Harte Schale, harter Kern: Marco Gasch vom Nussverarbeiter Kluth in Henstedt-Ulzburg verrät alles über die nahrhaften Früchte.

Nüsse sind gesund und machen nur dick, wenn man zu viel von ihnen isst. Das, was in den Tüten steckt, kommt aus dem Ausland, in Deutschland werden keine Nüsse angebaut. Sie sind vielseitig einsetzbar – als nahrhaftes Studentenfutter, Zutat von Gerichten, in Süßigkeiten. „Nüsse sind auch klimafreundlich, selbst bei weiten Transportwegen“, sagt Marco Gasch vom Nussverarbeiter Kluth. „Denn sie wachsen an Bäumen, die CO2 aus der Luft aufnehmen.“

Nüsse sind tatsächlich Gehirnnahrung. „Das Gehirn besteht zu 60 Prozent aus Fett, aus mehr als 100 Milliarden Nervenzellen. Die haben Zellwände, in denen Fettsäuren eingelagert werden. Dabei ist wichtig, dass sie auch mit ungesättigten Fettsäuren versorgt werden. Und die liefern Nüsse“, sagt der Leiter der Qualitätskontrolle des Henstedt-Ulzburger Unternehmens. Nüsse sind kalorienreich, deshalb sollte man sie in Maßen essen. „Sie haben einen gesundheitlichen Nutzen. Deshalb empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, täglich eine Handvoll Nüsse zu verzehren“, sagt Gasch.

Bei Allergie kann es helfen, die Haselnüsse zu rösten

Besonders sinnvoll ist es, wenn man damit andere Snacks wie Chips ersetzt: „Bei Chips nimmt man leere Kalorien zu sich. Dagegen liefern Nüsse neben den ungesättigten Fettsäuren auch Vitamine, Mineralstoffe, Ballaststoffe und Proteine“, sagt der Nussexperte beim Podcast „Schmeckt’s?“ (zu hören auf abendblatt.de/podcast) Er selbst esse jeden Tag nicht nur im Job, sondern auch privat Nüsse, meist im Müsli beim Frühstück.

Nicht jedem tun Nüsse gut. Es gibt viele Allergiker, die vor allem mit Haselnüssen, einige auch mit Walnüssen, Probleme haben. Bei einer Haselnussallergie könne es helfen, die Nüsse zu rösten: „Durch einen Röstprozess verändern sich die Eiweiße, das kann die allergische Reaktion verhindern. Es heißt allerdings, dass bei Erdnüssen ein umgekehrter Effekt besteht. Die Erdnüsse im Endverbrauchermarkt sind eigentlich alle geröstet.“ Wer sich Nüsse, etwa als Backzutat oder für frische Salate, zu Hause selbst rösten möchte, kann sie sehr schonend bei 130 Grad im Ofen zwölf bis 15 Minuten rösten (je nach Nussgröße). „Sie sollten innen nicht zu dunkel werden, eher hellbraun-beige“, sagt der gelernte Koch. Zum Zerkleinern eigne sich eine Moulinette. Die frische Ofenware habe einen Geschmacksvorteil gegenüber Fertigware, so Gasch: „Beim Rösten entstehen Aromen. Sie sind flüchtige Stoffe. Bei fertig gerösteten und gemahlenen Nüssen sind viele Aromen verflogen.“

Der Ernährungs-Podcast des Abendblatts
Der Ernährungs-Podcast des Abendblatts © Hamburger Abendblatt | Hamburger Abendblatt

In der asiatischen Küche werden klassisch Cashewkerne in Öl angeröstet. Gasch empfiehlt geröstete, klein gehackte Mandeln an Blattsalate zu geben – der Kreativität seien keine Grenzen gesetzt. Auch der Pinienkern sei ein „herausragendes Produkt“, eigne sich hervorragend für Salate und für vegane Aufstriche.

Bei den Nuss-Nougat-Cremes überwiegt dagegen meist der Zucker. Sie enthalten zusätzlich Fette (Palmöl, Rapsöl). „Manche Produkte haben 45 oder 50 Prozent Haselnuss, andere vielleicht nur 20 Prozent“, sagt Gasch. „Es gibt auch Nussmuse. Die sind sehr teuer, weil sie 100 Prozent Nuss sind. Das ist ein anderes Produkt.“

Kein kommerzieller Anbau von Nüssen in Deutschland

Nüsse wachsen auch in Deutschland – jeder hat beim Waldspaziergang schon einmal Haselnüsse auf dem Boden liegen sehen. Aber einen kommerziellen Anbau von Nüssen gibt es hierzulande nicht. Gasch: „Im Alten Land stehen vereinzelt Walnussbäume. Aber sie liefern eher kleine Kerne. Nüsse brauchen sehr viel Sonne, um den Samen zu erzeugen.“ Nüsse kommen aus der ganzen Welt nach Deutschland, viele über den Hamburger Hafen. Zum Beispiel aus dem Central Valley in den USA, wo sehr viele Walnüsse, Mandeln, Pistazien reifen.

