Benefiz-Show für die Mitarbeiter fällt aus. Das Nein aus dem Senat erinnert an die Affäre um die Rolling Stones im Stadtpark.

Der „Top-Act“ stand schon fest: Jan Delay sollte die Hauptattraktion sein bei dem kostenlosen Benefizkonzert für die Mitarbeiter des Impfzentrums. Der Hamburger Hip-Hop- und Soul-Musiker („Earth, Wind & Feiern”) hatte sich angeboten, weil er die Atmosphäre so cool und die Abwicklung der Massen-Immunisierung gegen das Coronavirus so professionell empfand. Weitere Musiker offerierten, ohne Gage aufzutreten, Pläne wurden geschmiedet – alles unter Corona-getriebener Geheimhaltung. Doch am Ende kam das Veto aus dem Senat.

Die Begründung für die Absage an alle Live-Pläne klingt absurd und rechtlich einwandfrei zugleich. Die Stadt Hamburg und ihre Bediensteten dürfen sich nichts schenken lassen. Komme, wer wolle. Ein Sprecher der Sozialbehörde bestätigte dem Abendblatt nur die geltende Rechtslage. „Als öffentliche Dienststelle unterliegt die zuständige Behörde außerdem den geltenden Bestimmungen, was beispielsweise die unentgeltliche Annahme von Leistungen angeht. Diese sind beschränkt, damit keine Abhängigkeiten und Interessenkonflikte entstehen. Die Senatskanzlei wurde aber nicht mit der Durchführung von Konzerten befasst.“

Jan Delay: Erinnerungen an Skandal um Rolling Stones 2017

Das bedeutet zweierlei: Nach dem Skandal um den früheren Bezirksamtsleiter in Nord, Harald Rösler (SPD), der im Zusammenhang mit dem Konzert der Rolling Stones im September 2017 und Gratis- sowie Kauftickets angeklagt wurde, zuckt Hamburg voreilig vor jedem möglichen Verdacht einer Bestechlichkeit zurück. Der Prozess gegen Rösler ist noch immer nicht terminiert. Im März 2020 wurde Anklage erhoben.

Nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe hatte es mehrere Strafverfahren gegeben, unter anderem gegen die frühere Gesundheits-Staatsrätin Elke Badde. Und: Im Fall des Impfzentrums-Konzertes sollte offenbar der Eindruck vermieden werden, die Senatskanzlei von Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) selbst sei eingebunden.

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Es gab Compliance-Bedenken. Zweitens tauchte die Frage auf: Wie kann man pandemisch korrekt ein Konzert für 3000 Leute veranstalten? Und wie lässt sich das, drittens, vor der Event-Branche rechtfertigen, die nur unter härtesten Auflagen Zuschauer zulassen darf?

OMR-Macher Philipp Westermeyer ist einer der Mitorganisatoren des Hamburger Impfzentrums in den Messehallen.
OMR-Macher Philipp Westermeyer ist einer der Mitorganisatoren des Hamburger Impfzentrums in den Messehallen. © Michael Rauhe / Funke Foto Services | Unbekannt

Das Management von Jan Delay bestätigte dem Abendblatt dessen Angebot für ein Konzert. Inzwischen hat er in seinem Tour-Plan den zuerst angedachten 31. August als Auftrittstermin anderweitig belegt. An dem Tag schließt das Impfzentrum. Bis dahin verspricht die Sozialbehörde: „Auch in den kommenden Wochen wollen wir dabei die eine oder andere ungewöhnliche Aktion umsetzen, um auf die Möglichkeit zur Impfung aufmerksam zu machen, und prüfen dabei verschiedene Vorschläge.“

