Hamburg. Der selbstfahrende Heat-Bus ist europaweit einzigartig. Warum immer noch ein menschlicher Begleiter im Führerstand mitfährt.
Anders als einst die Elbphilharmonie, vor deren im Sonnenlicht schimmernden Fensterwaben der erste autonom fahrende Bus Hamburgs seine Runden dreht, ist dieses Projekt gut im Zeitplan: Seit Montag, 15 Uhr, können Interessierte den Heat-Bus an Haltestellen in der HafenCity besteigen und mitfahren. Heat steht für Hamburg Electric Autonomous Transport, also für ein batteriebetriebenes, selbstfahrendes Gefährt, das nach Angaben der Betreiber in dieser Form, im normal fließenden Verkehr, europaweit einzigartig ist.
„Es ist ein faszinierendes Gefühl“, freute sich Hamburgs erster Bürgermeister Peter Tschentscher beim Pressetermin am Montag, nachdem er bei der Premiere für prominente Gäste in dem rot-weißen Gefährt mitfahren durfte. Ein paar Hindernisse waren zu umkurven, die üblichen Zweite-Reihe-Parker, dann gab es eine abrupte Bremsung, erzählte der Bürgermeister, weil eine Radlerin vor dem Bus auf die Straße gewechselt war, aber es sei alles gut gegangen.
Autonom fahrender Bus in der HafenCity
Der SPD-Politiker eröffnete den Fahrgastbetrieb in dem autonom fahrenden Heat-Bus in der HafenCity unter großer Medienbeteiligung und lobte die straffe Organisation des Projekts: Noch weit vor dem World Congress on Intelligent Transport Systems (ITS), der vom 11. bis 15. Oktober in Hamburg stattfindet und den Heat-Bus präsentieren sollte, könnten „normale“ Passagiere nun das Erlebnis des autonomen Fahrens teilen.
Dabei saß der Bürgermeister nicht alleine in dem Vehikel, das als E-Fahrzeug fast lautlos durch die Straßen surrt. Zur Sicherheit ist noch ein Begleiter mit entsprechender Schulung zugestiegen. „Wir können eingreifen, aber normalerweise fährt der Bus selbstständig“, sagt Daniel Schauer von der Hochbahn, als er im Führerstand vor dem Joystick steht, denn ein Lenkrad oder herkömmliche Bremsen sucht man hier vergeblich. Schauer steuert sonst einen Linienbus durch Wandsbek, hier aber muss er nur als Zuschauer dabei sein. Er will schon eingreifen, als der Heat mal wieder kurz zögert, denn die Fußgänger laufen besonders langsam über die Straße, sie schauen fasziniert auf das Zukunftsmobil und machen Fotos.
Heat-Bus erkennt selbst kleine Hindernisse
Doch dann lässt er den Bus selbst entscheiden und versichert, dass alles glatt läuft. Selbst kleine Hindernisse erkenne das Auto, das mit einer Geschwindigkeit von bis zu 25 km/h auch recht schnell abbremsen kann. Außerdem werde es unterstützt von einer Infrastruktur, die in der HafenCity von Siemens installiert wurde: Mithilfe dieser Technik kann das vom Entwicklungsdienstleister IAV entwickelte Mobil sogar „um die Ecke schauen“, um früh auf andere Verkehrsteilnehmer reagieren zu können.
„Mit Heat sind wir deutschlandweit das erste Forschungsprojekt, bei dem ein autonomer Bus unter realen Verkehrsbedingungen und Einbindung einer Leitstelle mitten in einer deutschen Metropole unterwegs ist“, sagte Hochbahn-Chef Henrik Falk.
Heat-Bus könnte zu Tagesrandzeiten in Hamburg fahren
Ähnliche Projekte werden auf Sylt, in Lauenburg an der Elbe und in Magdeburg erprobt. Bei VW heißt es, bis 2030 werde die Mobilität „autonom sein, digital, smart, nachhaltig und sicher“, wie Konzern-Chef Herbert Diess jüngst sagte. Der Wolfsburger Konzern testet autonome Busse in München – weitere Vorhaben in den USA und China folgen. Auch zur Fußball-WM 2022 in Katar sollen autonome E-Busse in dem Land am Persischen Golf unterwegs sein.
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Das Ziel der Erprobung in Hamburg sei es, dass später solche Busse „auf der letzten Meile“ eingesetzt werden, sagte Tschentscher, also etwa zu Tagesrandzeiten und in weniger belebten Gebieten auf der Strecke von der S- oder U-Bahn bis nach Hause. In solchen Fällen lohne sich der Einsatz eines großen Gelenkbusses nicht. Dabei sei klar, dass die herkömmlichen Busse nicht ersetzt, sondern nur ergänzt werden sollten.
Fahrgäste müssen sich via Heat-App registrieren
Um jetzt schon in der HafenCity (mit Maske) auf dem Rundkurs mit fünf Haltestellen mitfahren zu können, müssen sich die Gäste zunächst registrieren, und zwar über die Heat-App, die für iOS- und Android-Geräte verfügbar ist und im jeweiligen Store kostenlos heruntergeladen werden kann. Es reicht das Stichwort Heat einzugeben, dann erscheint die App. Es folgt die Registrierung mit der E-Mail-Adresse. Anschließend müssen die Passagiere noch den Beförderungsbedingungen und Datenschutzhinweisen zustimmen. Am Ende erhalten die Nutzer ein dauerhaft gültiges Ticket zur jederzeitigen, kostenlosen Mitfahrt im Heat-Fahrzeug – ein Ticket ist dann nicht mehr nötig. Später, versichert die Hochbahn, soll auch ein Mitarbeiter an den Haltestellen Menschen ohne Smartphone bei der Registrierung mithilfe eines Formulars unterstützen.
Das Heat-Projekt, das nun der Allgemeinheit zur Verfügung steht, bietet zugleich einen Ausblick auf den ITS-Kongress im Oktober, auf dem die Mobilität der Zukunft gezeigt werden soll: Dazu gehören das autonome Fahren im Echtbetrieb, intelligente und vernetzte Verkehrssteuerung auf Straße und Schiene sowie digitale Dienste, die die Mobilität komfortabler machen sollen.