Oder aus Chile. Die Nüsse von der Südhalbkugel haben einen anderen Erntezeitpunkt. „Dadurch haben wir zum Beispiel zwei Walnussernten“, sagt Gasch. „Wir bekommen im Dezember die Walnüsse aus den USA und im Juni aus Chile. So haben wir zweimal im Jahr eine frische Ernte. Das ist bei Walnüssen sehr wichtig, weil die schneller als andere Nüsse ranzig werden.“

Cashewkerne aus Asien, Mandeln aus Australien

Aus Australien reisen Mandeln nach Henstedt-Ulzburg, aus Asien Cashewkerne. In Vietnam gebe es sehr viele Produktionsbetriebe, die größte Ansammlung von Cashewkern-Produzenten weltweit. „Wir beziehen unsere Cashewkerne aus Indonesien von einer Fabrik, die wir sehr schätzen. Haselnüsse werden viel in Italien angebaut, etwa die Römer-Haselnüsse aus der Umgebung von Rom.“

Nüsse wachsen an Bäumen. Sie werden heruntergeschüttelt. Das erledigen kleine Fahrzeuge, die vorne einen Greifer haben. Sie umfassen den Stamm und schütteln ihn. So stark, dass der Boden vibriert. Anschließend werden die Nüsse maschinell aufgesammelt. Nur Pistazien werden aufgefangen: Vor dem Schütteln wird ein Schirm gespannt, in den sie hineinfallen. Denn Pistazien hängen oft schon geöffnet am Baum. Wenn sie zu Boden fallen würden, dann würden sie verschmutzt.

Laser-Sotieranlagen für die Nüsse

Sind die Nüsse eingesammelt, kommen sie als Rohmaterial in einen Produktionsbetrieb. Dort werden Fremdstoffe wie Staub, Steine, kleine Ästchen entfernt. Die gereinigten Nüsse werden nach Größe sortiert. „Das ist wichtig, weil die Walzen, die die Nüsse knacken, auf bestimmte Größen eingestellt werden müssen“, erläutert Gasch. „Man hat dann ein Gemisch aus Schalen und Nüssen. Die Schalen werden mit sehr viel Technik, etwa mit Laser-Sortieranlagen, herausgeholt, sodass am Ende die Nüsse übrig bleiben. Dann folgt noch eine Handsortierung, um die letzten Schalenreste zu entfernen.“ Diese Anlagen stehen in den Ursprungsländern. Sie sind groß und teuer und brauchen große Mengen, um wirtschaftlich zu arbeiten.

Außerdem werden die Nüsse getrocknet. Das beugt der Schimmelgefahr vor. Der wichtigste Qualitäts-Parameter sei der Feuchtigkeitsgehalt der Nuss, so Gasch: „Wenn Sie eine Walnuss vom Baum pflücken, sehen Sie richtig Wasser, wenn Sie mit dem Fingernagel in den Kern drücken. Bei der Mandel werden die Bäume kurz vor der Ernte nicht mehr bewässert. Wenn die Nüsse am Boden liegen, werden sie ein wenig getrocknet, und vor den Produktionsanlagen sind große Betonflächen, auf denen sie in der Sonne trocknen. Erst wenn sie schon ziemlich trocken sind, kommen sie in die Produktion. Wir überprüfen dann, dass die angelieferten Nüsse ausreichend getrocknet wurden.“

Nüsse kommen per Container im Hafen an

Die Nüsse kommen, meist in Kartons verpackt, per Container mit dem Schiff in den Hamburger Hafen. Von dort bringt ein Spediteur die Ware nach Henstedt-Ulzburg. Ein normaler Container fasst 20 Tonnen Nüsse – Kluth bekommt mehrere Container pro Tag. Ein fünfköpfiges Team arbeitet in der Qualitätssicherung. Entscheidend sei, im Vorwege genau zu schauen, wer die Lieferanten sind, die den firmeneigenen Anforderungen entsprechen. In den Wareneingangsprüfung wird zunächst sensorisch geprüft. Anschließend gehen die Proben ins Labor.

Schimmel komme bei Nüssen sehr selten vor, zu feuchte Ware werde sofort reklamiert. „Es kann schon mal in der Produktion ein schimmeliger Kern dazwischen sein – eine Mandel kann schon am Baum geschimmelt haben und bei den Sortiervorgängen durchgerutscht sein. Das kommt sehr, sehr selten vor, ist aber nicht ganz auszuschließen. Dann wären nur einzelne Kerne befallen, nicht die ganze Packung.“ Pflanzenschutzmittel sei bei Nüssen kein Thema. Denn potenzielle Rückstände haften an der Schale und werden mit ihr entfernt. Im Haushalt sollten Nüsse trocken und kühl aufbewahrt werden, ein normaler Vorratsraum reicht aus. „Den geöffneten Beutel nicht in den Kühlschrank stellen“, rät der Experte. „Dort herrscht eine höhere Luftfeuchtigkeit. Die getrockneten Nüsse saugen die Feuchtigkeit auf, und dann wächst der Schimmel. Ich schütte angebrochene Packungen in Konservengläser und stelle sie ins Regal.“

Fünf Kilo Nüsse isst jeder Deutsche im Jahr

Der Pro-Kopf-Verzehr sei von 2010 bis 2018 von jährlich 4,5 auf 5 Kilogramm Nüsse gestiegen. Es gibt keine großen Trends; die Klassiker Walnusskerne, Cashewkerne, Nusskernmischungen und Studentenfutter werden nach wie vor am meisten verkauft. Einige Nüsse bekommen bei Kluth sogar eine neue „Schale“. Gasch: „Cashewkerne werden mit einer Zuckerlösung ummantelt, mit Mango-Stückchen und Vanille. Ein ähnliches Produkt ist Mandel-Cranberry.“