Diese Corona-Impfstoffe sind in Deutschland zugelassen

  • Biontech/Pfizer: Der erste weltweit zugelassene Impfstoff gegen das Coronavirus wurde maßgeblich in Deutschland entwickelt. Der mRNA-Impfstoff, der unter dem Namen Comirnaty vertrieben wird, entwickelt den vollen Impfschutz nach zwei Dosen und ist für Menschen ab zwölf Jahren zugelassen. Laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat er eine Wirksamkeit von etwa 90 Prozent – das heißt, die Wahrscheinlichkeit, schwer an Covid-19 zu erkranken, sinkt bei Geimpften um den genannten Wert. Ebenfalls von Biontech stammt der erste für Kinder im Alter von fünf bis elf Jahren zugelassene Impfstoff in Deutschland.
  • Astrazeneca: Der Vektorimpfstoff des britischen Pharmaunternehmens wird unter dem Namen Vaxzevria vertrieben. Aufgrund von seltenen schweren Nebenwirkungen empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko), den Impfstoff nur für Patienten zu verwenden, die älter als 60 Jahre sind. Offiziell zugelassen ist der Impfstoff aber für Menschen ab 18 Jahren. Vaxzevria weist laut BMG nach zwei Impfdosen eine Wirksamkeit von bis zu 90 Prozent in Bezug auf schwere Erkrankungen auf.
  • Moderna: Der von dem US-Unternehmen entwickelte mRNA-Impfstoff mit dem Vertriebsnamen Spikevax ist für alle ab 12 Jahren zugelassen, die Stiko empfiehlt aufgrund eines erhöhten Risikos schwerer Nebenwirkungen aber, ihn auf die Altersgruppe der über 30-Jährigen zu beschränken. Der Moderna-Impfstoff hat laut BMG eine Wirksamkeit von bis zu 90 Prozent in Bezug auf schwere Erkrankungen, wenn der volle Impfschutz nach zwei Impfdosen erreicht worden ist.
  • Johnson&Johnson: Das US-Unternehmen hat einen Vektorimpfstoff entwickelt, der bereits nach einer Impfdosis Schutz vor dem Coronavirus entwickelt. Er wird unter dem Namen Covid-19 Vaccine Janssen vertrieben. Das Präparat hat laut BMG eine Wirksamkeit von bis zu 70 Prozent bezogen auf schwere Erkrankungen – zudem ist die Zahl der Impfdurchbrüche im Vergleich zu den anderen Impfstoffen erhöht, daher empfiehlt die Stiko für mit Johnson&Johnson Geimpfte schon nach vier Wochen eine zusätzliche Impfdosis mit Comirnaty oder Spikevax, um den vollständigen Impfschutz zu gewährleisten.
  • Novavax: Das US-Unternehmen hat den Impfstoff Nuvaxovid entwickelt. der mitunter zu den sogenannten Totimpfstoffen gezählt wird. Er enthält das Spike-Protein des Covid-19-Erregers Sars-CoV-2. Dabei handelt es sich aber genau genommen nicht um abgetötete Virusbestandteile, die direkt aus dem Coronavirus gewonnen werden. Das Protein wird stattdessen künstlich hergestellt. Das menschliche Immunsystem bildet nach der Impfung Antikörper gegen das Protein. Der Impfstoff wird vermutlich ab Ende Februar in Deutschland eingesetzt und soll laut BMG in bis zu 90 Prozent der Fälle vor Erkrankung schützen.
  • Weitere Impfstoffe sind in der Entwicklung: Weltweit befinden sich diverse Vakzine in verschiedenen Phasen der Zulassung. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA prüft derzeit das umstrittene russische Präparat Sputnik V sowie die Impfstoffe der Hersteller Sinovac, Sanofi und Valneva. Der deutsche Hersteller CureVac hat seinen Impfstoff vorerst aus dem Zulassungsverfahren zurückgezogen.

Die Behörde prüft. Die Kassenärztliche Vereinigung, die das Impfzentrum unter anderem mit den Online Marketing Rockstars (OMR) von Philipp Westermeyer hochgezogen hat und betreibt, ist etwas traurig. So sagte ihr Vorstandsvorsitzender Walter Plassman: „Ich hätte diese Geste als Dankeschön für eine fantastische Arbeit schon begrüßt – vor allem, weil wir mit OMR jemandem an Bord haben, der die entsprechenden Kontakte hat und das perfekt organisieren kann. Es hätte zu dem ,Spirit‘ im Impfzentrum sehr gut gepasst.“