Hamburg. In dieser Folge ist die große Hamburger Sängerin Inga Rumpf zu Gast, die nächste Woche 75 Jahre alt wird.

Gebt mir Bescheid, wenn die Lady in der Stadt ist“, hat Rolling Stones-Gitarrist Keith Richards einmal gesagt – und Inga Rumpf gemeint. Die große Hamburger Sängerin wird am 2. August 75 Jahre, sie bringt zum Geburtstag das Doppelalbum „Universe of ­Dreams“ heraus, hat eine Biographie („Darf ich was vorsingen?“) geschrieben – und ist unserer Reihe „Entscheider treffen Haider“ zu Gast. Ein Gespräch über fast vergessene Songs mit den Stones-Gitarristen, über Hamburg, Udo Lindenberg – und die Frage, ob alle ihre Träume in Erfüllung gegangen sind.

Das sagt Inga Rumpf über…

… die Musik, die schon als Kind alles für sie war:

„Ich habe schon als Kind im Treppenhaus immer an den Türen der Nachbarn geklingelt, und gefragt, ob ich etwas vorsingen darf. Ich habe schnell gemerkt, dass mein Gesang gut ankam, und dass man damit Geld verdienen kann. Auch, wenn es damals nur Pfennige waren. Mit elf habe ich dann die Gitarre bekommen, die ich mir lange gewünscht hatte. Von dem Moment an ging mein Leben los.

Die Gitarre war wie eine Befreiung. Es war ziemlich eng bei uns, und damit meine ich nicht nur die Wohnverhältnisse, wir haben zu viert auf 32 Quadratmetern gelebt. Ich habe gestottert, aber wenn ich gesungen habe, dann war ich in meinem Element, das Stottern war weg und ich fühlte mich frei. Das war mein Universum, in dem mir keiner etwas anhaben konnte.“

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… ihre Zeit mit Udo Lindenberg:

„Wir Musiker von den City Preachers, die als erste Folk-Rock-Gruppe Deutschlands galt, haben uns immer in einem Jazzlokal, in der Nähe des Hamburger Hafens, getroffen. Eines Tages tauchte Udo auf, der damals vor allem Schlagzeuger war, wir haben zusammen Musik gemacht und gespürt, dass das ganz gut passt. Er ist dann bei den City Preachers eingestiegen, was solange gut ging, bis er sich mit unserem Organisten Jean-Jacques Kravetz verkracht hat. Darauf haben wir beschlossen, einen neuen Schlagzeuger einzuarbeiten – und so entstand gleich eine neue Band, Frumpy.“

… einen Studioauftritt mit den Gitarristen der Rolling Stones:

„Ich habe 1987 ein paar Lieder mit Keith Richards, Ron Wood und Mick Taylor, also den Gitarristen der Rolling Stones, in einem Studio in London und einem Studio in New York aufgenommen. Ich habe sie bisher nicht veröffentlicht, weil ich die gesamte Produktion nicht rund fand. Deshalb habe ich sie erst einmal liegengelassen. Jetzt, zu meinem 75. Geburtstag, ist der richtige Zeitpunkt, sie meinen Fans zu Gehör zu bringen. Die Songs, bei denen die Stones mitmischen, sind echt klasse. Ich hatte sie übrigens fast vergessen und habe sie zum Glück bei der Arbeit an meiner Biografie wiedergefunden.“

… ihre Rolle als eine der ersten Frauen in einer Rock-Band:

„Es war in den 60er- und 70er-Jahren nicht üblich, dass eine Frau mit einer E-Gitarre auf der Bühne stand. Aber oft haben es die Zuschauer gar nicht gemerkt, weil die Typen in meiner Band noch längere Haare hatten als ich und weil ich wie sie ein Batik-Unterhemd getragen habe. Und dann noch meine tiefe Stimme…“

… die Aufnahme eines Albums in Corona-Zeiten:

„Tatsächlich habe ich die Musiker von Marius Müller-Westernhagen, mit denen ich mein neues Album „Universe of ­Dreams“ aufgenommen habe, wegen Corona nicht einmal gesehen. Wir haben die Musik und den Gesang in verschiedenen Studios in Deutschland, den USA und Brasilien aufgenommen, was angesichts der Digitalisierung zum Glück kein Problem mehr ist.“

… Erfolg:

„Erfolg hat zwei Seiten. Die eine ist die Anerkennung und dass man davon gut leben kann. Die andere Seite ist, dass man, wenn man richtig bekannt ist, nicht mehr so leben kann, wie man eigentlich möchte. Ich stehe gern auf der Bühne als Frontfrau, kann aber auch gut allein zu Hause sein. Ich finde es toll, eine schöne Fangemeinde zu haben, aber ich muss wirklich nicht an jeder Ecke erkannt werden.“

… die Frage, warum sie Hamburg verlassen hat:

„Ich habe keinen Parkplatz mehr gefunden… Ich bin in St. Georg geboren und groß geworden, dann in verschiedene Hamburger Stadtteile gezogen, und zum Schluss war ich in Eppendorf. Dort habe ich nach einem Auftritt teilweise wirklich manchmal eine Stunde nach einem Parkplatz gesucht. Dass ich heute in der Wesermarsch, also auf dem Land, lebe, hat sich im Laufe der Jahre so ergeben.

Vor allem durch meinen zweiten Ehemann, der aus dem Ruhrgebiet kam, und mit dem ich ein neues Zuhause gesucht habe, das in der Mitte zwischen seiner Heimat und meinem Hamburg lag. Wir haben jeweils 200 Kilometer von unseren beiden Wohnorten entfernt ein altes Bauernhaus gefunden. 2017 habe ich für mich das Kapitel Hamburg beendet, ich fand, dass es an der Zeit war, den Jüngeren das Feld zu überlassen. Mir wurde Hamburg auch etwas zu eng, muss ich sagen.“

… Tina Turner, die bei ihrem Comeback ein Lied von ihr gesungen hat:

„Man braucht im Leben ein wenig Sein, ein bisschen Schein und ganz viel Schwein. Mein Verlag hat damals mein Lied „I wrote a letter“ den Produzenten von Tina Turner angeboten, die ihr Anfang der 80er-Jahre zu einem Comeback verhelfen wollten. Sie fand den Song gut, und sie hat ihn genauso gesungen wie ich, nur vier Töne höher. Und er wurde die B-Seite ihrer Comeback-Single „Let’s stay together“. Das war für mich eine große Ehre, weil ich Tina Turner sehr verehre, die ich leider noch nie getroffen habe.“

… die Frage, was aus ihren Träumen geworden:

„Ich habe alles das erreicht, was ich mir vorgenommen habe. Ich bin angetreten, um mit Musik Menschen und die Welt kennenzulernen und auch damit meinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Das habe ich geschafft, und bin sehr froh, dass ich mit bald 75 Jahren immer noch auftreten kann. Das ist mein persönlicher Erfolg. Wenn man die Phase von Sex, Drugs and Rock `n`Roll überstanden hat, kann man das noch sehr lange machen.“