenvielfalt vermitteln soll. Seit 2008 werden in Abstimmung mit dem Bezirksamt Hamburg-Nord verschiedene Baumsorten aus immerhin acht Gattungen – Ahorn, Eiche, Erle, Kirsche, Mehlbeere, Kiefer, Tanne und Zypresse – angepflanzt. „Natürlich können wir nicht alle zeigen, denn es gibt alleine 600 Eichen- und 113 Kiefernarten“, so die Geschäftsführerin. Dennoch: Bislang wurden unter anderem je 14 verschiedene Eichen- und acht Kiefernarten gepflanzt, außerdem 14 verschiedene Kirsch- und zwölf Ahornbäume.

Auf ein Projekt ist der Verein besonders stolz – und vor allem Heidi Gemar-Schneider selbst, die es leitet. Das Vorhaben heißt „Ökologie im Stadtpark“, hat zum Ziel, seltene Tier- und Pflanzenarten im Stadtpark anzusiedeln. Es wurde bereits von der UN sowie der Deutschen Gesellschaft für Garten- und Landschaftsbau ausgezeichnet. Das Besondere: Zum Anlegen der bunten Wildblumenwiesen und des Amphibienteichs, zum Pflanzen, Buddeln, Säen und Sägen holt sich der Stadtparkverein Unterstützung von weiteren Ehrenamtlichen. „Erwachsene mit und ohne Kindern, Schulklassen, Naturschutzverbände und Jugendgruppen haben schon mit angepackt“, sagt die Projektleiterin.

Schon bald sind wieder helfende Hände gefragt: Die Buchsbaumhecken um das Sierichsche Forsthaus herum wurden von Schädlingen kahlgefressen und müssen ausgetauscht werden. Und der Garten hinterm Haus wartet ebenfalls auf eine Verschönerung.